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Planet der Affen

Planet der Affen

Titel: Planet der Affen
Autoren: Pierre Boulle
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primitiven Völkern jemals eine solche Haltung oder eine ähnliche Feinheit der Formen bemerkt hätte. Darauf wusste ich nichts zu antworten – er hatte ja Recht. Professor Antelle, obwohl tief in Gedanken versunken, hatte uns dennoch gehört. »Auch die primitivsten Völker der Erde haben eine Sprache«, gab er zu bedenken. »Dieses Geschöpf hat nicht gesprochen.«
    Wir suchten die Gegend rund um das Wasser ab, ohne jedoch eine Spur der Unbekannten zu finden. Schließlich kehrten wir zu unserem Beiboot auf der Lichtung zurück. Der Professor beabsichtigte, wieder aufzusteigen und zu versuchen, in zivilisierteren Gebieten zu landen. Levain meinte dagegen, wir sollten wenigstens vierundzwanzig Stunden an Ort und Stelle bleiben, um eventuell mit noch anderen Dschungelbewohnern Kontakt aufzunehmen. Ich unterstützte diesen Vorschlag, und der Professor gab nach. Wir wollten uns nicht eingestehen, dass nur die Hoffnung auf ein Wiedersehen mit der Unbekannten uns zum Bleiben bewog.
    Der Rest des Tages verlief ohne weiteren Zwischenfall. Doch gegen Abend, nachdem wir den fantastischen Untergang des Beteigeuze bewundert hatten – ein Schauspiel, das alle menschliche Vorstellungskraft überstieg –, merkten wir, dass rings um uns eine Veränderung vor sich ging. Im Dschungel regte sich etwas, und wir hatten das Gefühl, aus dem Dickicht von unsichtbaren Augen beobachtet zu werden. Trotzdem verbrachten wir, abwechselnd Wache haltend und in unserem Beiboot verbarrikadiert, eine ruhige Nacht. Bei Morgengrauen allerdings stellte sich das Unbehagen wieder ein, und mir war, als hörte ich abermals jene schrillen Schreie, die Nova tags zuvor ausgestoßen hatte. Aber keines der Wesen, die unsere Phantasie beschäftigten, ließ sich blicken.
    Wir beschlossen, noch einmal zum Wasserfall zurückzukehren, und während des ganzen Weges dorthin konnten wir uns des Eindrucks nicht erwehren, dass wir von Geschöpfen, die sich nicht zu zeigen wagten, verfolgt und belauert wurden. Sonderbar – Nova hatte sich gestern ja auch nicht geniert, sich uns vertraulich anzuschließen.
    »Vielleicht sind unsere Kleider daran schuld«, sagte Levain plötzlich.
    Ich hielt das nicht für ausgeschlossen. Ich erinnerte mich genau, wie sich Nova, als sie nach der Tötung des Affen geflohen war, angesichts unserer hingeworfenen Anzüge benommen hatte: Sie war, um ihnen auszuweichen, zurückgezuckt wie ein scheuendes Pferd. »Wir werden ja sehen«, meinte ich.
    Wir zogen uns aus, sprangen ins Wasser und begannen wieder herumzuplanschen, scheinbar ohne darauf zu achten, was um uns herum vorging. Der Trick erwies sich auch diesmal als Erfolg. Nach einer Weile sahen wir das Mädchen oben auf dem Felsvorsprung erscheinen. Sie war nicht allein. Ein älterer Mann stand neben ihr, dessen Körperbau sich in nichts von unserem unterschied. Auch er war völlig nackt. Aus der Ähnlichkeit zwischen den beiden meinte ich zu schließen, dass er der Vater unserer Göttin war. Wie sie beobachtete er uns ratlos und beunruhigt.
    Und dann entdeckten wir nach und nach eine ganze Menge dieser Geschöpfe. Wir bemühten uns weiterhin, unsere gespielte Gleichgültigkeit aufrechtzuerhalten. Sie kamen verstohlen aus dem Wald und bildeten allmählich einen Kreis um den Teich. Es handelte sich durchwegs um kräftige, schöne Menschen, um Männer und Frauen mit goldbrauner Hautfarbe. Große Aufregung herrschte unter ihnen, sie wirkten gereizt und stießen gelegentlich Schreie aus.
    Schließlich waren wir umzingelt. Wir mussten daran denken, was dem Schimpansen widerfahren war. Doch als bedrohlich konnte man das Verhalten dieser fremden Menschen nicht bezeichnen; sie schienen sich ausschließlich für unser Treiben zu interessieren.
    So weit, so gut. Nach einiger Zeit ließ sich Nova – die ich bereits als alte Bekannte betrachtete – ins Wasser gleiten, und die anderen folgten mehr oder weniger zögernd ihrem Beispiel. Wieder begann, wie gestern, das Fangspiel, nur mit dem Unterschied, dass sich diesmal an die zwanzig dieser eigenartigen Geschöpfe schnaubend und planschend um uns herumtummelten, alle mit todernstem Gesicht.
    Nach einer Viertelstunde begann mich das Ganze zu langweilen. Waren wir denn zum Beteigeuze vorgedrungen, um uns hier wie Kinder aufzuführen? Beinahe schämte ich mich für mein Benehmen, musste jedoch bekümmert feststellen, dass sich Professor Antelle bei dem Spiel überaus wohlzufühlen schien. Natürlich – was gab es denn sonst für uns zu tun? Die
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