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Pilgerspuren: Palzkis siebter Fall (German Edition)

Pilgerspuren: Palzkis siebter Fall (German Edition)

Titel: Pilgerspuren: Palzkis siebter Fall (German Edition)
Autoren: Harald Schneider
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hätte mich besser für eine Hausgeburt entscheiden sollen. Hier bricht
das Chaos aus, wenn ich in der Klinik bin. Muss ich dich daran erinnern, wie du
die Pommes im Wäschetrockner erwärmt hast, weil du den Backofen nicht angekriegt
hast?«
    »Das war learning by doing. Die Pommes waren anschließend richtig
warm, nur etwas trocken. Das konnte ich aber prima mit viel Mayo kaschieren. Aber
dieses Mal hast du uns mindestens 100 Listen geschrieben. Der Kühlschrank ist zum
Bersten voll und das Essen vorgekocht und eingefroren, da kann überhaupt nichts
schiefgehen. Außerdem werde ich die Kinder auch mal zum Pizzaessen einladen oder
so.«
    »Das mit
dem ›oder so‹ habe ich registriert, mein lieber Reiner. Es würde mich kaum wundern,
wenn nach meiner Rückkehr der Kühlschrank immer noch voll wäre.«
    »Aber Stefanie,
das ist doch für Melanie und Paul die Gelegenheit, die Vielfalt der Nahrungsmittel
kennenzulernen. Bisher sind sie ernährungstechnisch ja ziemlich auf dich fixiert.
Lass sie doch auch mal über den Tellerrand schauen, was es sonst noch so Leckeres
auf dieser Welt gibt.«
    Stefanie
stand auf.
    »Das mit
dem Tellerrand meinst du bestimmt nicht wörtlich. In deinen Lieblingsimbissbuden
gibt’s gar keine Teller. Sei aber bitte so gut, und entfremde mir die Kinder mit
deinen Ernährungsmethoden nicht allzu sehr.«
    Ich verneinte
freundlich und ging ins Bad.
    Eine halbe
Stunde später saßen wir beim Frühstück. Es war Sonntag vor Ostern und ein recht
warmer Tag. Der neunjährige Paul und seine drei Jahre ältere Schwester Melanie freuten
sich bereits sehr auf den Familiennachwuchs. Vor ein paar Minuten kam mein Sohn
in die Küche gestürmt und teilte uns folgendes mit:
    »Heute kann
mein Bruder kommen. Ich habe gerade die Autorennbahn aufgebaut. Dann lasse ich es
mit ihm mal so richtig krachen. Mit Papa zu spielen macht keinen Spaß mehr, der
verliert immer.«
    Stefanie
lächelte salomonisch. »Wir haben dir ja schon oft gesagt, dass so ein kleines Baby
in den ersten Jahren kein Spielkamerad für dich sein wird. Zu Beginn wird das Baby
nicht viel mehr machen als schlafen und essen. Außerdem weißt du überhaupt nicht,
ob es ein Junge wird, Paul.«
    »Mama, seit
ich mich erinnern kann, spiele ich mit der Autorennbahn, also vom ersten Tag an.
Es muss ein Junge werden. Die sind viel intelligenter als Mädchen. Mit wem soll
ich denn sonst Autorennen spielen, Mama? Mädchen sind für so etwas zu blöd.«
    Melanie
streckte ihm die Zunge raus und sagte: »Du verwechselst da ein paar Dinge, Paul.
Autorennen fahren ist blöd. Mädchen machen nur intelligente Sachen.«
    Meine Frau
konnte eine Eskalation verhindern und alle friedlich an den Frühstückstisch lotsen.
    Während
ich den für mein Gefühl etwas zu hellen Vollkorntoast aß, erläuterte meine Frau
das Tagesprogramm.
    »Heute wollen
wir endlich mal den Speyerer Dom besichtigen. Das haben wir uns bereits so oft vorgenommen,
und immer kam etwas dazwischen. Wenn es unser Nachwuchs nicht ganz so eilig hat,
fahren wir gleich nach dem Mittagessen nach Speyer.«
    Paul und
Melanie zogen eine Schnute, fügten sich aber. Vorteilhaft war, dass Speyer nur wenige
Kilometer südlich von Schifferstadt liegt. Selbst wenn die Wehen überraschend einsetzen
sollten, konnten wir in kürzester Zeit in der Klinik sein. Da es in Schifferstadt
kein Krankenhaus gibt und die Zahl der Heimgeburten verschwindend gering ist, gab
es den gebürtigen Schifferstadter in der jüngeren Generation, zu der ich mich locker
auch zählte, nur noch in Ausnahmefällen. Fast alle hiesigen Einwohner waren in Speyer
oder Ludwigshafen zur Welt gekommen.
    Zum Glück
kam Stefanie nicht auf die Idee, die Strecke mit dem Fahrrad zurückzulegen. Das
Auto war allemal bequemer. Drei Stunden später ging es los.
     
    *
     
    »Papa?«
    Ich drehte
meinen Kopf leicht in Richtung Paul, der schräg hinter mir saß. »Ja, was gibt’s?«
    Er hielt
einen Prospekt über die Vorderpfalz in der Hand, den er von Stefanie bekommen hatte.
»Was bedeutet eigentlich BASF?« Er sprach den Namen des Unternehmens nicht in einzelnen
Buchstaben, sondern als ganzes Wort aus.
    »Das ist
eine Abkürzung«, erklärte ich ihm. »Sie steht für ›Bälzische Anilin- und Soda Fabrik‹«.
    »Reiner!«
Stefanie intervenierte. »Verwirre Paul nicht mit deinen angeblich witzigen Erklärungen.«
    Ich gab
mich geschlagen. »Mama hat recht. BASF ist die Abkürzung für Badische Anilin- und
Soda Fabrik.«
    Gedanklich
richtete ich mich
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