Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
PR Odyssee 03 - Das Energie-Riff

PR Odyssee 03 - Das Energie-Riff

Titel: PR Odyssee 03 - Das Energie-Riff
Autoren: Hans Kneifel
Vom Netzwerk:
»Wieder zweihundert Todgeweihte. «
    Sie steckte die Muschelschale in den Saum ihrer zerschlissenen Hose und sah aus zweihundertfünfzig Schritten Entfernung zu, wie sich die oberen Schleusenluken des Schiffes öffneten und die verbrauchte Luft als
    weißlichen Dampf hinaus ließen.
    Aus der Bodenschleuse, eine schmale Nodroplast-Rampe mit löchrigem Belag hinunter, würden jetzt nacheinander vielleicht zweihundert Männer und einige Frauen hinausgetrieben werden. Affail; Abschaum für die anderen Nodronen. Affail, wie auch sie beschimpft worden war. Die bessere Hälfte der Nodronen. Davon war jeder Rebell überzeugt.
    D ie Energiewände an einem Ausschnitt des Riffs hatten sich verschoben und ließen nur eine schmale Öffnung zum Strand. Ein Korridor aus Energie bildete sich. Schockwaffen peitschten, die Ankömmlinge stolperten und taumelten und rannten; manche schleppten Bewusstlose oder Tote mit sich und tappten über den abgeschürften Kunststoff der Landefläche, über den glühend heißen Sandstreifen, vorbei an den Stachelwänden bis zur Hochflutkante und von dort in den Morast.
    In ihrem Rücken schob sich die brodelnde Wand des Riffs weiter, bis sich die Ausbuchtung wieder geschlossen hatte und das Schiff halb unsichtbar jenseits der unüberwindbaren Barriere stand.
    Einige Ankömmlinge fielen in den Sumpf und blieben regungslos liegen. Die anderen trotteten und liefen ratlos weiter und blieben ebenso erschrocken stehen, als sie ihre Umgebung bewusst wahrnahmen. Langsam, als fürchteten sie sich zu Tode, kamen die Überlebenden der Pembur-Station auf Tasha und die neuen Opfer zu.
    Sie drehte langsam den Kopf, blickte sich um, und während sie das Entsetzen in den Gesichtern der Neuankömmlinge sah, wischte sie den Schweiß und die salzige Nässe aus ihrem schwarzen Haar, das sie mit der geschliffenen Kante einer Muschel kurzgeschnitten hatte. Die Brandungslinie und die Ränder der Wolken bildeten unscharfe, dunstige Muster.
    Tasha hatte von allen Deportierten auf Pembur-Station, die sie kannte, am längsten überlebt. Sieben Monate lang. Fünf Frachter-Landungen.
    Sie wußte nicht, wie lange sie die Tapasand-Durst-und-Hunger-Maschine noch überleben konnte. Insgeheim und innerlich zitternd hoffte sie auf ein Wunder.
    Es würde kein Wunder geben, ebenso wenig wie ein Freudenfeuer oder ein Fortkommen von diesem Unort. Aber Tasha war fest entschlossen, von allen, die nach ungewiss langer Zeit an Entkräftung starben, oder von Raubtauchern getötet wurden, oder ertranken, am längsten zu leben und - diesen winzigen Hauch der Hoffnung hatte jeder Deportierte - als geläutert entlassen zu werden.
    Sie hatte die neuen Deportierten erreicht, musterte die schreckensstarren Gesichter, hob den Arm und sagte: »Ich bin Tasha Feori. Ihr seid in der Pembur-Station, im Lager der Insel Tapasand. Der Planet heißt auch Pembur. Ich kann euch nicht helfen; niemand kann das. Nehmt die Bewusstlosen und geht dort hinüber, wo der Gezeitensumpf zum Küstenschelf abfällt. Da ist es leidlich trocken, und ihr könnt euch hin-legen. Die anderen sagen euch, wie ihr euch verhalten müsst«. Die neuen Todeskandidaten hatten sich um sie geschart. Ihre dunkle Stimme schien sie einige Atemzüge lang zu beruhigen. Das Licht der Sonne Draynare und die kochende Hitze, die selbst noch drei Stunden vor Anbruch der Nacht herrschte, das Entsetzen über die absolute Trostlosigkeit der riesigen Strandsümpfe und der Anblick der sehnigen, hochgewachsenen Frau hatten sie in eine Starre der Furcht versetzt, die einer Katatonie glich. Keiner antwortete, keiner stellte eine Frage.
    »Im Meer ist es kühl. Trinkt das Wasser nicht, es bringt euch um. In zwei Stunden ist die Flut da«, sagte Tasha. Sie blickte in Gesichter jeden Alters; auch diese Ladung bestand nicht nur aus Angehörigen der Traumhabitate. »Die Toten müßt ihr mitnehmen. Die Raubtaucher besorgen den Rest«.
    »Was ist das ... was sind die Raubtaucher?«.
    »Ewig hungrige, schnelle Fische mit messerscharfen Mehrfachgebissen. Nur mit Explosionsgeschossen umzubringen. Noch Fragen?«. Niemand antwortete. Sie ging zur Seite und ließ die traurige Prozession an sich vorbeistolpern. Die neuen Deportierten, denen schon jetzt der Schweiß über die Körper lief, schleppten sich vom Energie-Riff zum Strand, dessen niedrige Brandung Kühlung und falsches Wohlbehagen versprach. Vier von ihnen trugen einen Bewusstlosen, der Tasha sofort auffiel: Er war ungewöhnlich hellhäutig, mit hellem braunen
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher