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Poirots erste Fälle

Poirots erste Fälle

Titel: Poirots erste Fälle
Autoren: Agatha Christie
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i son saß bewegungslos am Tisch und wandte nicht einmal den Kopf, als Poirot auf ihn z u kam.
    »Hallo, mon ami«, rief Poirot. »Geht es Ihnen gut, ja?«
    Es entstand eine lange Pause, dann sagte Harrison mit belegter Stimme:
    »Was sagten Sie?«
    »Ich fragte, ob es Ihnen gut geht.«
    »Gut, ja. Es geht mir gut. Warum denn nicht?«
    »Sie fühlen sich also nicht krank. Das ist schön.«
    »Krank? Warum?«
    »Vom Waschpulver.«
    Harrison stand auf. »Waschpulver? Wovon reden Sie?«
    Poirot machte eine entschuldigende Geste und sa g te:
    »Ich bedaure die Notwendigkeit unendlich, aber ich schüttete etwas in Ihre Tasche.«
    »Sie schütteten Waschpulver in meine Tasche? W o zu, um Himmels willen?« Harrison starrte ihn ve r ständnislos an.
    Poirot sprach leise und unpersönlich wie ein Märche n erzähler, der sich dem Niveau eines kleinen Kindes a n passt.
    »Sehen Sie, einer der Vor- oder Nachteile, ein Dete k tiv zu sein, ist, dass man mit kriminellen Elementen in Ko n takt kommt. Sie können uns eine Reihe ziemlich intere s santer und eigenartiger Dinge lehren. Da war einmal ein Taschendieb. Ich war an ihm interessiert, weil man ihm etwas vorwarf, das er nicht getan hatte. Ich erreichte, dass man ihn frei ließ. Und weil er dan k bar war, belohnte er mich auf seine Art. Er zeigte mir ein paar Tricks se i nes Gewerbes. Und so kommt es, dass ich jemandem in die Tasche greifen kann, ohne dass derjenige auch nur den kleinsten Ve r dacht schöpft. Ich lege eine Hand auf seine Schulter und lenke ihn ab. So gelingt es mir, das, was in seiner T a sche ist, in meine zu transferieren.
    Sehen Sie«, fuhr Poirot träumerisch fort, »wenn ein Mann rasch an das Gift heran will, um es in ein Glas zu schütten, ohne beobachtet zu werden, muss er es unb e dingt in seiner rechten Roc k tasche haben. Es gibt keinen anderen Platz. Ich wusste, es würde dort sein.«
    Er schob seine Hand in die Tasche und brachte ein paar weiße Kristalle hervor. »Außerordentlich gefäh r lich«, murmelte er, »es so h e rumzutragen wie ich.«
    Langsam und behutsam zog er aus der anderen T a sche eine kleine Flasche mit weiter Öffnung. Er öffnete sie, warf die Krista l le hinein, ging zum Tisch und füllte sie mit einfachem Wasser. Nachdem er sie sorgfältig ve r korkt hatte, schüttelte er sie, bis sich alle Kristalle aufg e löst hatten.
    Harrison beobachtete ihn fasziniert.
    Mit seiner Arbeit zufrieden, ging Poirot auf das We s pennest zu. Er entkorkte die Flasche, wandte den Kopf ab und goss die Lösung mi t ten hinein. Dann trat er ein paar Schritte zurück.
    Einige Wespen, die von ihrem Flug zurückkamen und sich ger a de niederließen, zitterten ein wenig, dann lagen sie still. Andere krochen aus dem Nest heraus – nur um zu sterben. Poirot be o bachtete das eine kurze Zeit, nickte mit dem Kopf und ging wi e der zur Veranda zurück.
    »Ein schneller Tod«, sagte er, »ein sehr schneller Tod.«
    Harrison fand seine Sprache wieder. »Wie viel wi s sen Sie?«, fragte er.
    Poirot sah ihn nicht an.
    »Wie ich Ihnen schon erzählte, sah ich Claude Lan g tons Namen in dem Giftbuch. Was ich Ihnen nicht sa g te, war, dass ich ihn fast sofort danach zufällig traf. Er erzählte mir, dass er in Ihrem Au f trag Zyankali gekauft habe, um das Wespennest auszuheben. Das kam mir etwas seltsam vor, mein Freund, denn ich erinnerte mich, dass Sie bei diesem Abendessen, von dem Sie sprachen, den außero r dentlichen Vorteil von Petr o leum hervorhoben und die Beschaffung von Zyankali als gefährlich und überflüssig bezeic h neten.«
    »Fahren Sie fort.«
    »Ich wusste noch etwas. Ich sah Claude Langton mit Molly Deane zusammen, als sie sich unbeobachtet glau b ten. Ich weiß nicht, was die beiden damals au s einander gebracht hat und Molly in Ihre Arme trieb, aber ich e r kannte, dass die Missverständnisse vorbei waren und dass Miss Deane zu ihrer alten Liebe zurückg e funden hatte.«
    »Weiter!«
    »Noch etwas wusste ich, mon ami. Ich war neulich in der Harley Street und sah Sie aus dem Hause eines ganz b e stimmten Arztes kommen. Ich kenne ihn und weiß, w e gen welcher Leiden man ihn konsultiert. Und ich sah den Ausdruck in Ihrem Gesicht. Ich habe ihn nur ein- oder zweimal in meinem Leben gesehen. Er ist u n schwer zu deuten. Es war das Gesicht eines zum Tode verurteilten Mannes. Habe ich Recht?«
    »Sehr recht. Er gab mir noch zwei Monate.«
    »Sie bemerkten mich nicht, mein Freund, denn Sie ha t ten anderes im Kopf. Ich konnte noch etwas erke n
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