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PR TB 067 Der Endlose Alptraum

PR TB 067 Der Endlose Alptraum

Titel: PR TB 067 Der Endlose Alptraum
Autoren: Perry Rhodan
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verlangte Janz.
    Der hagere Mann nahm wortlos eine Flasche aus dem Regal und füllte
ein Glas bis zum Rand mit der grünlichen Flüssigkeit. Janz
beobachtete ihn dabei und stellte im Geist eine Liste von besonderen
Merkmalen seines Gegenübers zusammen - auch das lenkte ab.
    1 - zirka 190 Zentimeter groß,
    2 - untergewichtig, kaum mehr als 140 Pfund schwer,
    3 - Totenkopf mit schwarzen, tiefliegenden Augen,
    4 - pechschwarzes Haar, lang und ungekämmt,
    5 - blasser Teint - Haut beinahe weiß,
    6 - lange Arme, knochige Hände.
    Gesamteindruck: der wandelnde Sensenmann!
    »Kennen wir uns nicht von irgendwo?« fragte Janz.
    »Ich habe Sie vorher bestimmt noch nie in meinem Leben
gesehen«, sagte Ylinas Vater.
    »Aber bedenken Sie, vielleicht habe ich Sie in meinem Leben
schon einmal gesehen«, sagte Janz und lächelte
hintergründig.
    Er hatte sein Glas geleert, und während er jetzt die Treppe
ins Obergeschoß hinaufstieg, konnte er seiner Liste von
Beobachtungen einen siebenten Punkt hinzufügen: eine Stimme so
hohl wie das Echo in einer Grabkammer.
    Janz nahm die letzte Stufe, betrat den Korridor und - erstarrte.
    »Was machen Sie da?« fragte er mit krächzender
Stimme den bulligen Mann, der eben die Tür zu seinem und Erdegas
Zimmer hinter sich schloß.
    Ruhig antwortete Johannes Gallos: »Ich wollte mich ein wenig
mit deinem Bruder unterhalten, weil ich hoffte, von ihm präzisere
Angaben
    zu erhalten. Aber leider schläft er unnatürlich tief!«
    »Gott sei Dank«, sagte Janz erleichtert, und die Farbe
kehrte langsam wieder in sein Gesicht zurück. »Sie ahnen
überhaupt nicht, welchen Schaden Sie mit Ihren Fragen
angerichtet hätten. Er braucht jetzt Ruhe, denn er hat ein
schreckliches Erlebnis hinter sich. Ich habe ihm diese Ruhe mit
Schlaftabletten verschafft, und ich verlange von Ihnen, daß Sie
ihn auch nach seinem Erwachen nicht mit Fragen belästigen. Erst
bis ich Ihnen die Erlaubnis dazu gebe.«
    »Die Situation wird immer mysteriöser«, sagte
Gallos trocken. »Sie gefällt mir immer weniger.«
    »Ich kann es nicht ändern. Ihnen bleibt immer noch der
Ausweg, sich zurückzuziehen. Sie brauchen nicht mit uns
gemeinsame Sache zu machen, wenn Sie Bedenken haben.«
    »Askadir«, murmelte der bullige Schatzsucher fast
sehnsüchtig. Er blickte Janz direkt in die Augen. »Du
irrst, mein Junge, ich habe mich bereits entschieden - trotz allem.
Ich bin euer Partner.«
    Janz verbarg seine Erleichterung nicht.
    »Dann bleiben Sie ruhig noch eine Weile mein Gast. Wir
können unsere nächsten Schritte besprechen.«

3.
    Im Grunde war Erdega von recht einfacher Natur, aber er besaß
eine überaus komplizierte Psyche. Er selbst wußte es
natürlich nicht, aber noch weniger Ahnung davon hatten seine
Mitmenschen, die ihn nur oberflächlich kannten. Einzig und
allein Janz hatte etwas mehr Einblick in sein Innenleben, und
wahrscheinlich kannte Ylina ihn auch besser.
    Aber Ylina war tot.
    Erdega konnte es nicht fassen. Er konnte es nicht verstehen, daß
ein Mensch aus Fleisch und Blut, lebensfroh und glücklich, im
nächsten Moment plötzlich nicht mehr existierte.
    Er versuchte nicht, das zu verstehen. Er wußte instinktiv,
daß er dafür kein Verständnis aufbringen würde.
Er haßte die Welt dafür, daß sie ihm das genommen
hatte, was ihn als einziges am Leben erhalten hatte.
    In dieser grauen Welt ein Scheinleben zu führen, war sinnlos
ohne Ylina. Die grauen Menschen anstarren zu müssen, sich von
ihnen anstarren zu lassen, war für ihn nicht mehr zumutbar. Er
wollte sie nicht mehr sehen, diese oberflächlichen Geschöpfe
mit den Scheinseelen. Sie hatten ihn genug gequält. Mit ihren
Blicken, die ihn betrachtet hatten wie ein exotisches Insekt. Ekel
und manchmal auch Mitleid hatten sie ihm gezeigt, aber der Ekel vor
ihm war immer stärker gewesen, so daß das Mitleid nicht
zum Durchbruch gekommen
    war. Und wenn das Mitleid einmal gesiegt hatte, dann war für
Erdega alles nur noch schlimmer geworden.
    Die schlimmste Zeit war die, die er mit Janz im Waisenhaus
verbracht hatte. Er konnte nur mit Schaudern daran denken. Es saß
noch tief in seinem Bewußtsein fest, wie die anderen Kinder ihn
gequält hatten und wie er vom Anstaltspersonal distanziert
behandelt worden war. Aber das Schicksal war so gnädig mit ihm
verfahren, daß er sich wenigstens nicht mehr an Einzelheiten
erinnern konnte. Nur der nachhaltige Gesamteindruck war tief in ihm
verwurzelt: Das Leben im Waisenhaus war ein Martyrium
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