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Persilschein

Persilschein

Titel: Persilschein
Autoren: Jan Zweyer
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von dem Juden in ihrem Haus erzählt hatte. Und Theo Mönch hatte alles bestätigt. Ohne die beiden alten Männer säße Goldstein jetzt vermutlich in irgendeinem Internierungslager und würde auf seinen Prozess warten.
    »Prost, Peter.« Treppmann hielt seinem Schwiegersohn versöhnlich die Flasche entgegen. »Lisbeth hat ja recht. Das ewige Streiten führt zu nichts.«
    Goldstein nickte als Antwort. »Prost, Vater.«
    Sie stießen die Flaschen aneinander. Lisbeth konnte endlich wieder lächeln.
    »Apropos Asyl. Ich habe gehört, dass sich unter die Vertriebenen, die dort Zuflucht gefunden haben, auch einige Nazis gemischt haben sollen. Ganz nach dem Motto: Ich komm aus dem Osten und such einen Posten, meine Papiere sind verbrannt, Hitler hab ich nicht gekannt. «
    Lisbeth lachte auf. »Wo hast du denn den Spruch her?«
    »Erzählte gestern einer im Wartezimmer beim Arzt.«
    Peter Goldstein mischte sich ein. »Ihr solltet euch nicht über diese Menschen lustig machen. Die meisten von ihnen haben ein schlimmeres Schicksal hinter sich als wir.«
    »Die meisten, ja«, stimmte sein Schwiegervater zu. »Aber eben nicht alle.«
    10
     
    Mittwoch, 27. September 1950
     
    Peter Goldstein benutzte wie jeden Tag den öffentlichen Nahverkehr, um in sein Büro in der Herner Innenstadt zu kommen. Er hatte trotz mehrmaliger Aufforderung seiner Vorgesetzten immer noch keinen Führerschein gemacht. Fast dreißig Jahre übte er seinen Beruf aus, ohne selbst hinter einem Steuer gesessen zu haben, und er dachte auch nicht daran, dies zu ändern. Außerdem erlaubte ihm die Fahrt mit der Straßenbahn oder dem Bus, sich auf den neuen Arbeitstag einzustellen, oder, wie heute, einfach die Gedanken schweifen zu lassen.
    Je mehr er über den Einbruch in die Mansarde Schmidts nachdachte, desto mysteriöser erschien ihm der ganze Fall. Bei dem Opfer hatten sich keine Schlüssel gefunden, was den Schluss nahelegte, dass der Mörder diese an sich genommen hatte. Wenn also der Mord und der Einbruch in einem Zusammenhang standen, warum hatte der Mörder dann die Wohnung nicht einfach aufgeschlossen?
    Waren beide Taten jedoch unabhängig voneinander begangen worden, konnte der Einbruch nicht lediglich der Geldbeschaffung gedient haben – schließlich hatten die Einbrecher die Uhr zurückgelassen. Zu übersehen war das wertvolle Stück jedenfalls nicht. Was konnte dann der Grund für den Einbruch sein?
    Im Büro fand Goldstein einen Durchschlag des Berichts der Kollegen, die für Einbruchsdelikte zuständig waren. Er überflog ihn. Doch er enthielt nichts, was der Kommissar nicht schon selbst festgestellt hatte: Die Tür war mit einem stabilen Gegenstand, vermutlich einem Brecheisen, geöffnet worden. Trotz des Lärms, den diese Aktion verursacht haben musste, gaben die Nachbarn an, nichts von der Tat mitbekommen zu haben. Auch waren niemandem in letzter Zeit fremde Personen im Haus aufgefallen. Und keiner wusste, wovon Schmidt seinen Lebensunterhalt bestritten hatte.
    Goldsteins Kollegen vermuteten, dass die Einbrecher gestört worden waren und den Tatort fluchtartig verlassen hatten. Das erklärte auch die verschmähte Uhr.
    Möglich, dachte Goldstein. Aber überzeugt war er nicht.
    Es fanden sich Fingerabdrücke der verschiedensten Art, die meisten jedoch vom Bewohner selbst. Von den restlichen Abdrücken konnte keiner identifiziert werden.
    Auffällig war, dass in der Wohnung persönliche Gegenstände völlig fehlten. Keine Bilder, Privatbriefe, Bücher, Unterlagen. Nur das Schreiben einer Bochumer Bank hatten die Ermittler gefunden, ein halbes Jahr alt. Darin wurde Schmidt aufgefordert, seine Schließfachgebühr zu begleichen. Das Schreiben hatten die Fahnder durch Zufall in einer Jacke entdeckt, bei der es durch eine zerrissene Tasche zwischen Oberstoff und Innenfutter gerutscht war.
    Ein Schließfach!
    Goldstein griff zum Telefonhörer. Augenblicke später las ihm der Kollege, der den Bericht verfasst hatte, den Brief der Bank vor. Goldstein bat darum, ihm das Schreiben zur Verfügung zu stellen. Sechzig Minuten später hatte er den zuständigen Staatsanwalt an der Strippe und nach weiteren zwei Stunden war er im Besitz eines richterlichen Durchsuchungsbeschlusses.
    Der Bankangestellte, dem Goldstein den Gerichtsbeschluss präsentierte, war ungerührt. »Verfügen Sie über den Zweitschlüssel?«, fragte er nur.
    »Nein.«
    »Dann dauert es etwas länger. Ich muss zunächst den Generalschlüssel besorgen. Das ist nur mit Genehmigung meines
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