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Pfade der Sehnsucht: Roman (German Edition)

Pfade der Sehnsucht: Roman (German Edition)

Titel: Pfade der Sehnsucht: Roman (German Edition)
Autoren: Victoria Alexander
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Stadt Ambropia. Er war überaus vorsichtig und wollte uns das Siegel selbst nicht zeigen, einzig den Lehmabdruck von ihm.« Nate sah seinen Bruder an. Quint hatte mit dem Professor zusammengearbeitet, der vor Jahren eine führende Autorität auf diesem Gebiet war. »Du kannst es unmöglich vergessen haben, denn es war ein beachtlicher Fund.«
    »Ja, natürlich.«
    »Anscheinend ist er vor wenigen Monaten überraschend verstorben.«
    »Wie tragisch«, murmelte Quint.
    »Fürwahr. Sein Bruder, ein merkwürdiger kleiner Bursche, suchte mich einige Tage nach deiner Abreise auf. Er war ziemlich außer sich und beschuldigte uns, oder vielmehr dich …«
    »Mich?«
    »Dein Ruf eilt dir voraus.« Nate verzog das Gesicht. Während er alles daran setzte, ihre Aktivitäten im legalen Rahmen zu halten, hatte es Zwischenfälle gegeben, bevor er sich Quint zugesellte, die zumindest fragwürdig gewesen waren. »Montinis Bruder hegt den Verdacht, dass jenes Siegel durch eines von geringerer Qualität und Alter ausgetauscht wurde. Als er es ahnungslos dem Antiken-Begutachtungskomitee vorlegte, war man dort wenig amüsiert, wie du dir vorstellen kannst.«
    »Sie sind überhaupt selten amüsiert«, raunte Quint.
    »Montini wurde diskreditiert. Sein Bruder behauptet, dass die Beschädigung seiner Reputation maßgeblich zu seinem frühen Ableben beitrug, und will diejenigen finden, die dafür verantwortlich sind.«
    Das Komitee zur Einschätzung und Zuordnung von Funden bei der Londoner Antikengesellschaft entschied über die Bedeutung von Funden der Mitglieder, die in den entferntesten Winkeln der Welt nach Kunstgegenständen suchten, und prüfte Vorschläge für künftige Arbeiten. Anhand der Bewertungen des Komitees entschied der Gesellschaftsvorstand, ob Expeditionen gefördert würden oder nicht. Dabei konnte die Förderung minimal sein, indem die jeweiligen Forscher sich nur mit dem Namen der Gesellschaft schmücken durften, aber auch in einer maßgeblichen finanziellen Unterstützung bestehen.
    »Du solltest erfahren, dass ich seinem Bruder sagte, du hättest Ägypten verlassen und wärst auf dem Weg in die Türkei. Ich vermute, er wollte dir folgen.«
    »Wie reizend.«
    »Man tut, was man kann, für seinen Bruder.« Nate schüttelte den Kopf. »Ein Jammer um Montini.«
    »Gewiss hat er bloß einen Fehler gemacht«, sagte Quint.
    »Dennoch, wenn ich mich an den Abdruck erinnere, den er uns zeigte …«
    »Solche Dinge geschehen fortwährend. Auch du und ich schätzten gelegentlich Funde höher ein, als sie es letztlich waren.« Quint schaute hinunter, nickte zur Menge unter ihnen und wechselte unvermittelt das Thema. »Wessen Idee war es, diesen Ball draußen abzuhalten?«
    Nate lachte. »Was denkst du?«
    »Und Mutter erlaubte es?«
    »Die ganze Woche war sie in Sorge, es könnte regnen und was wir in dem Fall tun sollten. Aber du weißt, wie Reggie ist, wenn sie sich etwas in den Kopf gesetzt hat. Und dies hier ist schließlich ihre Feier.«
    Im zarten Alter von achtzehn Jahren besaß Regina Harrington bereits eine Charakterstärke, die eines Tages der Untergang eines armen Mannes sein würde. Ihre Schwester war das jüngste Kind und das einzige Mädchen, weshalb es weder die Mutter noch die Brüder je übers Herz gebracht hatten, ihr etwas abzuschlagen. Und Reggie hatte beschlossen, dass es eine großartige Idee wäre, unter den Sternen auf der Terrasse zu tanzen, während der Ballsaal für die Dinnertische und die vornehme Konversation herhalten sollte. Die Bedenken ihrer Mutter hatte sie mit der unerschütterlichen Zuversicht abgetan, wie sie einzig junge Damen in ihrer ersten Saison bewiesen. Der Himmel würde es nicht wagen, auf Lady Regina Harringtons Einführungsball herabzuregnen, und er tat es auch nicht. Es war ein idealer Frühlingsabend.
    Nate lehnte sich auf die Balustrade und betrachtete die Gästeschar. »Wann waren wir das letzte Mal im Frühjahr in England?«
    »Ich weiß es nicht genau.« Quint überlegte. »Im letzten Jahr um diese Zeit waren wir in Persien und das Jahr davor in Ägypten, glaube ich, oder vielleicht in der Türkei. Ich kann es dir beim besten Willen nicht sagen, doch es ist lange her.«
    Nates Schätzung zufolge mussten mindestens sechs Jahre vergangen sein, seit sein Bruder und er länger als vier oder fünf Monate in England residiert hatten, in dem Londoner Haus der Familie oder auf dem Landsitz. Ungleich häufiger traf man sie auf der Suche nach den Schätzen in einer versunkenen Stadt in
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