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Peterchens Mondfahrt

Titel: Peterchens Mondfahrt
Autoren: Gerdt von Bassewitz
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der Kanone,
in einem wunderschönen Bogen himmelwärts den Berg
hinauf. Wupp! da saß er
oben auf der Kante des Berggipfels, dicht neben dem Sumsemann. Beide
guckten
sich ganz erstaunt an, aber sie hatten sich noch gar nicht so recht
besonnen -
bums... . wupp! - saß auch schon Anneliese als dritte neben
ihnen. »Ach!«
sagten sie alle drei und sperrten die Mäuler auf. Dann aber
mussten sie über
ihre eigenen, erstaunten Gesichter lachen. Selbst der Sumsemann
grinste, nachdem
er sich vorher genau befühlt hatte, ob auch noch alles heil an
ihm sei. Es war
eigentlich das erste Mal, dass er grinste; seine
Fühlerhörnchen bibberten
ordentlich vor Vergnügen. Er war überzeugt, dass
dieses Erlebnis ihn für alle
Zeiten zum Helden der Maikäfer machen würde. Aus
einer Kanone war noch nie ein
Maikäfer geschossen worden; das war ein Abenteuer, eine Tat
des Mutes und der Männlichkeit,
wie sie noch keiner der vielen Frühlingsritter auf den
Kastanien, Linden oder
Buchen der Erde vollbracht hatte!
    Er erhob sich umständlich, plusterte sich auf, dass
er noch einmal so dick
wurde, wie er sonst war, und spazierte mit sehr komischen stolzen
Gebärden vor
den Kindern umher. ›Ein Denkmal muss mir gesetzt
werden‹, dachte er; ›im Rasen bei der dicken
Kastanie, unter einem breiten
Maiglöckchenblatt und
in der Stellung eines Ritters, der auf einer Kanonenmündung
sitzt. An jedem
Sonntagabend, wenn der Mond kommt, müssen sich alle
Maikäfer der Gegend dort
versammeln und ein feierliches Baßgeigenkonzert mit
Paukenbegleitung
veranstalten. Extra komponiert wird es zur Erinnerung an die Taten des
großen
Nationalhelden Sumsemann.‹
    Er sah wirklich schon beinahe aus wie ein
Maikäfer-Nationaldenkmal, als er
sich nach diesem weltbewegenden Gedanken vor den beiden Kindern
aufpflanzte und
mit geheimnisvoll düsterem Tone sagte:
    »Nun lasst uns das Beinchen suchen gehn, Damit die
Tat vollkommen werde, Und
alle Käfer staunend stehn vor dem Ruhme Sumsemanns auf der
Erde!
    Peterchen und Anneliese mussten
natürlich innerlich ein wenig lächeln über
diesen komischen Stolz des guten Herrn Sumsemann; aber sie
ließen sich das
nicht merken, weil sie höfliche Kinder waren. Sie erhoben sich
also ebenfalls,
strichen ihre Hemdchen glatt, nahmen ihre Sachen und begaben sich auf
die Suche
nach dem Beinchen.

Der Kampf mit dem Mondmann
    Auf dem Monde war eigentlich alles sonderbar und wunderlich;
aber auf dem Gipfel
des Mondberges war es doch am allerseltsamsten. Bäume standen
da, die gar nicht
wie Bäume, sondern wie Baumgespenster aussahen.
Grauweiß waren sie und ganz
gebeugt unter der Last einer uralten Asche, die wohl einst nach
großen Stürmen
auf dem Monde wie Schnee auf ihre Zweige niedergefallen sein mochte.
Jeder Baum
warf einen langen Schatten. Pechschwarz, gleich dicken Tintenstrichen
lagen
diese Schatten auf dem geistergrauen Boden und sahen sehr unheimlich
aus. Hin
und wieder standen große, grünliche Pilze, die gewiss
sehr giftig waren,
zwischen den Wurzeln der Gespensterbäume, und uralter,
eisgrauer Schimmel hatte
alle Steine am Boden dick überzogen. Kein Ton war zu
hören; kein Vogel sang,
kein Lufthauch regte einen Zweig in diesem toten Walde, eisekalt war es
und
grabesstill ringsum. Die Kinder hätten sich gewiss sehr
gefürchtet, wenn sie
Zeit dazu gehabt hätten; aber sie hatten so viel zu tun mit
dem Suchen nach dem
Maikäferbeinchen, dass sie gar nicht merkten, wie unheimlich
es eigentlich hier
oben war. Man fürchtet sich wirklich nur, wenn man nichts zu
tun hat. Das
hatten sie jetzt schon öfter gemerkt. Sie froren nicht einmal,
trotzdem sie
doch nur in ihrem Nachthemdchen waren, so emsig sprangen sie von einem
Baume zum
anderen und suchten nach der Birke mit dem Beinchen. »Hurra!
« schrie
Peterchen plötzlich; »da hängt das Beinchen
- ich sehe es, ich sehe es!«
    Richtig! In
der Mitte eines kleinen, mit Mondstaub und Schimmel
überzogenen
Platzes stand einsam ein Bäumchen, das wirklich aussah wie
eine tief
zugeschneite kleine Birke. Im Stamm dieser Birke steckte ein langer,
rostiger
Nagel, und an einem roten Bändchen hing daran ein einzelnes
Maikäferbeinchen
totenstill in der dunklen Luft. Hellauf jubelten die Kinder, und selbst
den
Sumsemann, dem das Maikäferherz schon wieder beim Anblick
dieses unheimlichen
Waldes in das unterste Rockschlippchenende gerutscht war, packte die
Freude bei
dieser
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