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PR 2680 – Aufbruch der Unharmonischen

PR 2680 – Aufbruch der Unharmonischen

Titel: PR 2680 – Aufbruch der Unharmonischen
Autoren: Arndt Ellmer
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der ihn gerettet hatte. Das Fahrzeug ähnelte einer bauschigen Wolke, in deren Ausbeulungen unterschiedliche wissenschaftliche Module untergebracht waren. Baobgleiter dienten Geologen, Meteorologen und Meeresforschern als Experimentalfahrzeuge und Basisstationen bei Expeditionen.
    Draupadi beobachtete, wie sich in der Oberfläche des Gleiters eine helle Öffnung bildete. Eine einzelne Gestalt bewegte sich dort. Den Proportionen nach handelte es sich um einen Lirbal wie er selbst.
    »Ich sehe dich«, sagte er. »Ich danke dir. Du hast mir das Leben gerettet.«
    Aus dem Funkgerät drang erneut ein Knattern. Das Gerät war defekt.
    Draupadi setzte sich in Bewegung und ging dem Wissenschaftler entgegen. Der andere trug eine leichte Bordkombination von dunkelgrüner Farbe. Er trug die Identmaske eines Greifs, mit gelben Augen, einem Hakenschnabel und echten Federn. Identmasken wiesen weder Augenschlitze noch Mundöffnungen auf.
    Merveres Draupadi schluckte. Der Lirbal mit der Vogelmaske gehörte zur wissenschaftlichen Elite seines Volkes. Er war kein Angehöriger der Forschungsstationen von Corvonac.
    Auf halbem Weg zum Gleiter trafen sie sich im kniehohen Gras. Draupadi hob die Hand zum Gruß und nannte seinen Namen und seinen Rang.
    »Du hast mich gerettet. Ich danke dir.«
    »Ich bin ein Jäger«, lautete die Antwort. Sie drang zwitschernd aus der Schnabelöffnung. »Deshalb bin ich hier.«
    So gut es ging, unterdrückte Merveres Draupadi den Schrecken, der ihm in die Glieder fuhr.
    »Du jagst seltene Tierarten? Welche gibt es auf Corvonac, die sich zu jagen lohnen?«
    Der Gesichtsflaum der Identmaske richtete sich steil auf. »Ich jage Jyrescao«, sagte der Lirbal.
    »Ich glaube, auf unserem Planeten gibt es keine Nicht-Harmonischen«, antwortete Draupadi.
    »Dann wäre ich nicht hier.«
    Der Jäger wandte sich um und ging zu seinem Fahrzeug hinüber. Draupadi folgte ihm.
    »Nimm mich mit! Kannst du mich bei unserem Stützpunkt absetzen?«
    Am Hinterkopf des Lirbal bildete sich eine Projektion der Gesichtsmaske. Die gelben Augen verengten sich zu schmalen Schlitzen.
    »Dann bist du mir etwas schuldig.«
    »Einverstanden!«
    Draupadi folgte ihm in den Baob. Augenblicke später flogen sie nach Westen, wo hinter dem roten Ozean die Luftwaffenbasis lag. Der Jäger setzte ihn hinter einer Hügelkette in der Nähe des Stützpunkts ab, ziemlich unwirsch, wie Draupadi fand. Noch während er ausstieg, schwenkte der Gleiter zur Seite. Draupadi fiel nach vorn und fing sich mit den Armen ab. Erdreich spritzte ihm ins Gesicht. Er spürte einen Schlag im Rücken wie von einem großkalibrigen Geschoss. Es traf ihn an der Wirbelsäule. Stechender Schmerz raste durch seinen Körper bis in den Kopf und die Haarwurzeln.
    Merveres Draupadi erwachte schreiend aus dem Alb.
     
    *
     
    »Nein, es ist alles in Ordnung, mir geht es gut«, hörte Draupadi sich sagen. »Danke der Nachfrage.«
    »Der Medomat wird gleich bei dir sein«, antwortete der Zimmerservo mit monotoner Stimme. »Bleib ruhig liegen.«
    Draupadi holte tief Luft. Er stemmte sich mit den Ellenbogen hoch. »Ich hatte einen Albtraum. Das ist alles.«
    »Diesen einen ganz bestimmten von früher?«, klang es von der Tür her.
    »Ja!«
    »Nach so langer Zeit? Hast du eine Erklärung, was es zu bedeuten hat?« Der Medomat rollte heran, ein schlanker, hoher Kasten aus dunklem Metall.
    »Nein!«
    Der Roboter nahm neben dem Bett Aufstellung und fuhr mehrere Sensoren sowie eine Injektionsnadel aus. »Ich verabreiche dir ein Mittel, das die Durchblutung fördert und den Kreislauf stabilisiert. Bist du in der Lage, deinen Traum wiederzugeben?«
    »Ich ... versuche es.«
    Lil für Lil erzählte er seinen Alb. Der Medomat verglich es mit den früheren Berichten. Die Abläufe und Details stimmten exakt überein.
    »Ich hatte schon gehofft, diesen Traum für alle Zeiten los zu sein«, sagte Draupadi anschließend. »Es ist nicht angenehm, immer wieder Todesangst auszustehen.«
    Der Albtraum hatte ihn lange Zeit verfolgt. Draupadi hatte sich noch in der Ausbildung befunden, als es passiert war. Das Vogelgesicht hatte ihn gerettet, kurz bevor er auf den Boden schlug. Draupadi hatte die Identmaske seitdem nie wiedergesehen.
    Völlig unerwartet war der Alb nun zurückgekehrt.
    »Woran könnte es liegen?«, fragte der Medomat. »Hast du irgendeine Vermutung?«
    »Nein, keine!« Merveres Draupadi setzte sich auf die Bettkante. »Wenn du so fragst, meinst du dann etwa die Ankunft TANEDRARS?
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