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PR 2621 – Der Harmoniewächter

PR 2621 – Der Harmoniewächter

Titel: PR 2621 – Der Harmoniewächter
Autoren: Christian Montillon
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– nicht einmal sechs Minuten.
    Eine kurze Zeitspanne, in der ich mehrfach hätte sterben können und doch überlebt hatte.
    Selbstverständlich waren wir alle – in dieser Hinsicht bildete ich keine Ausnahme – durch Individualschirme geschützt. Ein breiter Lichtstrahl aus dem in der Nähe verbliebenen Schiff tauchte das Lager in Helligkeit.
    Ich versuchte, die Einheit zu erkennen, doch sie verschmolz mit der Dunkelheit der Nacht, die nun wieder scheinbar fast ungetrübt zwischen den Gipfeln des Gebirges herrschte.
    »Ich orte Bewegung«, stellte einer der Soldaten fest. Sein ausgestreckter Arm wies auf das mittlere der drei Gebäude des Lagers, eine gedrungene eingeschossige Halle mit trüben Fenstern. Ich versuchte, durch sie ins Innere zu sehen, erkannte jedoch nichts.
    »Wir gehen rein«, bestimmte Conscure. »Vier Mann. Der Rest gibt Rückendeckung.«
    Wenige Sekunden später trat er die Tür ein. Sein Schutzschirm flammte sofort unter plötzlichem Beschuss auf.
    Ein Feuergefecht entbrannte. Vier Soldaten folgten ihm, bis die Funkbotschaft mich erreichte.
    Conscure schrie: »Eine Falle! Hier ist niemand! Es sind Roboter!«
    Ein Irrlichtern in der Halle.
    Ein Krachen, das ich nicht zuordnen konnte.
    Und eine Anzeige meines Ortungsgeräts, die zunächst überhaupt keinen Sinn ergab: Ein Reaktor fuhr ganz in der Nähe zu gewaltiger Leistung hoch.
    Erst als bei dem linken Gebäude das Dach in einer dumpfen Explosion verging und im nächsten Augenblick zwei mehrere Meter durchmessende Gleiter wie Rieseninsekten daraus in die Höhe jagten, verstand ich: Conscure hatte recht. Mehr, als ihm wohl selbst bewusst war. Dies war eine Falle; in weitaus größerem Umfang, als ihm klar gewesen war. Eine, die das gesamte Lager umfasste.
    Der Reaktor erreichte eine Leistungsspitze.
    Selbstzerstörung!, dachte ich noch.
    Truyen Conscure zog wohl dieselbe Schlussfolgerung. »Rückzug!«, schrie er in den Funk.
    Doch es war längst zu spät.
    Der Selbstzerstörungsmechanismus zündete, und die Welt ging unter.
     
    *

»Erst das geschlossene Ganze schafft die Harmonie; jedes Fremde zerstört sie.«
    (Alter Lehrsatz aus der Gründerzeit des Reiches)
     
    2.
    Alaska Saedelaere
     
    Hitze floss in seinem Arm nach oben zur Schulter. Im Nackenbereich verteilte sie sich, und tausend glühende Nadeln bohrten sich in sein Gehirn.
    Der krötenartige Kandran zog die Phiole zurück, deren Inhalt nun in Saedelaeres Adern kreiste.
    »Ich sagte dir, Fremder, du wirst uns die Wahrheit mitteilen. Dass es nur auf diese Art möglich ist, lag ganz allein bei dir. Du hast mich dazu gezwungen, radikalere Mittel einzusetzen. Wünschst du dir bereits, nicht gelogen zu haben?«
    Ein Schwindel erfasste Alaska Saedelaere. Er spürte, wie es rund um den implantierten Zellaktivatorchip in seiner Schulter pochte. Offenbar bekämpfte das Gerät bereits den Einfluss des fremdartigen Serums.
    »Ich habe die Wahrheit gesagt«, antwortete er. Oder wollte es zumindest; in seinen Ohren klang es wie das Lallen eines Betrunkenen: Ichabeahrheitagt. Zu mehr war seine Zunge nicht mehr fähig.
    Die Kehle wurde ihm eng, und die Augenlider flatterten. Seine Muskeln schmerzten wie unter einem Krampf, doch der Körper bewegte sich nicht einen Millimeter – ein energetisches Fesselfeld band ihn. Vom Hals abwärts konnte er keinen Muskel rühren.
    Der Kandran beugte sich über ihn, packte ihn an beiden Armen und drückte ihn auf der einfachen Pritsche zurück. In Liegeposition auf dem Rücken starrte Saedelaere geradeaus an die Decke.
    Seine Gedanken blieben im Gegensatz zu seinen körperlichen Reaktionen klar. Er wusste genau, wo er sich befand, was zuletzt geschehen war und was sein krötenartiger Besucher von ihm verlangte.
    Die letzten Geschehnisse wirbelten in seinem Kopf mit seltsamer Klarheit: Dies war eine Zelle auf einem Raumschiff des Reiches der Harmonie; man hatte ihn, Gardeleutnant Pridon, Herzogin Rhizinza Yukk und die gesamte überlebende Besatzung des zerstörten Verwaltungspalastes gefangen genommen; der Kandran-Verhörspezialist hielt ihre Aussagen für eine Lüge – weil offenbar ein Zeitsprung von mehr als siebzig Jahren erfolgt war, sodass sich die Herzogin und ihr Gefolge nur noch in Fußnoten historischer Statistik und Adelskalendern finden mochten. Man bezeichnete sie als Schwindler, Hochstapler oder Schlimmeres.
    Deshalb hatte das krötenartige Fremdwesen ihm ein Mittel injiziert, offenbar ein Wahrheitsserum, das diese Fakten auch in Saedelaeres
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