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Pink Christmas (German Edition)

Pink Christmas (German Edition)

Titel: Pink Christmas (German Edition)
Autoren: Justin C. Skylark
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bewusst auf Homosexualität, wenn er sich mal zu den Pädophilievorwürfen äußert. Damit soll ja gerade die Kirchenmeinung durchgesetzt werden, dass Schwule krank sind und sich an Kindern vergehen. Aber warum werden denn dann nicht nur Jungen missbraucht? Hier soll doch nur vom eigentlichen Skandal abgelenkt werden, indem man die Schuld einem Sündenbock zuschiebt. Eigentlich müsste man sich doch fragen, was in der Kirche selbst nicht stimmt, wenn dort überhaupt Machtpositionen ausgenutzt werden, um sich an Kindern zu vergehen. Aber an Aufklärung ist man ja nicht wirklich interessiert. Da wird lieber geschwiegen und ausgesessen. Ein Zeichen dafür, dass es doch überhaupt nicht um den Menschen geht, sondern vielmehr um bestehende Machtstrukturen, die bewahrt werden sollen, koste es was es wolle. Anstatt sich der Probleme anzunehmen, werden Kinderschänder von hier nach da versetzt, damit man wieder die Augen schließen kann. Warum behindert die Kirche denn eine staatliche Aufklärung? Warum werden solche Menschen denn gedeckt und auf Kosten von Kinderseelen solche Fälle vertuscht? Hier geht es schlicht darum, Machtstrukturen zu schützen, weil sonst vielleicht der Luxus flöten gehen könnte, den der Verein zu Unrecht genießt. Aber ich als Schwuler, ich bin eine widernatürliche Gefahr und verdiene nicht dieselben Rechte wie ein echter Mensch!“
    Ich bin ganz außer Atem gekommen, weil ich mich so in die Sache hineingesteigert habe. Und das ärgerliche Gesicht von Oliver und das blasse meiner Mutter nehmen mir zusätzlich Luft. Dann merke ich, dass es Henris Arm ist, der mir den Brustkorb quetscht. Ich lass mich gegen meinen Freund sinken und versuche die Anspannung loszuwerden. Henri küsst mir auf den Hinterkopf. Ganz leicht nur. Eine Geste, die mir sagt, dass ich mich beruhigen soll.
    „Was für eine Rede“, grinst Dennis nach einer Weile. „Ich wusste gar nicht, dass du so ein Temperament hast. Und woher weißt du das alles?“
    „Internet“, antworte ich knapp.
    „Vielleicht ...“, fängt meine Mutter an und schluckt erst mal, „... vielleicht können wir ja jetzt ...“ Dann reißt sie plötzlich erschrocken die Augen auf. „Papa!“
    Sofort schauen wir alle zu Opa Kalle hinüber. Für einen Sekundenbruchteil habe ich so eine Ahnung, dass er wegen des Streits einen Herzinfarkt bekommen haben muss und nun blau angelaufen im Sessel liegt. Aber Opa Kalle sitzt ganz normal da und weint. Sein Blick ist quer über den Tisch ins Irgendwo gerichtet, so, als ob er sich an irgendwas erinnert, während ihm die Tränen über das faltige Gesicht laufen.
    Mama springt auf. „Papa, was hast du denn?“
    Erst als sie bei ihm ist, schreckt Opa aus seinen Erinnerungen hoch.
    „Ist – ist alles in Ordnung?“
    „Nichts ist in Ordnung“, sagt Opa böse und steht auf. Ich habe meinen Großvater nie als besonders gesellig oder freundlich erlebt, aber böse war er eigentlich noch nie. Jetzt aber sieht er richtig wütend aus.
    „Papa ...“, fängt Mama wieder an.
    Aber Opa ignoriert sie. Mit drei festen Schritten ist er beim Tannenbaum, packt durch den billigen Schmuck den Stamm und reißt alles ein Stück nach oben. Ich höre den erschrockenen Schrei meiner Mutter und auch Henri neben mir zuckt, als wolle er dem Baum kurzfristig zur Hilfe eilen. Aber alles geht so schnell. Schon liegt der Christbaum mit lautem Geklirr auf dem Boden und Opa stürmt aus dem Zimmer.
    Es dauert einen Moment, bis das Weinen meiner Mutter zu mir durchdringt. Leicht gebeugt steht sie da vor dem gestürzten Weihnachtsbaum und versucht mit beiden Händen auf ihrem Mund die Schluchzer zu unterdrücken.
    „Siehst du, was du angerichtet hast?“, zischt Oliver und erhebt sich unbeholfen, um meine Mutter zu trösten.
    Dennis klopft mir aufs Knie und steht ebenfalls auf. „Ich verzieh mich mal in dein Zimmer, okay?“
    Nur Henri bleibt ganz ruhig sitzen und hält mich noch immer. Es tut gut, jemanden an seiner Seite zu haben, wenn gerade alles um einen herum zusammenbricht.
    Vorsichtig sehe ich Henri an. Ich habe ein wenig Angst, dass er einen Blick drauf hat, der mir sagt: Hab ich nicht gesagt, dass du dich zurückhalten sollst? Oder vielleicht: Vielen Dank, so habe ich mir das erste Treffen mit deiner Familie vorgestellt. Und tatsächlich fühle ich mich auch schuldig. Warum habe ich nicht einfach meine Fresse gehalten und diesen scheiß Weihnachtszirkus geschluckt? Ist ja nicht alles schlecht, was den Stempel christlich trägt. Und
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