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PR 2669 – Wettstreit der Konstrukteure

PR 2669 – Wettstreit der Konstrukteure

Titel: PR 2669 – Wettstreit der Konstrukteure
Autoren: Marc A. Herren
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unerbittlich fort, »so habe ich damals proklamiert, gilt es zu bewahren und zu stärken. Denn der Staat ist unser Acker, der uns nährt, in dem die Früchte reifen, die wir zum Leben benötigen.«
    Erneut gab er sich einer Kunstpause hin. Einige Münder bewegten sich, aber mittlerweile hatten sich die Geräuschunterdrücker optimal kalibriert. Das Murmeln schwand, verwob sich mit dem Wind zu einem feinen Säuseln.
    »Das ist – wie es mein alter Herr so gerne ausdrückte – nichts weiter als ein gewaltiger Haufen Sowundreck! Denn der Staat ist kein Acker – der Staat ist der grausame Vogt, der die Untertanen nötigt, in seine Kriege zu ziehen! Der es in Kauf nimmt, dass der Acker nicht bestellt, sondern im Feuer des Krieges verbrannt und zerstört wird!«
    Drei Herzschläge lang war es totenstill im Auditorium. Dann ging ein Aufschrei durch das Publikum, dem die Geräuschunterdrücker nur mittels Schallschirmen hätten Herr werden können.
    Die Emotionen kochten innerhalb weniger Sekunden hoch. Etliche Mowener standen auf und gestikulierten wild mit den Armen. Andere, denen die Sicht genommen wurde, richteten die Wut auf ihre Vorderleute.
    Eine ältere Frau in den vordersten Parkettreihen erhob sich aus ihrem Gleitsessel. Sie holte aus und warf einen Gegenstand Richtung Bühne.
    Zwei schwarz gekleidete Schutzleute traten sofort auf sie zu und zwangen sie zurück in ihren Sessel.
    Sholoubwa ging gelassen zum Bühnenrand und hob den Gegenstand auf. Die automatischen Sicherheitssysteme hatten ihn ganz offensichtlich als ungefährlich eingestuft, sonst wäre er längst durch Schirmfelder isoliert worden.
    Während im Auditorium die wütenden Schreie weniger wurden und die körperlich spürbaren Wutwogen verebbten, lächelte Sholoubwa.
    In seinen Händen hielt er ein Exemplar der Erstauflage von Liebe in Zeiten des Überflusses. Es besaß einen nicht zu verachtenden Sammlerwert, da es aus hochwertiger Zellulose gefertigt war.
    Sholoubwa schlug das Buch auf. Zu seiner Überraschung erkannte er seine eigene Handschrift.
    Für Mimau, las er, was für eine Nacht! Darunter prangte das stolze Sholoubwa.
    Er warf einen raschen Blick auf die ältere Frau, die ihn aus ihrem Gleitsessel erwartungsvoll ansah. Kannte er sie? Hatte er tatsächlich etwas mit ihr gehabt? Er erinnerte sich nicht.
    Weshalb auch? Er hatte mit vielen Frauen geschlafen und auch mit ein paar Männern. Hatte sich in vielen Widmungen für aufregende Nächte bedankt; selbst wenn er mit der Betreffenden nichts gehabt hatte.
    Einfach weil er es konnte.
    Sholoubwa lächelte.
    Er hob das Buch hoch, sodass es alle sahen. »Liebe in Zeiten des Überflusses!«, rief er laut.
    Die Schmähungen und vereinzelten Buhrufe erstarben wie abgeschnitten. Gingen sie davon aus, dass er sie bisher nur in die Irre geleitet hatte, um nun den Staat und das Erbe der alten Mowener zu glorifizieren?
    »Den Überfluss gab es – aber die Liebe war eine fehlgeleitete!«
    Mit aller Kraft warf er sein Werk senkrecht in die Höhe. Einen Moment lang schien es schwerelos im malvenfarbenen Himmel zu schweben. Dann wurde es von dem Strahlenschuss getroffen und auseinandergerissen.
    Aus dem Augenwinkel sah er, wie einer der Schutzleute den Strahler im Holster verschwinden ließ. Er hatte für einen solchen Fall vorgesorgt, »fehlgeleitet« war das Stichwort gewesen, das er mit dem Schutzmann abgesprochen hatte.
    Das Timing hätte besser nicht sein können.
    Während Asche und Zellulosefetzen auf ihn herabregneten, breitete er die Arme aus und sagte laut: »Die Zeit des Patriotismus ist vorbei. Im Gegensatz zum Staat werde ich euch nicht mehr in die Irre führen. Ich, Sholoubwa, werde euch heute und hier die Wahrheit zurückgeben. Denn nichts anderes ist es, was ich euch in Form meines neuesten Werkes, der Verratenen Generation, zu sagen habe. Hört ...«
    Nach einem Moment des Schocks kam ein neuer Sturm der Entrüstung auf, voller Wut und Empörung. Kaum einen Mowener hielt es auf seinem Sitzplatz. Sie sprangen auf, buhten und schrien, was ihre Lungen hergaben.
    In den Reihen der Kriegsversehrten kam es zu Handgemengen, nachdem einzelne der Veteranen sich erhoben und ihm demonstrativ applaudierten.
    »Sholoubwa, Sie müssen die Zuschauer beruhigen!«, hörte er über den Knopf im Ohr die Stimme des Regisseurs. »Wenn es Tumulte gibt, werden wir die Veranstaltung abbrechen müssen!«
    Er griff in sein Ohr, holte die Sonde heraus und zertrat sie. Ein Mowener, dessen rechter Arm und rechtes
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