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Polt muss weinen

Polt muss weinen

Titel: Polt muss weinen
Autoren: Alfred Komarek
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funktionieren ließ, die er eigentlich nicht bewältigte. Irgend etwas zwang ihn in solchen Fällen dazu, sich genau, logisch und umsichtig zu verhalten und das Chaos in seinem Kopf wegzusperren.
    Erst einmal wandte er sich wortlos ab, ging auf eines der großen Fässer zu und drückte seine Stirn auf das kalte, nasse Holz. Dann richtete er sich auf und schaute zu den Männern hinüber, die abwartend dastanden. »Ihr wißt, wovon ihr redet?« Sie nickten bedächtig. »Und ihr wollt mir nicht sagen, wer es letztlich getan hat?«
    Josef Schachinger wurde schon wieder ärgerlich. »Das geht keinen etwas an. Wir haben uns gemeinsam alles ausgedacht, und wir haben zusammen geholfen, als es soweit war.«
    »Du weißt also Bescheid, Simon«, sagte der Kurzbacher. »Wie geht es jetzt weiter?«
    »Ich muß nachdenken, und ich möchte morgen noch einmal mit jedem von euch reden. Bei Tageslicht schaut vieles anders aus.«
    »Das wird nichts ändern.«
    »Kann schon sein. Aber sprecht bitte vorerst mit niemandem darüber, auch nicht mit euren Frauen.« Nicken ringsum. »Dann gehe ich jetzt wohl.«
    »Gut, Simon.« Kurzbacher nahm den auf dem Tisch liegenden Weinheber und hängte ihn ordentlich auf einen Nagel an der Kellerwand. »Ich glaube, wir gehen alle.« Er schaute Polt an. »Und wisch dir das Gesicht ab, du bist noch schmutzig vom Faß.«
    Kurz nach Mitternacht kam der Gendarm nach Hause. Czernohorsky warf ihm einen unsicheren Blick zu und lief leise maunzend in eine dunkle Ecke. Simon Polt zog sich aus, ließ sich aufs Bett fallen und schlief sofort ein.
    Gegen sechs wachte er auf. Sinnlos, hier herumzuliegen. Es war noch dunkel, als er vor das Haus trat. Ohne darüber nachzudenken, wandte er den Kellergassen den Rücken zu und streifte mit großen Schritten im ebenen Land zwischen den Feldern umher. Gut zwei Stunden später kam er an diesem dienstfreien Tag zurück nach Hause, kochte Kaffee und fuhr dann mit dem Fahrrad nach Brunndorf.
    Christian Wolfingers Haus stand gleich am Ortseingang, aber nicht in einer Reihe mit den anderen Höfen, sondern ein wenig vom Straßenrand abgerückt, so daß Platz für einen kleinen Vorgarten blieb. Die Haustür war unversperrt. Der Gendarm fand den Junggesellen beim Frühstück. »Guten Morgen, Herr Inspektor. Magst du auch was?«
    »Nein danke, ich habe schon.«
    Wolfinger biß mit aufreizendem Behagen in eine Buttersemmel. »Wer weiß, wann ich wieder einmal so etwas Gutes kriege.«
    Polt wischte ein paar Brösel vom Tisch. »Ich frage mich, ob ihr euer Spiel durchhalten werdet. Mit mir könnt ihr vielleicht umgehen, aber nicht mit Staatsanwälten und Richtern.«
    »Wir werden einfach bei der Wahrheit bleiben. Was soll da viel passieren?«
    »Und am Ende sitzen vier im Gefängnis statt einem.«
    »Ja. Alle vier, die den Hahn auf dem Gewissen haben.«
    »Hört sich sehr tapfer an, theoretisch.«
    »Wir werden sehen. Hör einmal, Simon - oder soll ich Herr Inspektor sagen? Wir haben aus freien Stücken für dich reinen Tisch gemacht. Tu jetzt einfach, was deine Pflicht ist, und laß uns in Frieden.«
    »War das ein Hinauswurf?«
    »Natürlich nicht. Aber ich habe ganz gerne meine Ruhe beim Frühstück.«
    Auch Ferdinand Kurzbacher war noch zu Hause und saß mit seiner Frau, der Elisabeth, am Küchentisch. Sie freute sich über Polts Besuch. »So was, der Herr Inspektor!« Dann ging sie eilig ins Nebenzimmer und kam mit einem gehäuften Teller mit Weihnachtsbäckerei zurück. »Greifen Sie zu, es ist ja die Zeit dafür.«
    »Noch nicht ganz, Frau Kurzbacher«, sagte der Gendarm freundlich.
    Ihr Mann warf einen raschen Blick auf die Küchenuhr. »Du wirst wahrscheinlich Wein brauchen, Simon, nicht wahr? Ich bin dann sowieso im Preßhaus draußen, so gegen elf.«
    »Das ist gut. Bitte entschuldigen Sie, Frau Kurzbacher, wenn ich es eilig habe. Aber das nächste Mal falle ich über Ihre Kekse her wie ein hungriger Wolf.«
    »Versprochen?«
    »Versprochen.«
    Josef Schachinger wohnte nur drei Häuser weiter. Das Hoftor war verschlossen, also klopfte Polt an das Fenster, das sich bald darauf öffnete. »Mein Mann ist gleich nach dem Frühstück in den Keller gefahren«, gab Frau Schachinger Auskunft, als sie den Gendarmen erblickte. Dann schaute sie besorgt drein. »Ist irgendwas?«
    »Bin ich vielleicht in Uniform?« Eilig stieg Polt aufs Rad.
    Noch war es nicht richtig Winter. Nebel hing in kahlen Baumkronen, die Luft war naßkalt und roch nach verfaultem Grün. Ein paar Bauern waren mit
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