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Pinguine lieben nur einmal

Pinguine lieben nur einmal

Titel: Pinguine lieben nur einmal
Autoren: Kyra Groh
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Blick.
    Huihui, süßer Typ, sagen Sophies Augen. Ehrlich? Ist mir gar nicht aufgefallen, lügt mein Blick. Regt euch ab, weist uns Kirsten zurecht.
    »Das steht heute bei mir auch noch an.« Er klopft sich über die Jeanstaschen. »Vergesst ihr auch so oft eure Schlüssel?« Er lacht.
    »Ähm.« Ich sage oft Ähm. Es ist ein tolles Wort, ein Ausdruck universeller Ahnungslosigkeit und Wortungewandtheit. Besser als Ähm ist nur Häh. Während ich mich noch frage, warum Simon einen Schlüssel zu einer Wohnung besitzt, in der er gar nicht lebt, schlage ich vor: »Warum klingelst du nicht einfach?« Ja, das ist doch wirklich mal ein Geistesblitz.
    Aronal-Lächeln, dann: »Ja, daran habe ich auch schon gedacht. Aber es ist niemand da.«
    »Wirklich nicht? Warum?«, platzt es aus mir heraus, was mir einen Wimpernschlag später auch schon peinlich ist.
    Simon lächelt weiter (und er lächelt und er lächelt und wenn er nicht gestorben ist…) und antwortet dann, als gäbe es an meinem Ausbruch nichts zu beschämen: »Ja, Janosch ist im Sport. Schwimmen.«
    Janosch.
    Sport.
    Schwimmen.
    Mit dieser Menge an Informationen bin ich überfordert. Dabei waren es nur sechs Wörter. Mein Gehirn hat allerdings derzeit Semesterferien. Die letzte Hausarbeit habe ich vor einer Woche beendet, daher ist es auf Energiesparmodus eingestellt.
    »Echt?«, ist meine nächste echt saublöde Frage.
    »Natürlich«, ist Simons natürliche Antwort.
    Ich setze ein Lachen auf und versuche mich dabei an der Unbefangenheit, die Simon stets ausstrahlt. Es gelingt mir nicht. Bei mir wirkt es in etwa so, als habe mir gerade eine Taube auf den Kopf gemacht und ich würde versuchen, der Situation etwas Humoristisches abzugewinnen.
    Da nimmt Sophie die Situation in die Hand, und dafür liebe ich sie. »Das ist ja interessant. Macht er das auf Leistungssportebene?«
    Auf Leistungssportebene? Auf diese Frage wäre ich in tausend Jahren nicht gekommen. Aber ich habe ja auch keine Ahnung, was Darwin-Finken sind.
    »Oh, also, er ist richtig gut, soweit ich weiß. Ich bin ja nicht dabei. Janosch ist da… speziell.«
    Wieder entgeht mir sein Zögern nicht. Daher frage ich nach: »Wie meinst du das?«
    Ich kann Simon ansehen, dass er mir nicht zu viele Informationen geben will, während er antwortet. »Er braucht viel Zeit für sich. Er will niemanden dabeihaben. Nur seine Schwester.«
    »Verstehe«, behaupte ich, obwohl ich rein gar nichts verstehe.
    Simon findet schließlich seinen Schlüssel in einer Innentasche der Jacke und steckt ihn ins Schloss. »Ah, ja, warte einen Augenblick.« Er geht kurz in die Wohnung und kommt dann mit einem roten Teller heraus, den ich als meinen eigenen erkenne. »Das war ein super Kuchen. Wirklich. Total lecker. Wie gekauft.« Lachenlachenlachen. »Tut mir übrigens leid, wie das alles gelaufen ist.«
    »Dir tut das leid? Du hast doch damit am allerwenigsten zu tun. Das ist komplett auf meinem Mist gewachsen. Ich bin ein totaler Tollpatsch, weißt du, und dann hab ich mich auch noch ein bisschen doof ausgedrückt gegenüber… Janosch.« Janosch. Janosch.
    »Mach dir keine Gedanken. Er meint es anders, als er es sagt.«
    Komisch. Er benutzt nicht die Floskel: Er meint es nicht, wie er es sagt.
    Ich mache mir natürlich Gedanken. Von mir zu verlangen, mir keine Gedanken zu machen, ist ein Ding der Unmöglichkeit. Man könnte genauso von mir wollen, dass ich spontan einen Marathon in weniger als zwei Stunden laufe. Das geht einfach nicht.
    »Okay.« Okay. Was für ein toller Standpunkt. Okay ist fast schon Ähm, und Ähm ist fast schon Häh.
    Ich gehe langsam die Treppe hoch.
    »Einen schönen Tag euch dreien.« Simons Freundlichkeit trifft mich geballt im Genick. »Der Kuchen war wirklich toll.«
    Oben in unserer Wohnung erwischen wir Cem dabei, wie er sich um fünf Uhr nachmittags (für meteorologisch Unwissende: Zu dieser Zeit ist es hell) das letzte Stück Aufbackpizza in den Mund stopft (für unaufmerksame Leser: Cem ist Moslem und macht Ramadan).
    Nachdem Sophie und Kirsten nach unserem gemeinsamen Essen gegangen sind, liege ich auf meinem Bett und starre an die Decke.
    Es nervt mich, dass mich unbedeutende Dinge nicht loslassen. Meine Gedanken sind Klettverschlüsse, die ständig an Sachen heften bleiben, an die sie sich gar nicht erst heften sollten. Heute haben sie sich an den Informationen festgeklettet, die Simon mir geliefert hat.
    Janosch.
    Janosch. Schon der Name macht mich ganz konfus. Der einzige Mensch, der neben
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