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Pommes rot-weiß

Pommes rot-weiß

Titel: Pommes rot-weiß
Autoren: Christoph Güsken
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damit ist jetzt Schluss!«
    Ich machte mir Sorgen um Henk.
    Das Ultimatum aus der Dose mit dem Fischfutter verstrich, ohne dass etwas passierte. Henk glaubte allen Ernstes, die Typen eingeschüchtert zu haben, aber ich riet ihm, Kontakt zu Ariana di Maggi aufzunehmen, der Frau, die Babsi als ›Tussi‹ bezeichnete.
    »Dann kann ich mir auch gleich selbst Betonfüße verpassen und in den Rhein springen«, kommentierte mein Partner diese Idee. »Sie braucht mein Ableben am dringendsten, glaub mir. Erst wenn sie mich erwischt haben, ist ihre Unbescholtenheit wieder hergestellt. Und Milanos Mannesehre. Capisce?«
    Meine heimliche Hoffnung, dass man Gras über die Sache wachsen lassen konnte, zerschlug sich. Am Samstagmorgen fand ich ein völlig durchweichtes Paket vor meiner Tür. Vom Format her machte ich mich auf ein Buch gefasst, aber es enthielt ein saftiges Seelachsfilet, laut Aufschrift praktisch grätenfrei mit einer feinwürzigen Brokkoliauflage aus der Tiefkühltruhe. Auf dem beiliegenden Zettel stand: Die Zeit ist abgelaufen. Siehe Haltbarkeitsdatum. In den aufgeweichten Deckelboden war das heutige Datum eingestanzt.
    Die Botschaft war unmissverständlich. Sie hatten sich nur um eine Woche vertan.
    Ich packte das eklige Ding in eine Plastiktüte und nahm es mit zum Büro. Da traf ich Henk, gemütlich rauchend, die Füße auf dem Schreibtisch. Der Drehstuhl ächzte unter seinem Gewicht.
    »Findest du das okay?«, fragte ich ihn.
    »Du hast es nötig, Kittel, mich über Manieren belehren zu wollen.«
    »Quatsch, das meine ich nicht. Dass du hier herumsitzt wie auf dem Präsentierteller. Du musst lebensmüde sein.«
    Er gähnte ausgiebig. »Ein bisschen Schlaf könnte ich tatsächlich gebrauchen«, sagte er in einem Ton, dass es mir ganz anders ums Herz wurde.
    Ich leerte die Tüte auf seinem Tisch aus. »Das lag im Briefkasten.«
    Henk stach mit dem Zeigefinger vorsichtig nach dem Fisch, der inzwischen komplett aufgetaut war und auseinander fiel.
    »Nee, du«, sagte er angewidert. »Das Zeug esse ich nicht. Das ist kein Fisch. Am Nordpol bauen sie damit Häuser.«
    »Wenn du dich hier schon aufhältst, willst du dich nicht wenigstens tarnen?«
    »Kittel, hör auf. Ich hab die Schnauze endgültig voll von Strapsen und künstlichem Busen.«
    Inzwischen wusste ich, dass ich ihn nicht daran hindern konnte. Ich sah Henks erleichterten, verklärten Blick. Er freute sich darauf, dass es jetzt bald vorbei sein würde.
    »Und wie lange willst du hier noch sitzen?«
    Henk warf mir einen ernsten Blick zu. »Nett von dir, Kittel, dass du dich um mich sorgst. Aber es hat keinen Sinn, mein Leben lang davonzulaufen.«
    »Du versuchst es ja nicht mal«, wandte ich ein.
     
     
    Ich suchte Mattaus Privatadresse im Telefonbuch. Er wohnte einen Steinwurf vom Rhein entfernt, ganz in der Nähe der Bastei. Kein Wunder, dass er ständig in Tilos Wohnung vorbeigeschaut hatte.
    »Können Sie ihn nicht wegen irgendwas verhaften?«, bat ich ihn. »Und wenn nicht, dann wenigstens wegen des Verdachts auf irgendwas? Dann hätte er sozusagen kostenlosen Polizeischutz.«
    Mattau öffnete die Wohnungstür ganz und ich sah, dass er mit einem Bein in einer halb vollen Umzugskiste stand. »Tut mir Leid, Kittel«, sagte er. »Liebend gerne! Aber die Sache ist nun mal so, dass ich niemanden mehr verhafte. Dienstausweis, Dienstwaffe und Diensthandschellen habe ich schon abgegeben. Ich bin aus dem Spiel. Persona non grata.«
    »So schnell?« Ich wunderte mich. »Gibt es denn nicht erst ein Amtsenthebungsverfahren?«
    »Wenn ich der amerikanische Präsident wäre, ja.« Mattau grinste müde. »Aber bei mir gibt es nur ein Disziplinarverfahren. Und darauf scheiße ich.«
    »Aber vielleicht können Sie mit jemandem reden.«
    Der Exkommissar fegte einen Stapel Bücher von einem Regalbrett und ließ sie nacheinander in die Kiste purzeln. »Sie wissen ja, wie das ist, Kittel. Genauso wie im Kino: Bis morgen, fünf Uhr, haben Sie die Stadt zu verlassen… Kann ich Ihnen ein Butterbrot anbieten?«
    »Nein, danke«, sagte ich.
     
     
    Es war drei Minuten vor zwölf, als die Schlägertypen vor dem Haus vorfuhren, in dem unser Büro war. Der Schöne, Wortgewandte mit dem Seidenhemd entstieg dem Wagen wie ein Filmstar, nahm sich einen Augenblick, um Luft zu schnappen und seinen Mantelkragen zu richten. Die Kampfmaschine dagegen war schon vorgestürmt wie ein Bluthund, der von der Leine gelassen wurde. Vom Beifahrersitz des Autos, das gegenüber geparkt war,
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