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PR NEO 0047 – Die Genesis-Krise

PR NEO 0047 – Die Genesis-Krise

Titel: PR NEO 0047 – Die Genesis-Krise
Autoren: Christian Montillon
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streichen. Immerhin waren auch sie beide nicht gestorben, obwohl er es für unausweichlich gehalten hatte.
    Stagge wischte sich beiläufig das Blut vom Handrücken. »Sie lenkt die Scherben, Ras. Die Splitter sind überall niedergeprasselt, aber nicht auf sie! Es war, als ob sie unter einem Schutzschirm stünde.«
    »Du hast es gesehen?«
    Statt einer Antwort stand Olf Stagge auf, der Mann, der bis vor wenigen Sekunden der erste und einzige bekannte Passiv-Teleporter gewesen war. Hatte sich seine Begabung ... verändert? Weiterentwickelt? »Wir sind ganz in der Nähe des Bordells«, erklärte er. »Wir müssen über die Mauer und etwa fünfzig oder hundert Meter weiter. Ich habe ... gespürt, wohin ich gesprungen bin, obwohl ich es immer noch nicht verstehe. Los!«
    Die beiden Männer zogen sich auf die gerade einmal mannshohe Steinumrandung des Parks und kletterten darüber. Sie sahen alles andere als vertrauenerweckend aus: zerschlitzte Kleidung, blutend und abgerissen. »Kannst du noch mal teleportieren, wenn es nötig ist?«, fragte Tschubai. Er selbst fühlte sich dazu nach wie vor nicht in der Lage.
    Stagge hob die Schultern, während er in strammem Tempo auf das Bordell zusteuerte. »Keine Ahnung.«
    »Olf, wir müssen vorsichtig sein. Falls die Behörden uns aufgreifen, wird das ...«
    »Es gibt nicht eine einzige Leiche, nur den verletzten dürren Kerl am Tresen. Und wegen Sachbeschädigung wird bestimmt niemand die Polizei rufen. Kann sein, dass das untergeht, weil ...«
    »Aber dort treibt sich eine durchgeknallte Amokläuferin herum!«, ereiferte sich der Afrikaner. »Und der Dürre schien mir nicht gerade leicht verletzt, um es harmlos zu sagen.«
    »Trotzdem ... wir sind nicht allein, vergiss das nicht. Der BIN wird uns notfalls ...«
    »Ich bin dennoch dafür, Ärger aus dem Weg zu gehen.« Tschubai winkte ab; wahrscheinlich sah Stagge es ohnehin genauso wie er. Sie mussten das Risiko und den möglichen Nutzen gegeneinander abwägen – und da fiel die Entscheidung eindeutig aus. Es lohnte sich womöglich, sie durften es nicht auf sich beruhen lassen.
    Eine Menge Menschen eilten ihren Geschäften nach, ganz zu schweigen von zahllosen Motorrädern und Tricycles, die sich durch die Straßen quetschten. Ein Bus gab ein Hupkonzert, weil geparkte Wagen die Durchfahrt versperrten. Das Leben pulsierte in diesem Teil der Stadt, was Tschubai nach dem kurzen Aufenthalt im Bordell und im entvölkerten Park fast vergessen hatte. Etliche Leute warfen ihnen verwunderte oder auch abschätzige Blicke zu, doch niemand sprach sie an. Es war wohl ihr Glück, dass sie sich nicht in einem der besseren, sauberen Stadtteile aufhielten, wo sich zwei Verletzte, die aussahen, als hätten sie gerade einen Messerkampf hinter sich, nicht so leicht in der Öffentlichkeit bewegen könnten.
    Da! Jemand huschte aus dem Tor des Innenhofs, in dem eine altersschwache Alarmsirene leierte, der niemand Beachtung schenkte. Die Frau schaute sich um und überquerte die Straße, indem sie sich zwischen den Fahrzeugen hindurchlavierte. Ailin war, genau wie von Stagge angekündigt, völlig unverletzt.
    »Da können wir uns den Besuch im Bordell sparen«, meinte Ras Tschubai trocken. »Alles, was uns interessiert, macht sich soeben davon.«
    Die beiden Mutanten verfolgten Ailin, die sie offenbar nicht bemerkt hatte.
    Es ging zuerst in eine Querstraße, in der merklich weniger Menschen unterwegs waren, danach auf einen Weg zwischen zwei Hochhäusern, der verlassen ins Leere zu laufen schien. Nur einige Autos parkten dort halb im Gebüsch und sahen aus, als wären sie seit Monaten nicht mehr bewegt worden.
    Es war fast unmöglich, der Mutantin weiterhin zu folgen, ohne entdeckt zu werden. Tschubai und Stagge hielten sich dicht an der Hauswand, von der immer wieder Erker mit Eingangstüren herausragten. So fanden sie notdürftig Deckung.
    Was wollte Ailin in dieser Gegend? Wohnte sie in einem der Hochhäuser? Das konnte sich der Teleporter kaum vorstellen. Ohnehin überraschte es ihn, dass eine Chinesin die abgegrenzten Wehrdörfer – oder Gettos, was ihre eigentliche Funktion wohl besser beschrieb – auf Java überhaupt verließ. Auf Java herrschten bürgerkriegsähnliche Zustände, was die ethnischen Minderheiten anging. Immer wieder kam es zu Terroranschlägen, die weder die Regierung noch der indonesische Geheimdienst BIN unter Kontrolle bekamen.
    Tschubai lugte um die Ecke eines Erkers, als Ailin plötzlich vor ihm stand. Sie starrte ihn aus
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