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PR 2646 – Die Tage des Schattens

Titel: PR 2646 – Die Tage des Schattens
Autoren: Leo Lukas
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hingegen waren spurlos verschwunden, wie im aufgewühlten Erdboden versunken.
     
    *
     
    »Wir, die wir Augenzeugen dieses Geschehens wurden, sind fassungslos«, kommentierte Phaemonoe, wobei sie ihrer Stimme ein kunstvolles, leichtes Zittern verlieh. »Dass der brutale Angriff nicht den Sayporanern und ihren Schützlingen galt, sondern deren Ferntransporteinrichtung, steht außer Frage. Eine Fülle anderer Fragen hingegen tut sich auf.«
    Sie setzte eine Pause, anscheinend um Atem zu holen. In Wahrheit wollte sie die Neugier ihres systemweiten Publikums, das inzwischen mit Sicherheit in die Milliarden ging, noch weiter anstacheln. Momente wie dieser waren, wofür sie lebte.
    »Woher kamen diese kybernetischen Chimären? Wesen, die nie zuvor gesichtet wurden, deren Form und Aktionsweise in keiner terranischen Archivdatei erfasst ist?«
    Das hatte sie selbstverständlich nebenbei nachgeprüft. Pseudoorganische Roboter, die wie ein Verschnitt aus Löwen und Kamelen aussahen, stellten selbst in der langen Geschichte der Menschheit ein Novum dar.
    »Woher stammt ihre Technologie?«, setzte Phaemonoe fort, durchaus hingerissen von sich selbst. »Wie haben sie die Sicherheitsvorkehrungen des TLD unterlaufen? Fydor Riordan wird demnächst einiges zu erklären haben.«
    Sie hätte gelogen, wenn sie behauptet hätte, dass ihr der kleine Seitenhieb kein Vergnügen bereitete. »Dieses irrwitzige Tempo, mit dem sie unsere guten alten TARAS hinwegfegten und sich auf dem Transit-Parkett festsetzten, bevor der Paratronschirm wiedererrichtet werden konnte – sollte uns das nicht zu denken geben? Und natürlich – die Frage aller Fragen ...«
    Abermals ließ sie das Gesagte einwirken. »Wer steckt dahinter? Dieses Attentat war nicht das Werk irgendwelcher Möchtegern-Rebellen. Nein und nochmals nein. Amateure verfügen nicht über solche Möglichkeiten. Wie auch immer man dazu stehen mag – der Widerstand gegen die Machtübernahme der Sayporaner und Fagesy sowie des eben erst vorgestellten Umbrischen Rates hat eine neue Qualität gewonnen.«
    Phaemonoe bekam einen Funkanruf. Höchste Priorität. Absender unterdrückt, doch die Stimme erkannte sie sofort.
    »Langsam reicht's«, schnarrte Fydor Riordan hektisch. »Lehn dich nicht zu weit aus dem Fenster, hörst du? Zwing mich nicht, deine Leitung zu kappen. Wir haben auch so schon genug zu tun. Überleg dir, auf welcher Seite du stehst, aber bitte flott!«
    »Terrania ist erschüttert«, setzte Phaemonoe ihren Live-Kommentar fort. »Wer hat den Frevel begangen, mit dieser unentschuldbaren Gewalttat das wunderbare Ereignis der Wiedervereinigung zu beschmutzen?«
    »So recht?«, sandte sie per Textbotschaft an Riordan, während sie in ihr Mikrofonfeld sagte: »Ich wiederhole – wer steckt dahinter?«
    Inmitten der Ruine des Gnauplons bildete sich eine dunkle Stelle, wie ein blinder Fleck in der Wirklichkeit.
    Wie ein ... Schatten.
    Ohne Zögern rannte Phaemonoe Eghoo zu ihm hin.
     
    *
     
    Am Himmel blinkten Positionslichter von Gleitern. Nein, auch von Raumschiffen mindestens der Korvetten-Klasse.
    Im Widerschein wurden außerdem Rüstgeleite der Fagesy erkennbar. Dutzende. Hunderte.
    Die Kavallerie, dachte Phaemonoe. Und die kommt doch bekanntlich nie zu spät, oder?
    Der Schatten, auf den sie zulief, nahm erst die Umrisse, dann die Gestalt eines Humanoiden an. Die Verschleierung löste sich auf, sank wie schwerer Rauch zu Füßen des Mannes, der auf diese Weise enthüllt wurde.
    Phaemonoe kannte ihn. Sie hatte ihn bereits kennen gelernt, wenngleich unter gänzlich anderen Umständen.
    »Toufec?«
    Er hob triumphierend die Arme, neigte gleichzeitig charmant den Kopf. »Ich habe dir doch versprochen, dass wir uns im Dolan-Park wiedersehen werden, oder nicht? Siehst du, ich bin ein Mann, der seine Versprechen hält. Und du hast meinen Rat befolgt, dich vom Tanzparkett fernzuhalten. Gut so!«
    »Gibst du mir ein Interview?«
    Toufec lachte rau, ansteckend. »Weisheit der Völker: Wenn ich zuhöre, habe ich den Nutzen. Wenn ich spreche, haben ihn andere. Viel Zeit bleibt uns nicht, schöne junge Frau. Aber ja, warum nicht? Wir müssen uns allerdings kurz fassen, fürchte ich.«
    Aus dem Himmel regnete es TARAS und Gestalten in SERUNS. Raumlandetruppen, vermutete Phaemonoe. Oder TLD. Was in dieser brenzligen Situation wohl keinen großen Unterschied machte.
    »Gut. Wer oder was bist du?«, fragte sie.
    »Mein Name ist Toufec. Das schreibt man so.« Er tippte mit dem Zeigefinger an das
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