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PR Lemuria 02 - Der Schläfer der Zeiten

PR Lemuria 02 - Der Schläfer der Zeiten

Titel: PR Lemuria 02 - Der Schläfer der Zeiten
Autoren: Hans Kneifel
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zweiten Mal durch den Wäll der Schatten und Schleier steuern würde, jetzt erkannten sie erschrocken, dass sie einem Irrtum zum Opfer gefallen waren. Erinnerungen an diese Zeit waren über eine kaum vorstellbare Anzahl von Jahrhunderten weitergegeben und halb vergessen worden; von Wesen, die sich zum gegenwärtigen Zeitpunkt über mindestens einen der uralten Planeten ausgebreitet hatten.
    Die Menttia, die in wolkengroßen, runden Schwärmen in den Grenzschichten zwischen Lufthülle und Weltraum dahinglitten, richteten ihre Aufmerksamkeit auf das ferne Geschehen, das sich durch winzige Änderungen in den kosmischen Konstanten zeigte. In der ruhigen Ereignislosig-keit, die den Großteil des Lebens der Planetarier kennzeichnete und ihnen kontemplatives Verharren inmitten der tausend Wunder und Geheimnisse der Schöpfung sicherte, gerieten kosmische Energiepartikel in Bewegung und versetzten Milliarden Menttia in Erregung; es war, als begänne strahlender Sternstaub mit einem langsamen, unheilvollen Tanz.

Schock und Depression
    20. April 1327 Neuer Galaktischer Zeitrechnung
    Als Denetree zögernd den Kopf hob und dem Blick ihres Spiegelbilds begegnete, erschrak sie. Die Fläche des deaktivierten Bildschirms zeigte die flackernde Unruhe ihrer hellblauen Augen. Sie waren unnatürlich weit geöffnet; seit rund siebzig Stunden sah sie im Bannkreis der PALENQUE unentwegt überraschende, seltsame und befremdliche Dinge. Geräusche und einzelne Vorgänge erschreckten sie und versetzten ihr kurze Schocks. Und wenn sie die Augen schloss, sah sie wieder das Sterben der verzweifelten Sternensucher, ihrer Freunde, im Vakuum des Raums um das Schiff so deutlich, als würden die Vorgänge in stechender Klarheit auf die Innenfläche der Lider projiziert.
    Sternensucher. was für ein hoffnungsvoller Name! Venron hatte ihn eines Tages vorgeschlagen, nach einem seiner heimlichen Vorstöße in die verbotenen Zonen der NETHACK ACHTON. Er stammte nicht von ihrem Bruder, das hatte er ihr gesagt, aber nicht, woher er den Begriff hatte.
    All ihre Träume lagen verschmort und in blutigen Scherben da. Die Sekunde, in der sie zum ersten Mal das wunderbare Universum außerhalb der Schiffshülle zu sehen geglaubt hatte, dehnte sich in jedem Nacherleben zur schmerzlichen Katastrophe. Noch hatte sie nicht begriffen, dass sie an Bord der PALENQUE einen Kulturschock erlitt, der sie zwang, viele Jahrhunderte einer ihr unbekannten Entwicklung zu überspringen. Sie vergaß, dass sie nicht allein war, und flüsterte: »Alle sind tot. Meine Gefährten. Mika und die anderen. Venron, mein Bruder, der mutigste Metach, haben sie gesagt, hat eigenhändig sein Leben weggeworfen.«
    Kaum hörbar krochen die Worte über ihre Lippen, wie Tausendfüßler in den Feldern und hydroponischen Gärten der Sternenarche NETHACK ACHTON. Als wäre es gestern gewesen, erlebte sie die letzten Tage in der NETHACK ACHTON wieder, den Fluchtversuch Venrons, die Jagd auf ihre Kameraden und das Eindringen der fremden Raumfahrer, die zu ihrer Rettung geworden waren und vielleicht auch zu ihren Freunden werden würden. Solina Tormas, die akonische Historikerin, hatte Denetree gerettet. Als die akonische Flotte sich der NETHACK ACHTON bemächtigte, hatte Solina sie mit einer List auf die PALENQUE gebracht. Die Leichen ihrer toten Freunde, der Sternensucher, waren im Vakuum treibend zurückgeblieben.
    Denetree, dachte sie. Sie nahm nicht bewusst wahr, dass sie sich um Fassung bemühte. Danaue war nur ein Zwischenspiel, eine falsche Identität, in deren Schutz ich überleben konnte, eine Frau ohne Perspektive. Und nun... Solina nannte mich eine Terranerin, um mich zu retten...
    Aber sie war Lemurerin, mit all ihren Erinnerungen und mit ungetrübtem Bewusstsein. Sie öffnete die Augen und sah im Spiegel der Glasfläche, dass Tränen über ihre pseudoterranisch hellbraune Haut liefen. Sie vergaß Hardert, die schweigend neben ihr saß, und starrte ins Leere, wischte die nassen Spuren der Erinnerung mit dem Ärmel ab und zwang sich, an anderes zu denken. An das Vermächtnis ihres Bruders, den schwarzen Datenchip, der vor ihren Fingerspitzen im Abspielgerät eingespannt war, an die Informationen, die sie bisher aus dem Chip hatte auslesen können, an die Aufregung.
    Ihr Schiff, die NETHACK ACHTON war nicht die einzige Sternen-arche. Es gab ein weiteres, mindestens ein weiteres, die LEMCHA OVIR. Der Chip hatte bislang nur dieses eine Geheimnis preisgegeben - dieses und den Kursvektor der
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