Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
PR 2621 – Der Harmoniewächter

PR 2621 – Der Harmoniewächter

Titel: PR 2621 – Der Harmoniewächter
Autoren: Christian Montillon
Vom Netzwerk:
hinter den Sehschlitzen wirkten trüb und müde, und sie hoffte, dass niemand es bemerkte.
    Sie verstand es perfekt, vor anderen den Eindruck von Stärke und Kraft zu erwecken, und wenn sie noch so erschöpft war. Das gehörte zum Amt der Herzogin ihrer Einschätzung nach. Sich selbst jedoch vermochte sie nichts vorzumachen.
    Der energetische Vorhang flimmerte, es bildeten sich darin Blasen, die platzten und zu Boden tröpfelten.
    Im nächsten Moment gab es die Barriere nicht mehr.
    Überrascht schaute die Herzogin auf die winzige Gestalt, deren graue Haut im Licht, das vom Korridor hereinfiel, leicht gelblich schimmerte. Es war dieser maskenlose Zwergandroide, der Begleiter Saedelaeres – Bitzer, war das nicht sein Name?
    »Herzogin«, sagte der Kleine auf völlig unspektakuläre Weise. »Wir sollten gehen. Eine Flucht erscheint mir angesichts der Umstände als einzig mögliche Alternative.«
    In der Spiegelwand sah Rhizinza Yukk, wie der Androide hinter ihrem Stuhl Stellung nahm; seine Finger huschten über ein Eingabefeld, als habe er jahrelang nichts anderes getan.
    Lautlos öffneten sich die Schnallen, die Rhizinzas Arme fesselten.
    »Verschwinden wir von hier!«, sagte der Kleine.
    »Ich danke dir, Bitzer.« Die Worte fielen ihr nicht leicht, und doch rang ihr das Handeln des Zwergandroiden Respekt ab.
    »Eroin Blitzer«, verbesserte das Wesen.
    Sie nahm es kommentarlos hin.
    »Der Fluchtplan ist genau ausgearbeitet«, erfuhr sie. »Ich bringe dich zuerst zu einer Funk- und Ortungszentrale, die unter unserer Kontrolle steht.«
    »Wen bezeichnest du mit uns? «
    »Ich hatte zunächst Gardeleutnant Pridon befreit.« Blitzer verließ den verspiegelten Raum mit absoluter Selbstverständlichkeit und der Siegesgewissheit eines Helden.
    Die Herzogin folgte.
    Auf dem Korridor lag eine Leiche, das Gesicht auf dem Boden, Arme und Beine weit ausgebreitet, als suche diese Soldatin im freien Fall nach Halt; der Rücken bildete eine einzige, schrecklich verbrannte Wunde.
    »Es ließ sich leider nicht vermeiden«, kommentierte Eroin Blitzer.
    Rhizinza schaute nur kurz nach unten. »Von mir gibt es kein Mitleid. Nicht für diese Leute.«
    Dann eilten sie los.
    Der Androide führte sie durch ein Labyrinth von Gängen und Korridoren, das die Herzogin schmerzlich an gewisse Bereiche ihres zerstörten Palastes erinnerte.
    Immer wieder änderte er dabei spontan die Richtung, wich Soldaten und Besatzungsmitgliedern aus, die er mittels des lächerlich kleinen Kästchens ausfindig machte. Welche ausgefeilte Technologie es wohl barg? Die Herzogin konnte kein einziges Mal auch nur einen flüchtigen Blick hineinwerfen.
    »Wie hast du dich befreit?«
    »Ich verfüge über gewisse ... Mittel und Möglichkeiten. Oder besser gesagt: über einige hochkomplexe Ausrüstungsgegenstände. So verhindere ich unsere Entdeckung und unterbinde feindliche Kommunikation. Sonst könnten wir uns nicht derart ungestört bewegen. Allerdings dürfte es nicht lange so einfach bleiben. Auch meine Technologie vermag keine Wunder zu bewirken.«
    Schließlich erreichten sie die von Blitzer erwähnte Funk- und Ortungszentrale, einen Raum direkt an der Außenhülle des Schiffs, mit einem Fenster, das den Blick in das freie All ermöglichte.
    Rhizinza Yukk erkannte grundlegende architektonische Muster wieder, obwohl ihr der Schiffstyp unbekannt blieb. Schon auf dem Weg zu ihrer Zelle hatte sie genau diesen Eindruck gewonnen – als befinde sie sich in einer Umgebung, in der manche Details einfach nicht stimmten.
    Die sechs reglosen Gestalten entdeckte sie erst, als sich die Tür hinter ihr und ihrem Retter schloss. Sie lagen am Boden, halb übereinander, Arme und Beine teils angezogen, teils ausgestreckt. Mindestens einem fehlte die Maske, sie lag einen Meter abseits nahe der Wand.
    »Sind sie ...«
    »Paralyse«, unterbrach Eroin Blitzer. »Es handelt sich um die Besatzung dieser Zentrale. Pridon und ich konnten sie überraschen. Im Vorfeld habe ich sämtliche Kommunikation nach außen blockiert und die Datenströme der Überwachungseinrichtungen gefälscht. Noch hat man unseren Aufstand nicht bemerkt.«
    »Wo ist der Gardeleutnant?«
    »Unterwegs. Er wird bald wieder hier eintreffen, wenn alles zeitlich so läuft, wie ich es vorausberechnet habe.« Das kleine Wesen gab einen zischenden Laut von sich, bei dessen Klang die Herzogin sich fragte, ob es ein Lachen sein konnte. »Ich rechne fest damit. Die Sensoren funktionieren und ermöglichen uns einen Überblick
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher