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Poseidon - Der Tod ist Cool

Poseidon - Der Tod ist Cool

Titel: Poseidon - Der Tod ist Cool
Autoren: Markus Wand
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Bekannten als Jugendlicher in einer stillgelegten Kiesgrube.
    Doch es knirschte auch zwischen ihm und Nowotny. Seit dem kurzen Disput hatte er kein Wort mehr mit ihm gewechselt. Die Stimmung hatte sich merklich abgekühlt. Sein Chef machte mittlerweile einen besseren Eindruck. Frenzel wusste, dass sich dieser schnell in das Gegenteil verkehren konnte. Er hatte seinen Freund nie zuvor in einem derart katastrophalen Zustand erlebt.
    Urlaub. Nach diesem Fall werde ich ihm ans Herz legen, endlich Urlaub zu nehmen und richtig auszuspannen. Bei diesem Gedanken erhellte sich Frenzels Stimmung. Er parkte neben den Fahrzeugen der bereits anwesenden Kollegen. Während er die Fahrertür öffnete, schielte er aus den Augenwinkeln zu Nowotny und murmelte:
    „Dann wollen wir mal. Packst du´s?“
    „Wird schon schief gehen.“ Nowotnys Stimme klang nicht überzeugend.
     
    Nowotny stieg aus und folgte Frenzel. Schwindel flimmerte vor seinen Augen, bunte Kreisel drehten ihre Runden. Seine Beine bewegten sich, als überquerten sie die Hängebrücke eines Canyons – er konnte das Brüllen des Flusses in der Tiefe hören, die Gischt riechen. Der Abgrund streckte sich nach seinen Innereien, umklammerte sie, riss sie mit sich. Nowotny hatte Mühe, sich nicht auf der Stelle zu übergeben. Er blieb stehen, stützte sich an der Hauswand ab.
    Nur einen Augenblick. Einen kurzen Augenblick. Wird schon wieder. Bin gleich wieder der Alte. Im Mantra eines Mönches sprach er sich Mut zu. Ignorierte die Signale seines Körpers, die sich seit Wochen in immer kürzeren Abständen bei ihm zeigten.
    Wenn diese Todesfälle geklärt sind, gehe ich zum Arzt. Dann habe ich Zeit. Lass mich mal richtig durchchecken, von oben bis unten.
    Er beschwichtigte die Situation.
    Mehr noch.
    Er machte sich etwas vor und war sich dessen bewusst. Nach diesem Fall würde der nächste auf ihn warten. Danach wieder der Nächste. Und so weiter. Er verbannte den Gedanken daran und ging weiter hinter Frenzel her, der nichts bemerkt hatte.
     
    Frenzel öffnete die Haustür. Die Atmosphäre des Korridors versetzte ihn in seine Kindheit zurück. Er sah sich als Knirps die Holztreppe hinaufgehen, zwei Stufen gleichzeitig nehmend, den Schulranzen hinter sich herziehend, der wie ein übermütiger Hund hinter ihm her hüpfte. Seine Mutter hatte es ihm verboten. Ihm machte es Spaß.
    Mutter. Ich sollte Mutter bald mal besuchen.
    Weiter kam er mit seinen Plänen nicht. Dr. Heinzelmann, der Kollege aus der Gerichtmedizin, kam auf ihn zu und begrüßte ihn. Die Arbeit hatte ihn wieder.
    „Hallo Frenzel.“
    „ Hallo Doc. Hätte nicht gedacht, dass wir uns so schnell wieder sehen.“
    Keiner außer Nowotny nannte ihn bei seinem richtigen Namen:
    Dr. Gustav Heinzelmann.
    Nein.
    Doc.
    Einfach nur Doc.
    Ihm schien es scheinbar egal zu sein. Er war ein kleiner, quirliger Typ, den Frenzel für seine direkte und unverblümte Art gern hatte. Mit den blonden, halblangen Haaren und seinem Lausbubengesicht erinnerte er ihn an Astrid Lindgrens Michel von Löneberga.
    „Wo ist die Leiche?“
    „In der Küche, auch wenn der Anblick nicht gerade appetitlich ist. Ah, hallo, Nowotny.”
    Nowotny hatte gerade die Wohnung betreten. Verschwitzt und abgekämpft.
    „Sie sehen blass aus. Ist Ihnen noch schlecht von heute Vormittag? Na, dann sollten Sie sich das hier besser ersparen. Man sollte es nicht übertreiben, oder? Können wir, Frenzel?“
    Frenzel sah seinen Chef fragend an, runzelte die Stirn. Nowotny zuckte mit den Achseln, seufzte und setzte sich dankbar auf einen Stuhl, der im Gang stand. Scheinbar hatte er genug für heute.
    Frenzel folgte Heinzelmann in die Küche.
    „Da wären wir, bitte schön, es ist angerichtet.“
    Frenzel verwunderte es jedes Mal, wie abgebrüht Heinzelmann
    war – seine saloppen und teilweise sarkastischen Kommentare verirrten sich nie im Labyrinth der Grausamkeiten, die dessen Beruf mit sich brachte. Vielleicht waren sie die einzige Möglichkeit für ihn, sich zu schützen.
    „Weiblicher Leichnam, vermutlich die Bewohnerin, eine gewisse Sabine Trautmann, vierzig Jahre, seit circa vierzehn bis zwanzig Stunden tot. Vermutlich an inneren Verbrennungen oder Überhitzung gestorben, mehr wissen wir nach der Obduktion. Die Parallelen zum Fall Kofen sind unverkennbar. Ich stehe vor einem Rätsel.“
    Der Anblick des Leichnams nötigte Frenzels letzte Kraftreserven. Der Körper lag in gekrümmter Haltung auf dem Boden. Die Haut war an den meisten Stellen aufgeplatzt
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