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Pinguine lieben nur einmal

Pinguine lieben nur einmal

Titel: Pinguine lieben nur einmal
Autoren: Kyra Groh
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gut aussieht. Jetzt, da er direkt vor mir steht, ist seine Attraktivität nicht mehr von der Hand zu weisen. Groß, muskulös, braune Haare. Männlich, schießt es mir durch den Kopf. Er sieht männlich aus!
    Es ist Simon, der eine Reaktion zeigt. »Ach, herrje!«, sagt er sehr treffend mit strahlendem, offenem Gesichtsausdruck.
    Ich beginne Simon zu mögen.
    »Ach, herrje!«, wiederholt er noch mal. »Janosch hat mir schon davon erzählt. Das ist eine echt lustige Story.«
    Cem, der Schleimer, stimmt in Simons Kichern ein.
    »Ich wollte nur kurz sagen…« Ja, was eigentlich? Dass ich ein gigantischer Volltrottel bin? »…dass, ähm, mir das alles ziemlich peinlich ist und leidtut. Deshalb wollte ich den Kuchen hier vorbeibringen, als quasi, ähm, Entschädigung. Ich weiß nicht, ob er schmeckt, also, ja, ähm, esst ihn oder auch nicht. Und wir, wir gehen dann mal wieder hoch, nicht wahr, Cem? Wir wohnen nämlich oben in der Vier.«
    Ich neige dazu, wirren Unfug zu stammeln, wenn ich nervös bin. Dass in diesem Fall ein attraktiver Mann der Auslöser ist, macht die Sache nur noch schlimmer. Eigentlich würde ich jetzt lieber geistreich und witzig rüberkommen. Stattdessen manifestiere ich den ersten Eindruck von mir als fahrigem Tollpatsch.
    Schnellen Schrittes gehe ich zu der Küchenzeile, stelle den Kuchenteller darauf ab und husche mit gesenktem Kopf zurück zur Tür.
    »’tschuldigung noch mal, wir wollten nicht stören. Tut mir leid. Wirklich. Ist mir echt unangenehm.« Ich habe es ziemlich eilig, zurück in meine Wohnung zu kommen, weil ich dieses Nichtssagen und das Nichtreagieren nicht ertrage.
    Cem, der wohl immer noch darauf wartet, zum Kaffeekränzchen eingeladen zu werden, macht keinerlei Anstalten, mich zu begleiten, also nehme ich ihn bei der Hand und ziehe ihn hinter mir her.
    »Das mit dem Kuchen ist eine Wahnsinnssache, wollt ihr nicht ein Stück mitessen?«, fragt Simon und sieht mich mit funkelnden Augen an.
    Cem wirft mir einen sehnsüchtigen, flehenden Blick zu, aber ich schmettere das Angebot mit einem unanfechtbaren Argument nieder. »Nein, danke, geht nicht. Es ist Ramadan.«
    MAMA
    Nach dem Anruf meiner Mama kann man für gewöhnlich die Uhr stellen. Zweimal die Woche. Dienstags und freitags, immer gegen vier.
    Meine Eltern leben getrennt, seit ich dreizehn bin. Und das ist okay so. Ich war nie der Meinung, die beiden nach ihrer Trennung wieder zwangsvereinen zu müssen, was mich wohl zu einer Rarität macht. Mir sind getrennte Eltern tausendmal lieber als streitende, weil ich ein Freund von Harmonie bin.
    Wahrscheinlich bin ich meiner Mutter ähnlicher, als ich gerne zugebe. Oft werfe ich ihr vor, kompliziert, streitsüchtig und nervtötend zu sein, außerdem dass sie zu oft an mir rummeckert und zu viel schwatzt.
    Meine Mutter ist eine von der junggebliebenen Sorte. Das heißt jetzt nicht, dass sie eine Frau ist, die von sich selbst behauptet, junggeblieben zu sein. Denn solche sind meistens Überbleibsel der Achtundsechziger, tragen Walla-Walla-Kleider und konsumieren von Zeit zu Zeit gerne Janis Joplin und/oder Marihuana.
    Meine Mutter ist es einfach. Junggeblieben. Sie gibt viel Geld für Kleidung, Schuhe und Abendgestaltung aus, sie hat gerne Dates. In diesem Punkt unterscheiden wir uns wahrscheinlich maßgeblich.
    »Felicitas«, flötet sie in den Hörer.
    »Mama«, flöte ich zurück.
    »Erzähl mir von deinem Wochenende«, fordert sie. »Cem hat sich das doch ausgedacht, oder?«
    Oh, stimmt. Mama und Cem sind Busenfreundinnen. Er besteht geradezu darauf dranzugehen, wenn meine Mutter anruft, damit er vor mir ein bisschen mit ihr tratschen kann. Cem ist für meine Mutter der schwule beste Freund, den sie nie hatte. Und sie ist für ihn die verständnisvolle Erzähl-mir-aus-deinem-Leben-Mutter, die er nie hatte.
    Manchmal lästern sie sogar über mich. Soeben hat Cem sie also über meine Panne mit dem neuen Hausbewohner aufgeklärt.
    »Felicitas, bist du denn wahnsinnig geworden? An fremden Türen lauschen!«
    Der feine Cemiblödi hat ihr also nicht erzählt, wessen Glanzidee das war. Als ich die Sachlage klarstellen will, unterbricht sie mich jedoch: »Man kann nicht immer alles auf die anderen schieben.«
    Jaja. Schon immer so gewesen. Ich habe nie recht, alle anderen dafür aber aus Prinzip. Ich denke, das ist eine weitverbreitete Eltern-Kind-Problematik.
    »Du warst noch nie besonders geschickt.« Auch das hat sie mir schon diverse Male erzählt. »Wenigstens hast du dich
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