Pretty Little Liars- Unschuldig

klang bereits gestresst. Sie hörte, wie ihr Dad in der Küche Schränke öffnete und schloss und leise vor sich hin murmelte. Würden ihre Eltern sich hier genauso sehr lieben wie in Island? Oder würde bald wieder alles so sein wie früher?
    »Na gut«, murmelte sie, ließ ihre Taschen auf dem Treppenabsatz stehen, nahm die Autoschlüssel und setzte sich auf den Fahrersitz des Kombis.
    Ihr Bruder kletterte neben ihr ins Auto. Irgendwie hatte er es geschafft, sich sekundenschnell in seine Aus rüstung zu werfen. Er schlug begeistert gegen das Netz seines Lacrosseschlägers und schenkte ihr ein bösartiges, wissendes Lächeln.
    »Freust du dich, zurück zu sein?«
    Aria seufzte nur. Auf der gesamten Fahrt presste Mike die Hände an sein Fenster und brüllte Sachen wie: »Da ist Calebs Haus! Sie haben die Halfpipe abgerissen!« Und: »Kuhmist riecht immer noch gleich!« Bei dem riesigen, gepflegten Trainingsplatz riss Mike die Autotür auf und raste wie der Blitz davon, bevor Aria vollständig angehalten hatte.
    Sie lehnte sich im Sitz zurück, starrte durch das offene Schiebedach und seufzte noch einmal. »Willkommen zu
Hause«, murmelte sie. Ein Heißluftballon schwebte anmutig durch die Wolken. Früher hatte sie der Anblick immer gefreut, aber heute kniff sie ein Auge zusammen, fokussierte den Ballon und tat so, als zerquetsche sie ihn zwischen Daumen und Zeigefinger. Ein paar Jungs in wei ßen Nike-T-Shirts, weiten Shorts und umgedrehten wei ßen Baseballkappen liefen langsam am Auto vorbei in Richtung Sportplatz. Welche Überraschung. Die Jungs von Rosewood waren allesamt Klone. Aria blinzelte. Einer trug sogar das gleiche Nike-University-of-Pennsylvania-T-Shirt, das Noel Kahn, der Eiscreme-Typ, in den sie in der siebten Klasse verknallt gewesen war, getragen hatte. Sie starrte auf die dunklen Locken des Jungen. Moment. War er das etwa? Oh mein Gott. Er war es. Aria konnte es kaum fassen, dass er immer noch das gleiche T-Shirt anhatte wie mit dreizehn. Wahrscheinlich trug er es als Glücksbringer oder aus irgendeinem anderen verqueren Sportler-Aberglauben heraus.
    Noel musterte sie spöttisch, kam dann zum Auto und klopfte an die Scheibe. Sie ließ sie herunter.
    »Du bist das Mädel, das an den Nordpol gezogen ist. Aria, stimmt’s? Du warst Ali D.s Freundin?«, sagte Noel.
    Aria sank der Magen in die Knie. »Öh«, sagte sie.
    »Nee, Mann.« Hinter Noel erschien Jim Freed, der zweitschärfste Typ von Rosewood. »Sie war nicht am Nordpol, sondern in Finnland. Du weißt schon, da wo dieses Model Swetlana herkommt. Die aussieht wie Hanna.«
    Aria kratzte sich am Kopf. Hanna? Meinten die etwa Hanna Marin ?

    Eine Trillerpfeife schrillte und Noel langte in den Wagen und berührte Aria am Arm. »Schaust du dir das Training an, Finnland?«
    »Öm, ja«, antwortete Aria.
    »Ist das ein finnisches Liebesgrunzen?« Jim grinste.
    Aria verdrehte die Augen. Der Humor hier war immer noch auf dem gleichen Niveau. »Wünsche euch viel Spaß mit euren Bällen«, sagte sie mit einem müden Lächeln.
    Die Jungs stießen sich grinsend an und rannten dann in Richtung Feld, bereits mit ihren Schlägern wedelnd. Aria starrte aus dem Fenster. Wie ironisch. Sie hatte zum ersten Mal mit einem Jungen aus Rosewood geflirtet - es war sogar Noel - und es war ihr egal.
    Durch die Bäume sah sie den Turm, der zu der Kirche des Hollis College gehörte, der kleinen Hochschule der freien Künste, an der ihr Vater unterrichtete. An der Hauptstraße des Campus gab es eine Bar namens Snookers. Sie setzte sich auf und schaute auf die Uhr. Halb drei. Vielleicht war schon geöffnet. Sie konnte dort ein oder zwei Bier trinken und sich ihren eigenen Spaß suchen.
    Und hey, vielleicht ließen sich sogar die Boys von Rosewood schön saufen.
     
    In Reykjavík rochen Bars nach frisch gebrautem Bier, altem Holz und französischen Zigaretten. Snookers roch nach einer Mischung aus Verwesung, verbrutzelten Hotdogs und Schweiß. Und auch am Snookers hingen Erinnerungen, wie an jedem Ort in Rosewood. Eines Freitagabends hatte Alison Aria dazu aufgestachelt, in die Bar zu
gehen und einen Screaming Orgasm zu bestellen. Aria hatte sich hinter ein paar geschniegelten College-Jungs angestellt, und als der Türsteher sie abwies, laut geschrien: »Aber mein Screaming Orgasm ist doch da drin!« Dann wurde ihr klar, was sie gesagt hatte, und sie flüchtete zu ihren Freundinnen, die hinter einem Auto auf dem Parkplatz kauerten. Sie hatten gelacht, bis sie Schluckauf