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Peterchens Mondfahrt

Titel: Peterchens Mondfahrt
Autoren: Gerdt von Bassewitz
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Kinder waren so
erstaunt, dass sie gar nichts sagen konnten; sie
schmiegten sich nur ganz dicht an ihre Sternchen und waren sehr froh.
Für einen
Augenblick war es ganz still, dann beugten sich die Sternchen
liebreich, jedes
über sein Kind, hauchten ihnen einen leisen Kuss ins Haar und
sagten mit ihren
silberreinen Stimmchen:
    »Macht schnell,
macht schnell, verliert keine Zeit! Lebt wohl, der Tag ist
nicht mehr weit!«
    Fort waren sie, wie sie
gekommen waren, und die Kinder blieben allein.

Das Beinchen
    »Keine Zeit verlieren!« hatten die Sternchen
gerufen. Nun hieß es also,
schnell das Beinchen zu holen!
    Peterchen machte sich denn auch sofort ans Werk,
kletterte an der Birke
herauf und knüpperte es von dem Nagel, an dem es tausend Jahre
gebaumelt hatte,
während Anneliese unten, die Ärmchen reckend, auf den
Zehen stand, um das berühmte
Urgroßvater-Beinchen in Empfang zu nehmen. Es war ein sehr
feierlicher
Augenblick!
    So! Nun hatte Anneliese das Bein, und sie stolzierten mit
ihrer Trophäe zum
Sumsemann, der sich natürlich schon im ersten Augenblick der
Begegnung mit dem
Mondmann totgestellt hatte. Er lag, als gehöre er
überhaupt nicht dazu. in
einer Ecke, zwischen Giftpilzen und beschimmelten Steinen, ein braunes,
unscheinbares Klümpchen. Es war gar nicht leicht, ihn zu
erkennen. Sie
betrachteten den scheintoten Helden eine Weile und freuten sich, was er
nun wohl
für ein Gesicht machen würde. Dann aber suchten sie
sich an ihm die Stelle für
das Beinchen. Peterchen fand ein kleines Loch unter dem dritten,
schwarz-weißen
Westenstreifen; da musste es bestimmt hin. Anneliese spuckte also
tüchtig auf
das obere Urgroßvater-Beinchenende, und dann drückten
sie es mit vereinten Kräften
in das Loch hinein. Anstrengend war das, ordentlich ächzen
musste Anneliese
dabei. Endlich saß es! Sie probierten und fanden, dass es
wirklich ganz
ungeheuer fest saß, so dass es gewiss nicht so leicht wieder
abgerissen oder
abgehauen werden konnte. Es ist ja bekannt, dass Spucke
wunderschön klebt. Als
sie mit diesem Geschäft fertig waren, gingen sie mit
großer Freude daran, den
Maikäfer zu wecken. Sie rüttelten und
schüttelten ihn; aber er war so in
Angst, dass er sich toter stellte als jemals vorher; und als Peterchen
ihn mit
seinem Namen anrief, brummt er nur immer ganz leise: »Ich bin
tot, ich bin ganz
tot, ich kann nicht mehr tot gemacht werden, weil ich schon ganz tot
bin!«
    Schließlich schrie ihm Peterchen in die Ohren:
    »Herr Sumsemann, Herr Sumsemann! Sehn Sie sich mal
Ihr Beinchen an!«

    Da fuhr der dumme Kerl wie ein erschreckter Floh in die
Höhe und glotzte in
die Gesichter der Kinder. »Hat er euch gefressen, der
Mann?« fragte er ganz
verängstigt, obwohl er doch eigentlich sehen konnte, dass sie
nicht gefressen
waren, weil sie vor ihm standen. Natürlich quietschte
Anneliese nur so vor
Vergnügen über solch dumme Frage. Peterchen aber nahm
eine sehr wichtige Miene
an, zeigte auf das angeklebte Beinchen und sagte noch einmal:
    »Herr Sumsemann, sehn Sie sich bitte Ihr Beinchen
an!«
    Der dicke Kastanienritter schien immer noch nicht recht zu
begreifen, was er
tun sollte, so zögernd sah er nun an sich herunter... Da! ...
als hätte der
Blitz plötzlich vor ihm eingeschlagen, erfasste er, was
vorgegangen war. Er
sprang auf, kreiselte und tanzte um die Kinder herum und sang:
    »Summ - summ - hurra! Summ
- summ - hurra!
Mein Beinchen ist da, mein Beinchen ist da! -
Ich dank'
euch, ich dank' euch viel tausendmal!
Nun hat sie ein Ende, die alte Qual,
Der Sumsemänner fünfbeiniges Leid;
Zwei Kinderchen haben uns befreit
Von dem schrecklichen Fluch. Hurra - hurra -
Das sechste Beinchen ist wieder da!«
    Er war mit dem
ausführlichen Freudentanz, der zu diesem Gesang
gehörte,
noch lange nicht fertig, als er durch eine plötzliche
Erscheinung gestört
wurde, die eine dringende Warnung für die drei Abenteurer
bedeutete. Es war ja
den Kindern gesagt worden, dass sie noch vor Sonnenaufgang wieder zur
Erde zurückkehren
müssten, da sie sich sonst nie wieder vom Monde herunterfinden
würden. Nun
leuchtete plötzlich ein wundersam fremder Schein aus dem
dunklen Himmel über
dem Monde. Der graue Boden bekam eine Farbe gleich grünrot
überlaufenem
Silber, auf allen Bäumen und Pflanzen funkelte der Mondstaub
wie rosenroter
Schnee. Über der höchsten Bergzinne aber, gerade vor
sich, sahen die Kinder im
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