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Pforten der Hoelle

Pforten der Hoelle

Titel: Pforten der Hoelle
Autoren: Vampira VA
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wohl verraten, wann der eine oder andere sterben würde - und daß all diese Menschen zur genannten Stunde verstarben, lag gewiß nicht an Lyn Shaa .
    So war es Wang im Laufe der Zeit ein Leichtes, das Mädchen als Hexe zu denunzieren. Und unter solcherart »dummgeredetem« Volk verbreitete sich diese Parole wie ein Lauffeuer.
    Schließlich hieß es gar, das Mädchen würde den Tod nicht etwa weissagen, sondern mit seinen Worten erst heraufbeschwören! Und von diesem Punkt bis hin zu dem, da man Lyn Shaas Bestrafung und Schlimmeres verlangte, war es nicht weit .
    Bei Nacht und Nebel stahlen sich die Eltern mit ihrem Kind aus dem Dorf. Die nötigste Habe hatten sie in ihrem alten Wagen verstaut. Darin wollten sie nach Tokio fliehen. Und in der Stadt würden sie eine von tausend Möglichkeit nutzen können, um unterzutauchen und das Heimatdorf zu vergessen.
    Sie kamen nicht einmal bis jenseits der äußersten Häuser.
    Das aufgehetzte Volk erschien, als hätte die Nacht es ausgespuckt. Ein dichter Ring zog sich um das altersschwache Auto, zwang den Vater zum Anhalten.
    Keiner sprach ein Wort.
    Schweigend hatten die Dörfler Lyn Shaa aus dem Wagen gezerrt. Stumm sahen es die Eltern mit an. Allein die Mutter hatte leise geschluchzt, als ihr Kind fortgebracht wurde.
    Inmitten des Dorfplatzes sah Lyn Shaa, welches Schicksal man ihr zugedacht hatte.
    Welchen Tod .
    Trockenes Holz war zu einem Hügel aufgeschichtet worden. Aus der Mitte ragte ein Pfahl in die Nacht auf. Links und rechts hatten sich zwei vermummte Gestalten postiert, jeder eine blakende Fackel in der Hand.
    Lyn Shaa war sicher, daß unter einer der beiden Masken Wangs grinsende Visage steckte.
    Das Mädchen wehrte sich nicht, als man es zum Scheiterhaufen führte. Denn sie hatte eine Vision von ganz besonderer Art.
    Alles würde anders werden. Schrecklich, entsetzlich - aber nicht für Lyn Shaa .
    Dennoch verspürte sie Angst, gewaltiger denn alle Furcht, die sie je zuvor verspürt hatte. Sie wollte nicht, daß geschah, was sie schon jetzt geschehen sah. Und doch war es gerade diese Angst, die es unausweichlich machte.
    Heiß und kochend wallte die Panik in dem Mädchen empor. Und etwas anderes mengte sich hinzu, etwas ganz und gar Fremdartiges, Grauenhaftes .
    Einen letzten Versuch wagte Lyn Shaa, um das Furchtbare abzuwenden.
    »Geht weg! Flieht!« rief sie panisch. »Sonst seid ihr alle des Todes!«
    »Hört, sie will uns verfluchen!« kam es aus der Menge.
    »Sie will uns mitnehmen, die elende Hexe!«
    »Macht ihr ein Ende!« wurde gefordert.
    Zu spät .
    Man kam nicht mehr dazu, das Mädchen auf den Scheiterhaufen zu stellen. Lyn Shaa senkte stöhnend den Blick, und als sie ihn wieder hob - »Seht nur!«
    »Ihr Auge!«
    »Es - brennt!«
    Aber es war viel mehr als Feuer, das aus Lyn Shaas Auge loderte.
    In ihrem Kopf schien eine Sonne zu explodieren. Und Licht und Hitze dieser Explosion waren machtvoll genug, ein ganzes Dorf niederzubrennen!
    Irgendwann - vielleicht war der neue Tag, vielleicht sogar der übernächste längst angebrochen - fand Lyn Shaa sich inmitten eines riesigen Aschefeldes sitzend wieder. Wie durch ein Wunder war Mai Ling, ihre liebste Puppe, nicht verbrannt, und auf eine Weise, an die sich das Mädchen nicht hatte erinnern können, war die Puppe in ihre Hände geraten.
    Genau so hockte sie da, spielend im Staub der Toten, als man sie fand.
    »Komm mit«, hatte der Fremde nur gesagt.
    »Wohin?« hatte sie gefragt.
    »An einen schönen Ort.«
    Ob Monte Cargano ein schöner Ort war, darüber ließ sich streiten. In jedem Fall aber waren das Kloster ein besserer Ort als das Dorf ihrer Eltern und die Illuminati eine bessere Gesellschaft als jene, die Lyn Shaa als Hexe hatten verbrennen wollen .
    * Die Gesandte erwachte wie aus tiefem Schlaf, taumelte einen Moment lang haltlos, bis sie sich an der Wand des Felstunnels abstützen konnte.
    Nie mehr hatte sie sich all dieser Schrecken erinnern wollen. Und mit einemmal wußte sie, daß sie es nie mehr würde tun müssen.
    Ihre Fähigkeit, in die Zukunft zu sehen, war verschwunden, als sie diese andere »Gabe« erhalten hatte.
    Jetzt aber, in diesem Moment, konnte sie über ihr hellseherisches Talent erneut verfügen. Wenn auch nur für einen Moment und in einer ganz bestimmten Angelegenheit. Lyn Shaa sah -- ihren eigenen Tod. Sie stand ihm schon gegenüber.
    Während sie in den Erinnerungen gefangen gewesen war, mußte sie wie ein Schlafwandlerin weitergelaufen sein. Und nun fand sie sich vor
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