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PR Lemuria 01 - Die Sternenarche

PR Lemuria 01 - Die Sternenarche

Titel: PR Lemuria 01 - Die Sternenarche
Autoren: Frank Borsch
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dem Hangar. Der Andruck der Beschleunigung drückte Venron tief in den Sitz. Ihm wurde schwarz vor Augen -eine gnädige Schwärze, verhinderte sie doch, dass er Zeuge wurde, wie die Tenoy von dem Sog der entweichenden Luft in das Vakuum gerissen wurden und erstickten. Venron schmeckte Blut, spürte, wie etwas Weiches und Festes zugleich an seinen Zähnen rieb; seine Zungenspitze, die sein unter dem Andruck zusammenklappender Kiefer abgebissen hatte.
    Doch Venron spürte keinen Schmerz. Als er sich an die Beschleunigung gewöhnte und seine Durchblutung sich normalisierte, kehrte sein Augenlicht zurück.
    Er sah die Sterne.
    Heller waren sie als auf den Filmen. Glänzender. Und bunter. In einer Richtung leuchteten sie rot, in einer anderen weiß wie auf den Aufnahmen und in einer dritten violett. Sie waren zum Greifen nahe. Sie gehörten ihm. Er musste nur die Hand nach ihnen ausstrecken und.
    Ein Schlag ging durch die Fähre. Der Pilotensessel bäumte sich auf, und Venron wäre gegen die Kuppel geschleudert worden, hätten sich beim Start nicht automatisch Gurte um ihn gelegt. Er hörte das Reißen von überbeanspruchtem Stahl, dann erlosch das Display vor ihm, ebenso die Lichter, die auf der Spitze des Joysticks geleuchtet hatten.
    Die Sterne begannen sich zu drehen. Schneller und immer schneller.
    Venron schrie, aber die Sterne hörten ihn nicht.
    »Kriecher VI an Mama. Leiten Landeanflug an. Ihr hört von uns, sobald wir gelandet sind.«
    »In Ordnung. Viel Glück und fette Funde!«
    Alemaheyu Kossa, Funker des Prospektorenraumers PALENQUE, schaltete den Stream des Kriechers in den Hintergrund. Die Syntrons beider Schiffe würden ohne sein Zutun einen beständigen Strom von Daten austauschen: Position, Aggregat-Status, Messwerte - eine Nabelschnur, nicht mit Händen greifbar und dennoch real.
    Kossas Aufgabe bestand darin, dafür zu sorgen, dass der Stream niemals abbrach. Ohne ihn waren die Kriecher der PALENQUE hilflos, im übertragenen Sinne blind und taub. Die zwölf Kriecher des Prospektorenraumers stellten keine herkömmlichen Beiboote dar, sondern waren eigentlich Kompaktlaboratorien, an die man ein Impulstriebwerk, einen rudimentären Überlichtantrieb und eine Druckkammer geflanscht hatte, Letztere gerade groß genug für eine dreiköpfige Besatzung. Und diese, hatte die Erfahrung die Männer und Frauen der PALENQUE gelehrt, sollte besser aus Personen bestehen, die es einige Wochen auf engstem Raum miteinander aushielten, ohne sich gegenseitig an die Kehle zu gehen.
    Nach der ersten gemeinsamen Woche herrschten zwischen der Besatzung eines Kriechers blanker Haß oder unverbrüchliche Kameradschaft. Viele der Teams arbeiteten bereits seit Jahren zusammen und waren dazu übergegangen, auch an Bord der PALENQUE in Dreierkabinen zu wohnen, die nur wenig großzügiger waren als ihre Stahlkäfige von Kriechern. Und für alle Teams gab es, wenn sie sich in die unendliche Leere des Alls wagten, nur einen einzigen Bezugspunkt, der sie mit der Welt verband: Mama Kossa.
    »Kriecher IV an Mama«, ertönte eine hohe, zwitschernde Stimme. Sie gehörte dem Blues Yülhan-Nyulzen-Y'sch-Takan-Nyül. Ihm oder seinem Bruder Trülhan. Alemaheyu konnte sie immer noch nicht auseinander halten. Die Brüder waren Blues, »Tellerköpfe«, wie man sie auf manchen terranischen Welten noch immer schimpfte, und neben dem Gurrad Grresko die einzigen Nichtmenschen, die der Besatzung der PALENQUE angehörten. »Gehen in 20 Sekunden in den Planetenschatten. Austritt aus dem Schatten in voraussichtlich 13 Minuten und 34 Sekunden. Mach dir keine Sorgen, wenn du so lange nichts von uns hörst, Mama!«
    »Um euch doch nicht. Ihr seid groß genug, um eine Viertelstunde ohne Mama zu spielen. Viel Spaß, aber stellt mir keinen Mist an!«
    Anfangs hatte Alemaheyu sich gegen den Spitznamen gewehrt. Prospektoren waren ein rauer Menschenschlag, und obwohl die Mannschaften schon längst aus einer gleichmäßigen Mischung aus Frauen und Männern bestanden - und zuweilen Wesen, deren Geschlecht nicht eindeutig bestimmt werden konnte -, war die Anspielung auf vorgeblich Weibisches die beliebteste Strategie der Schmähung geblieben. Und die Kriecher-Teams nannten ihn »Mama Kossa«...
    Alemaheyu hatte einige schlaflose Nächte und einen im letzten Augenblick dank seiner Wachsamkeit verhinderten Totalverlust eines Kriechers benötigt, bis ihm aufgegangen war, dass der Spitzname als aufrichtige Verbeugung vor ihm gemeint war. Für die Männer und Frauen in
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