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PR 2669 – Wettstreit der Konstrukteure

PR 2669 – Wettstreit der Konstrukteure

Titel: PR 2669 – Wettstreit der Konstrukteure
Autoren: Marc A. Herren
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spannen, aber wenn der Pfeil erst einmal in der Luft ist, verlieren sie die Kontrolle über ihn. Anstatt dass sie stolz darauf sind, den Bogen zu halten, ärgern sie sich darüber, dass der Pfeil fliegt und sie stehen bleiben.«
    Das Gesicht des Industriemagnaten zuckte unkontrolliert. Dann sog Martun Port'aldonar tief Luft in die Lungen, spuckte auf den Boden, drehte sich um und stürmte aus dem Zimmer.
    Cholaquin zählte ruhig auf zwölf. Als er sicher war, dass sein Vater nicht mehr zurückkehren würde, ergab er sich seinen Schmerzen. Wimmernd klappte er zusammen und wartete darauf, dass M 10 seine Nervenbahnen dimmte, damit die Wellen der Pein verebbten.
    Während er wartete, kehrten die Worte zu ihm zurück. Stöhnend richtete er sich auf, ergriff ein Blatt und einen Schreibstift.
    Die Verszeilen ergossen sich über ihn wie warmer Regen. Der Schmerz verschwand, als hätte es ihn nie gegeben. Er fühlte sich eins mit dem Weltenall, eins mit sich selbst.
    Cholaquin Port'aldonar schrieb drei Tage und drei Nächte lang. Veränderte seine Position nur, wenn er nach einem neuen Blatt griff, seine Blase entleerte oder am Trinkhalm des Schwebebeutels sog.
    Als er längst vergessen hatte, wo er war und wohin er ging, verließen ihn die körperlichen Kräfte. Die Dunkelheit kam und forderte ihr Recht.
    Cholaquin sträubte sich dagegen, da er wusste, dass die Gesänge des Untergangs fast vollendet waren. Er schrieb auf die ultimative Zeile zu, auf den alles in sich vereinenden Reim. Er musste die Worte verkünden, durfte nicht einschlafen.
    Aber er schlief ein. Sein Geist formte weiter Wort um Wort, Zeile um Zeile, Reim um Reim.
    Kurz bevor er den Kreis schließen konnte, verlor er den Kampf gegen die Erschöpfung.
    Was, wenn ich diese Worte nicht mehr in das Leben zurückholen kann?, fragte er sich.
    Dies waren seine letzten Gedanken.

3.
    Worte und Schreie
    4238 NRG
     
    Zwei Jahre später.
    36.288 Mowener. So viele waren gekommen, um ihn zu sehen. Seine Worte zu hören. Seine Nachricht zu verstehen.
    Cholaquin Port'aldonar schluckte mühsam. Skepsis kroch in ihm hoch, besprühte seine Gedanken mit einem ekligen, stinkenden Film.
    Er wusste genau, wer ihm die Bedenken eingeimpft hatte: Doloma Kar'then, die Frau, die als Veranstalterin hätte walten sollen. Mit ihren ständigen Nachfragen und kruden Vorstellungen – sie hatte ihn einzig aus seinem überholten »Liebe in Zeiten des Überflusses« lesen lassen wollen – hatte sie ihn schon früh gelangweilt, sogar gereizt. Hätte sie nicht über den Körper einer Göttin verfügt, wäre er höchstwahrscheinlich bereits nach der ersten Widerrede ihrerseits vom Veranstaltungsvertrag zurückgetreten.
    Irgendwann hatte sie seinem Charme und den teuren Geschenken nicht mehr widerstehen können. Noch bevor der Schweiß auf ihren nackten Körpern verdunstet war, hatte Cholaquin ihr gesagt, dass sie damit das Ende ihrer Zusammenarbeit erreicht hätten. Er würde seine große Volkslesung ohne ihre Mithilfe organisieren.
    Diese Entscheidung hatte ihm seine Selbstbestimmung zurückgegeben. Auf der anderen Seite fraß die Organisation des Anlasses fast dreimal mehr Geld auf, als Doloma ursprünglich veranschlagt hatte. Es kam zu Verzögerungen, zu Verschiebungen und zum Wechsel der Veranstaltungsorte. Erstaunlicherweise litt der Vorverkauf unter den Problemen nicht.
    Fast schien es ihm, als dass bei jeder Negativmeldung in der Reichspresse eine noch größere Menge an Tickets verkauft wurde. Insbesondere die hämisch verurteilenden Aussagen seines in Konkurs geratenen und todkranken Vaters Martun Port'aldonar wurden von den Medien begeistert zitiert. Die Medien waren es auch, die seine Volkslesung in der Hauptstadt Anathenar zum kulturellen Ereignis 4238 hochspielten. Über Hyperfunk sollten Ton- und Videoaufnahmen überall dorthin verbreitet werden, wo Mowener in der Galaxis Karn-Legrek zu Hause waren.
    Als verspätetes Zugeständnis an Doloma hatte er angekündigt, in erster Linie aus Liebe in Zeiten des Überflusses zu lesen, seinem patriotischen Werk. Aber die Zeit der Verklärung hatte er hinter sich gelassen wie das Krankenbett des Klinikplaneten Zarim.
    Seine Mission hieß Wahrheit.
    Vorsichtig spähte er durch den nur von seiner Seite aus transparenten Vorhang in das riesige Auditorium.
    36.288 Mowener.
    Eine unglaubliche Anzahl.
    Weißt du, wie viele Kriegsversehrte in deinem Publikum sitzen werden? Jeder von ihnen hat tiefe Wunden, die erst gerade verheilt sind. Willst du
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