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Polifazios Vermächtnis (German Edition)

Polifazios Vermächtnis (German Edition)

Titel: Polifazios Vermächtnis (German Edition)
Autoren: Thomas Riedel
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sie auf einer riesigen, vollkommen ebenen Scheibe laufen. Himbi fragte sich, wie die Eiselfen es bloß schafften, hier länger als einen Tag zu überleben. Nach einer weiteren Stunde sahen sie die erste Veränderung in der Umgebung. Weit entfernt am Horizont zogen dicke, weißgraue Wolken auf.
     
    „Das sieht nicht gut aus! Da scheint sich ein Unwetter zusammenzubrauen. Hoffentlich finden wir einen Unterschlupf, bevor es uns erreicht!“ sagte Mugel beunruhigt.
     
    So gut es ihre noch verbliebenen Kräfte zuließen, legten sie einen Schritt zu, in der Hoffnung, in der Ferne einen Unterschlupf zu finden, bevor der Sturm sie erreichte. Je weiter sie zur Mitte der Insel vordrangen, desto näher kam der Sturm an sie heran. Mittlerweile konnten sie nur noch halb soweit sehen, wie noch kurze Zeit zuvor. Die Wolkendecke wurde immer größer und mächtiger. Doch noch immer war weit und breit kein Versteck zu erkennen.
     
    „Jetzt wird es aber langsam wirklich Zeit, sonst sind wir geliefert!“, rief Himbi so laut er konnte gegen den heftigen Wind an, der nun auch stark zugenommen hatte.
     
    Der eisige Wind wurde immer stärker und schlug ihnen frontal gegen die Körper. Dabei fing er an, Schnee vom Boden aufzuwirbeln. Mühsam kämpften sich die beiden, die Hände schützend vor ihre Gesichter gehoben, Schritt für Schritt weiter voran. Die Wolkendecke hatte den Himmel über ihnen verdunkelt. Nun schien es so, als befänden sie sich in einem durchgehend weißen Raum. An Orientierung war nun nicht mehr zu denken, und so wussten sie schon bald nicht mehr, ob sie überhaupt noch in die richtige Richtung gingen. Nach kurzer Zeit begann es heftig zu schneien, und die Sicht verringerte sich auf wenige Schritte.
     
    „Ich kann nicht mehr!“, schrie Mugel so laut er noch konnte zu Himbi.
     
    Dieser sah ihn mit fast vollkommen zugekniffenen Augen an. Überall hatte sich Schnee an ihm und Mugel festgesetzt. In den Haaren, in der Kleidung und in den Schuhen.
     
    „Wir müssen durchhalten!“, schrie Himbi zurück.
     
    Doch schon wenige Schritte später sackte Mugel kraftlos im Schnee zusammen.
     
    „Mugel! Mach keinen Mist!“ schrie Himbi und rannte sofort zu seinem völlig entkräfteten Freund.
     
    Schwer atmend lag Mugel am Boden.
     
    „Ich schaffe es keinen Schritt mehr weiter. Lass mich hier zurück, allein hast du vielleicht eine Chance.“ sagte er leise.
    „ Nichts da! Wir sind zusammen hierher gekommen, und wir werden auch zusammen wieder gehen! Ich lasse dich nicht hier liegen. Entweder schaffen wir es gemeinsam hier wieder heraus, oder es erwischt uns beide!“ schrie Himbi seinen Freund an.
     
    Dieser wusste, dass Himbi kein weiteres Widerwort dulden würde, und musste lächeln. Himbi reichte Mugel seine Hand, und zog ihn wieder hoch auf die Beine. Dann legte er Mugels Arm um seine Schulter und gab ihm so etwas halt. Daraufhin schleppten sich die beiden mühsam weiter. Eine weitere Viertelstunde verging, ohne dass sich das Wetter verbesserte. Plötzlich erfasste eine mächtige Böe die beiden halb erfrorenen Freunde und warf sie mit immenser Wucht um. Völlig erschöpft lagen nun beide im Schnee.
     
    „Es tut mir leid, aber ich bin völlig fertig. Ich schaffe es nicht mehr weiter.“ sagte Himbi, der mit seinen Kräften am Ende war.
     
    Mugel, dem es schon eine Viertelstunde zuvor nicht mehr sonderlich gut gegangen war, war nun näher denn je an der Bewusstlosigkeit.
     
    „Weist du Himbi, mittlerweile ist mir gar nicht mehr kalt. Irgendwie wird mir immer wärmer. Dieses Gefühl ist einfach fantastisch. Ich würde jetzt liebend gerne schlafen.“ flüsterte Mugel, dessen Sinne langsam schwanden.
    „ Mugel, du musst durchhalten! Du darfst auf gar keinen Fall einschlafen, hörst du?“ antwortete Himbi besorgt, und zog Mugel dichter an sich heran, in der Hoffnung ihm dadurch etwas mehr Wärme spenden zu können.
     
    Himbi kauere sich ganz eng an Mugel. Mit einer grauenhaften Beständigkeit pfiff der eisige Wind immer weiter über sie hinweg. Es dauerte nicht lange, und sie waren von einer Seite her fast komplett zugeschneit.
     
    „Wir schaffen das Mugel, ganz bestimmt!“, sagte Himbi schlotternd.
     
    Doch Mugel antwortete ihm nicht. Panisch rüttelte Himbi am leblosen Körper seines Freundes, doch dieser reagierte nicht mehr. Mugel war bereits eingeschlafen. Himbi rüttelte immer stärker an Mugel, doch er schaffte es nicht, ihn zu wecken. Schon nach kurzer Zeit gab Himbi völlig erledigt auf.
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