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Platon in Bagdad

Platon in Bagdad

Titel: Platon in Bagdad
Autoren: John Freely
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aus dem Dialog
Gorgias
, in der er sich offenbar auf die Pythagoreer bezieht: »Nun sagen aber die Weisen, dass die Gemeinschaft und die Freundschaft Himmel und Erde, Götter und Menschen zusammenhalten und der Sinn für Ordnung und die Besonnenheit und der Gerechtigkeitssinn. Und dieses Ganze nennen sie deshalb Kosmos, mein Freund, nicht Ordnungslosigkeit und nicht Zügellosigkeit.«
    Nach der Überlieferung entdeckten die Pythagoreer als erste die numerischen Beziehungen, die bei der Harmonie in der Musik eine Rolle spielen, auf die sie beim Experimentieren mit Saiteninstrumenten gestoßen waren. So gelangten sie zu der Auffassung, dass ein göttlicher Verstand den Kosmos nach harmonischen Prinzipien geschaffen hatte und dass man diese Harmonie in Zahlen ausdrücken konnte. Aristoteles berichtet über die Pythagoreer: »So nahmen sie an, die Grundbausteine der Zahlen seien Grundbausteine alles dessen, was da ist, und das ganze All sei ein Zusammenklang und Zahl.«
    Philolaos von Kroton, der in der zweiten Hälfte des 5. Jahrhunderts v. Chr. lebte, soll ein umfassendes Werk über die pythagoreische Kosmologie verfasst haben. Philolaos zufolge glaubten die Pythagoreer, dass die Erde nicht feststehend war, sondern ein Hestia genanntes Zentralfeuer umkreiste, das Herdfeuer des Kosmos, wie auch die Sonne, der Mond, die Sterne und die fünf sichtbarenPlaneten – Merkur, Venus, Mars, Jupiter und Saturn – sowie ein weiteres, als »Gegenerde« bekanntes Gestirn, das unsichtbar blieb, weil es sich auf der anderen Seite des Kosmos befand. Ihrer Auffassung nach bewegten sich die Himmelskörper so, dass sie eine himmlische Harmonie herstellen, wie Alexander von Aphrodisias in seinem Kommentar zur
Metaphysik
des Aristoteles schreibt: »Da die Körper, die sich um die Mitte ›des Kosmos‹ bewegen, von dieser in ganz bestimmten Zahlverhältnissen entfernt sind, so verursachen die langsameren von ihnen durch ihre Bewegung einen tieferen, die schnelleren einen höheren Ton, und diese Töne, die entsprechend dem Zahlenverhältnis ihrer Entfernungen erfolgen, bringen infolge dieser ein Geräusch hervor, das eine musikalische Harmonie ist.«
    Dass wir diese himmlische Harmonie nicht hören können, erklärten die Pythagoreer laut Aristoteles wie folgt: »Da es aber unsinnig scheint, dass wir diesen Klang nicht vernehmen, geben sie als Grund hierfür an, dass der Klang schon bei unserer Geburt da sei, so dass er nicht vor dem Hintergrund seines Gegenteils, der Stille, wahrnehmbar sei. Denn Klang und Stille seien lediglich durch den Kontrast, der zwischen ihnen besteht, feststellbar: Wie also die Schmiede aufgrund der Gewöhnung keinen Unterschied bemerken, so gehe es auch den Menschen.« So sind sich gewöhnliche Sterbliche dieser göttlichen Harmonie nicht bewusst. In Shakespeares
Kaufmann von Venedig
erläutert Lorenzo dies der Jessica:
    Sieh des Himmels Boden
    ist ausgelegt mit hellen goldnen Schalen
    Sogar der kleinste Stern, den du da siehst,
    Der singt auf seiner Bahn, so wie ein Engel
    Den Cherubim zusingt mit jungen Augen:
    So füllt die Harmonie unsterbliche Seelen,
    Wir hören sie nur noch nicht, solang diese
    Schlammige Hülle des Verfalls uns festhält.
    Der Dichter und Philosoph Xenophanes (um 570 – nach 478 v. Chr.), ein etwas älterer Zeitgenosse des Pythagoras, soll ein Schüler Anaximanders gewesen sein. Er stammte aus der ionischen Stadt Kolophon, nordwestlich von Ephesos, doch als die Stadt 545 v. Chr. von den Persern eingenommen wurde, floh er aus Ionien und ging nach Großgriechenland. Dort, so Diogenes Laërtios, lebte er in den Kolonien Zankle und Katania, die im 8. Jahrhundert v. Chr. auf Sizilien entstanden, und wurde als Dichter der ionischen Aufklärung bekannt. Auch wenn die überlieferten Fragmente eher von literarischem als von wissenschaftlichem Interesse sein mögen, so haben doch einige seiner zukunftsweisenden Ideen die Entwicklung der Naturphilosophie in Großgriechenland entscheidend beeinflusst.
    Xenophanes wandte sich gegen den anthropomorphen Polytheismus bei Homer und Hesiod; er tadelte sie, denn sie hätten »den Göttern alles zugeschrieben, was bei den Menschen schändlich ist und getadelt wird: zu stehlen, die Ehe zu brechen und sich gegenseitig zu betrügen«. Überhaupt stellten die Menschen die Götter nach ihrem eigenen Bilde dar, zum Beispiel so: »Die Äthiopier sagen, ihre Götter sind stumpfnäsig und schwarz, und die Thraker behaupten, die ihren hätten hellblaue Augen und rote
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