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Platon in Bagdad

Platon in Bagdad

Titel: Platon in Bagdad
Autoren: John Freely
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Faustkampf. Mancher der Gäste
    Meint wohl, wenn er Ioniens Söhnen dort allen begegnet,
    Daß es Unsterbliche seien und solche, die nimmermehr altern.
    Säh er bei allen doch Anmut, schwelgte sein Herz doch in Freuden,
    Wenn er die Männer erblickt und die schön gegürteten Frauen,
    Schiffe in eilender Fahrt und die Fülle ihres Besitztums.
    In der Seefahrt und im Handel war Milet allen anderen ionischen Städten weit überlegen, und so errichtete es im 8. Jahrhundert v. Chr. an den Küsten des Schwarzen Meeres die ersten Kolonien. Über die nächsten beiden Jahrhunderte betrieb Milet eine aktive Besiedlungspolitik und gründete insgesamt 30 Städte um das Schwarze Meer und an seinen Zugängen am Hellespont und rund um das Marmarameer, weitaus mehr als die anderen Stadtstaaten der griechischen Welt. Außerdem hatte Milet auch einen Außenposten in Naukratis, einem griechischen Handelsplatz im Nildelta, der um 650 v. Chr. gegründet wurde. Andere griechische Städte hatten indessen an den Küsten im westlichen Mittelmeer Kolonien errichtet. Süditalien und Sizilien waren am dichtesten besiedelt; diese Region nannte man später
Magna Graecia
, Großgriechenland.
    Doch die ionischen Städte verloren schließlich ihre Freiheit, erst an die Lyder und dann an die Perser; deren Vorstöße, Griechenland zu erobern, endeten allerdings mit Niederlagen gegen die griechischen Verbündeten in den Schlachten von Marathon (490), Salamis (480) und Plataiai (479 v. Chr.). Der persische Großkönig Xerxes rächte sich für seine Niederlage bei der Insel Salamis mit der Zerstörung Milets, aber die Stadt wurde kurz darauf wieder aufgebaut. In der Mitte des 5. Jahrhunderts v. Chr. war sie wieder ein florierender Hafen und ein wichtiges Handelszentrum.

    Durch ihren weit reichenden Seehandel kamen die Milesier mit den älteren Hochkulturen im Vorderen Orient in Kontakt, besonders in Ägypten, von wo sie mit Waren, aber auch mit Ideen zurückkehrten. Herodot schreibt: »Als erste unter den Menschen haben die Ägypter das Jahr gefunden und es in zwölf Monate aufgeteilt. Sie erzählen, die Sterne hätten sie auf diese Einteilung gebracht. Ich glaube, ihre Berechnung ist … klüger als die griechische …«
    Die Handelswege der Milesier führten sie auch nach Mesopotamien, wo sie vermutlich das astronomische Wissen erwarben, dassie für die Navigation und die Zeitmessung brauchten. Aus Mesopotamien brachten sie auch den Gnomon mit, den Schattenzeiger, dazu heißt es bei Herodot: »Denn die Sonnenuhr mit ihrem Zeiger und die Einteilung des Tages in zwölf Stunden haben die Griechen von den Babyloniern übernommen.« Der Gnomon wurde auch zur Bestimmung der Tag- und Nachtgleichen verwendet, wenn die Sonne genau im Osten aufgeht und genau im Westen untergeht, ebenso wie für die Winter- und Sommersonnenwenden, wenn der Mittagsschatten am längsten beziehungsweise am kürzesten ist.
    Das griechische Wort für Stern,
aster
, ist von Ischtar, der babylonischen Fruchtbarkeitsgöttin, abgeleitet, die für die Griechen den Planeten Venus verkörperte. Zunächst hielten sie den Himmelskörper für zwei verschiedene Sterne und bezeichneten ihn als Eosphoros, wenn er vor Sonnenaufgang zu sehen war, und als Hesperos, wenn er am Abend aufging. Später erkannten sie, dass der Morgen- und der Abendstern das gleiche Gestirn waren, nannten es Aphrodite, wie die Göttin der Liebe, und führten so den Kult der babylonischen Ischtar fort. Die Venus ist der einzige Planet, den Homer erwähnt: Bei der Beschreibung der Bestattung des Patroklos in der
Ilias
nennt er ihn Eosphoros und im Bericht über den Zweikampf zwischen Achilles und Hektor Hesperos. Auch Sappho besingt von den Planeten nur die Venus, und zwar als Hesperos, »von allen Sternen der schönste«.
    Die ionischen Griechen überflügelten bald ihre geistigen Vorgänger, besonders in Milet, das im 6. Jahrhundert v. Chr. drei Naturphilosophen hervorbrachte. Über ihre Theorien weiß man nur aus bruchstückhaften Zitaten oder aus Zusammenfassungen ihrer Schriften bei späteren Autoren. Aristoteles bezeichnete sie als
physikoi
, Naturforscher, vom griechischen
physis
, das heißt Natur im weitesten Sinne, und stellte sie den früheren
theologoi
gegenüber, weil sie als Erste versuchten, bestimmte Phänomene aus natürlichen und nicht wie bisher aus übernatürlichen Ursachen zu erklären. Erdbeben zum Beispiel, die Homer wie auch Hesiod auf das Wirken des Gottes Poseidon, des »Erdschüttlers«,
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