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Piratin der Freiheit

Piratin der Freiheit

Titel: Piratin der Freiheit
Autoren: Alberto Vazquez-Figueroa , Freiheit_1_.doc
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Schätze mit den schönen Pariserinnen zu teilen, für die er eine besondere Schwäche hatte. Doch ausgerechnet jetzt hatte er nicht den geringsten Schatz zu verteilen. Nur ein mächtiges, allerdings bös zugerichtetes Kriegsschiff und eine geduldige Mannschaft waren ihm geblieben, und die hatte im letzten Jahr nicht die elendste Beute gesehen.
    Und jetzt kam dieser verdammte Engländer und stellte Bedingungen.
    Der Mond schien auf die Stelle, an der noch vor kurzem die berühmte Schenke »Die Tausend Jakobiner«
    gestanden hatte. Mit Wehmut dachte De Graaf an die
    zahllosen Nächte, in denen er dort mit vollen Händen sein Geld beim Glücksspiel zum Fenster hinausgewor-fen und verächtlich die vielen Frauen abgeschüttelt hatte, die nichts anderes als die hochgeschätzte Ehre im Sinn hatten, den Piraten in ihr Bett zu lotsen.
    Das alles lag nun unwiederbringlich hinter ihm. Plötzlich überfiel ihn das Gefühl, alt geworden zu sein, mü-
    de und besiegt: nicht von den Kanonenkugeln Maracaibos, die ein ums andere Mal mit teuflischer Präzision auf seinem Schiff eingeschlagen hatten, sondern von der Zeit und dem Schicksal, die seit jeher die erbittert-sten Feinde des Menschen waren.
    Wer hätte sich denn auch ausmalen können, daß die
    verfluchten Einwohner von Maracaibo so hartnäckig
    Widerstand leisten würden und daß die Erde binnen
    drei Minuten eine ganze Stadt verschlingen konnte?
    Dabei hätte es ihm noch schlimmer ergehen können,
    versuchte er sich zu trösten. Schließlich könnte er jetzt auf dem Grund der Bucht liegen. Kein einziges Schiff hatte der durch das Erdbeben ausgelösten Flutwelle wi-derstanden. Doch es konnte nur ein magerer Trost sein, daß er nun der Einäugige unter den Blinden war.
    Er legte sich zum Schlafen an Deck, machte aber
    kaum ein Auge zu. Das ferne Gelächter und Stimmen-
    gewirr aus den lärmenden Bordellen und Spielhöllen
    Port-Royals fehlte ihm. Um so erstaunter war er, als sich im ersten Morgengrauen eine Schaluppe steuerbords näherte und ein schönes Mädchen voller Respekt um Erlaubnis bat, an Bord kommen zu dürfen.
    »Was willst du?« fragte er barsch. Ein verzweifeltes Freudenmädchen, dachte er, das die Katastrophe überlebt hatte und nun an seine legendäre Großzügigkeit ap-pellieren wollte.
    »Dein Schiff kaufen«, tönte es selbstsicher zurück.
    »Mein Schiff kaufen?« wiederholte der Pirat verblüfft.
    »Hast du auch nur den geringsten Schimmer, was so ein Schiff wie dieses hier kostet?«
    »Habe ich nicht und ist mir auch egal«, stellte Celeste Heredia trocken klar. »Jedenfalls reicht mein Geld, um hundert davon zu kaufen, also entweder läßt du mich jetzt an Bord kommen, oder ich verschwinde wieder.«
    Der Holländer Laurent de Graaf, so munkelte man,
    hatte in seinem Leben mehr Frauen um ihre Unschuld
    gebracht als das gesamte Heer seines Landes. Verblüfft betrachtete er das freche Mädchen, das sich von oben in den provozierenden Ausschnitt blicken ließ, ohne sich dabei auch nur im geringsten zu genieren. Mit den
    Frauen, die im Lauf seines Lebens mit ihm das Bett
    geteilt hatten, hatte dieses seltsame Geschöpf jedenfalls wenig gemein.
    »Komm an Bord!«
    Celeste sprang an Deck, brachte ihr Kleid in Ordnung, schüttelte ein wenig das wallende Haar, das ihr unverwechselbares Gesicht mit den neugierigen Augen um-
    rahmte, holte ein Dokument mit Stempel und Lack-
    siegel hervor und hielt es ihrem Gegenüber unter die Nase.
    »In diesem Kreditbrief steht, daß ich allein auf einer Bank in deinem Land Geld genug habe, um zehn Schiffe damit auszurüsten. Reicht dir das, um Verhandlungen zu beginnen?«
    »Das diskutieren wir doch lieber in der Kajüte.«
    »Wir bleiben besser an Deck. In den Kajüten wird
    über Dinge geredet, zu denen ich bislang keine Lust hatte.«
    »Wie du willst«, erwiderte der andere sarkastisch.
    »Ich hätte dir gern eine Erfrischung angeboten, doch leider habe ich nicht einmal mehr Zitronen an Bord.«
    Trotz allem spielte er den Kavalier, holte ihr einen Stuhl und nahm ihr gegenüber Platz. Dann blickte er ihr erneut tief in die Augen, als wolle er seine gesamten Verführungskünste spielen lassen, und lächelte:
    »Laß deinen Vorschlag hören.«
    »Ganz einfach: Ich will dein Schiff kaufen. Du nennst den Preis. Finde ich ihn angemessen, lege ich dir die Summe sofort auf den Tisch. Bist du zu teuer, warte ich auf ein anderes Schiff. Nur diskutieren werde ich
    nicht.«
    »Feilschen gehört zu jedem guten Handel«, gab
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