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Polaris

Polaris

Titel: Polaris
Autoren: Jack McDevitt
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sich vielmals bedankt.
    Falls Sie Alex’ Bericht, Die Legende von Christopher Sim, gelesen haben, kennen Sie die Geschichte.
    Die Außenstation kreiste um einen blauen Riesen, dessen Katalognummer ich vergessen habe. Ist sowieso nicht wichtig. Sie war beinahe sechstausend Lichtjahre von Rimway entfernt, am äußersten Rand des konföderierten Raums, und falls die Quellen nicht gelogen haben, war sie achtzehnhundert Jahre alt.
    Außenstationen bestanden fast immer aus rekonfigurierten Asteroiden. Die Shenji-Modelle neigten außerdem dazu, sehr groß zu sein. Diese hatte einen Durchmesser von 2,6 Kilometern, und ich spreche nur von der Station, nicht von dem Asteroiden. Sie befand sich auf einem siebzehn Jahre langen Orbit um die Sonne. Die meisten dieser Orte fingen an zu taumeln, wenn sie eine Weile verlassen waren, was natürlich alles durcheinander brachte, was auch immer im Inneren gelagert sein mochte, und das war hier nicht anders.
    Zum ersten Mal in seiner Geschichte hatte Rainbow Enterprises so ein Ding entdeckt. »Werden wir es registrieren lassen?«, fragte ich. Auf diese Weise hätten wir Eigentumsrechte an der Station geltend machen können.
    »Nein«, antwortete er.
    »Warum nicht?« Wir hätten lediglich die Registratur für Archäologische Funde informieren müssen. Man lieferte ihnen eine kurze Beschreibung des Funds samt Positionsangabe, und schon war man der rechtmäßige Eigentümer.
    Er blickte zu der Station hinaus. Sie war dunkel und zerschlagen, und man hätte sie leicht übersehen können. In ihren Ruhmestagen hätte sie Hallo gesagt und uns eingeladen, rüberzukommen und etwas zu essen oder einen Kurzurlaub zu machen. »Im Weltraum gibt es keine Exekutiv-Organe«, sagte er. »Wir würden lediglich die Position unseres Funds preisgeben.«
    »Vielleicht sollten wir auch genau das tun, Alex.«
    »Was?«
    »Die Position preisgeben. Spenden wir sie doch der Vermessung, dann können die sich darum kümmern.«
    Er bohrte die Zungenspitze in seine Wange. »Womöglich ist das gar keine so schlechte Idee, Chase«, erwiderte er. Wir wussten beide, dass wir alles Wertvolle fortbringen konnten, sah man von der Station selbst ab. Diese jedoch der Vermessung zu überlassen, würde uns das Wohlwollen einer Organisation sichern, die von jeher äußerst zahlungskräftige Klienten hatte, und Rainbow Enterprises bekäme einen ganzen Haufen kostenloser Publicity. »Genau das habe ich auch gedacht, mein kleines Straßenkind.«
     
    Der größte Teil der Station bestand aus Andockstationen und Wartungseinrichtungen, aber es hatte auch einige Speiselokale gegeben, Wohnquartiere und Freizeitanlagen. Wir fanden offene Bereiche, die einst als Parks gedient hatten. Auch einen See hatte es gegeben. Und sogar einen Strand.
    Nun aber war alles grau und kalt. Achtzehn Jahrhunderte sind eine lange Zeit, sogar in einem annähernden Vakuum.
    Es gab natürlich keine Energieversorgung mehr und folglich auch keine Gravitation. Und kein Licht. Aber das war in Ordnung. Wir hatten einen echten Treffer gelandet, und Alex, sonst eher bedächtig, schwerfällig, man konnte beinahe sagen apathisch, verhielt sich wie ein Kind im Spielzeugladen, während wir durch die Station schlenderten und unsere Ersatzsauerstofftanks hinter uns her zerrten.
    Aber die Spielzeuge erwiesen sich als arg zerstört. Überall schwebten persönliche Gegenstände herum, zurückgelassen von den Bewohnern, und segelten unentwegt durch die Station. Stühle und Tische, steif gewordene Stoffe, Messer und Gabeln, Notebooks und Schuhe, Lampen und Kissen. Und ein Haufen Zeug, der schlicht nicht zu identifizieren war, Bruchstücke von allem Möglichen, was auch immer über die Jahre hinweg hier in seine Einzelteile zerfallen war. Die Station drehte sich alle siebeneinhalb Minuten um ihre eigene Achse, ein Vorgang, der ganze Wolken von unbefestigten Gegenständen hervorbrachte, die von den Schotts abprallten. »Das Ding ist ein riesiger Mixer«, bemerkte Alex und versuchte, seine Enttäuschung hinunterzuschlucken.
     
    Heute ist die Shenji-Kultur vor allem für ihre flammenden Türme bekannt (die aussahen wie Raketen, die darauf warteten, in den Himmel zu schießen), ihre asymmetrische Architektur, ihren Hang zu protzigen Grabmalen, die Dramen von Andru Barkat (die von Zeit zu Zeit immer noch auf den eher versnobten Bühnen überall in der Stadt aufgeführt wurden) und ihren Abstieg durch eine ganze Reihe von religiösen Kriegen, die sie schließlich vernichtet hatten,
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