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Persephones Erbe (German Edition)

Persephones Erbe (German Edition)

Titel: Persephones Erbe (German Edition)
Autoren: Angelika Monkberg
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über Kunst. Gotik, Romanik, Renaissance. Dazu Antike, rauf und runter, Mykene, Knossos, Kykladen. Zuletzt fiel mir ein großer Band über die Caracalla-Thermen in Rom in die Hände. Gerade das Richtige für Landgrafs Bauvorhaben! Ich las mich fest. Und erschrak prompt gewaltig, als die Tür des Baucontainers plötzlich aufging. In der Öffnung stand ein mir völlig fremder Mann.
    Verdammt, ich hatte vergessen abzuschließen. Hoffte ich unbewusst, Landgraf möge mich halbnackt überraschen? Kaum mehr möglich, das Kleid verbarg sowieso so gut wie nichts. Außerdem hatte er mich schon gestern darin gesehen. Allerdings nicht in der Farbe Nude.
    Dem Fremden verschlug das Kleid jedenfalls die Sprache. Wir schwiegen uns eine gute halbe Minute lang an. Er war aber auch ein sehr erfreulicher Anblick. Sein Anzug saß wie maßgeschneidert, dazu trug er teure, blitzblanke Schuhe. Er war doch hoffentlich nicht Landgrafs betuchter Kunde, Malchow?
    Aber dann bewegte er sich. Auf einmal kam er mir vertraut vor. Ich brachte nur das Gesicht nicht unter. Er hatte ein Grübchen am Kinn und eine kleine halbmondförmige Narbe neben dem Mund, die sein Lächeln auf sympathische Weise schief zog, als es breiter wurde. Er grinste wie ein Lausbub.
    »Aber Kati!«
    Guter Gott, Landgraf, glatt rasiert und mit einem Superhaarschnitt. Durch die vielen Wirbel auf seinen Kopf wirkte sein Haar immer noch ein bisschen verwuschelt. Aber er sah richtig gut aus. Jung.
    »Allmächtiger! Sie hätte ich jetzt wirklich fast nicht erkannt.«
    Landgrafs Schultern sackten.
    Scheiße!
    Ich hatte es versaut.
    Es war ohnehin nicht klug. Man fing nichts an, mit seinem Chef. Ich schlüpfte eilig in die High-Heels. Wie ich es mir gedacht hatte: Ich überragte ihn darin um einen halben Kopf.
    »Entschuldigung«, sagte ich lahm.
    »Ist schon okay. Wollen wir?«
    Er half mir in den Mantel.
    Wir fuhren schweigend durch Nürnberg. Landgraf, weil er auf den Verkehr achten musste. Ich, weil ich mich nichts zu sagen traute. Wie mein Stiefvater immer sagte: »Wenn du mit einem Kerl nicht reden kannst, halt einfach den Mund.«
    Wahrscheinlich ein guter Rat. Und ein Frustrierender. Immer, wenn mir ein toller Mann über den Weg lief, war er entweder verheiratet, mein Chef, oder nicht interessiert.
    »So – wir sind fast da!«
    Wir bogen hinter Zirndorf in ein Waldstück ein. Die Bäume verbargen Malchows Besitz tatsächlich vollständig. Noch als wir das Außentor passiert hatten und die lange, von einer Mauer aus gestutzten Eiben umgebene Rampe hinauf fuhren, konnte ich nicht glauben, was vor mir auftauchte: Eine toskanische Villa.
    Malchows Haus stand wie eine Vision auf einem Hügel mitten im flachen Nürnberger Land. Orangen und Wandelröschen in Kübeln dekorierten den Wendekreis für Gästeautos. Wenn es nachts weiter so kalt blieb, musste man die Pflanzen vor dem Erfrieren retten.
    Landgraf stellte sein Auto auf einer von versenkten Pollern markierten Stelle ab.
    »Unter uns ist die Einfahrt in die Garage. Das Haus steht auf einem aufgegebenen
Keller

    Die Betonung, die er dem Wort gab, verriet mir, dass der Hügel, auf dem nun die Villa thronte, früher als Sommerlager einer Brauerei gedient hatte. Vor der Erfindung der künstlichen Kühlung hatte man sich überall in Franken künstlich in Felsen geschlagene Höhlen zunutze gemacht. Im Winter war bei starkem Frost Eis aus Teichen gesägt und in solchen Kellern eingelagert worden, die dann bis in den Juli oder August hinein das Bier in den Felsenkellern kühl gehalten hatte. Meist waren auf solche
Keller
noch Bäume gepflanzt worden, zwischen denen man an heißen Tagen in einem Biergarten sitzen konnte.
    »Hat es hier einst Kastanien gegeben?«, fragte ich.
    »Ja. Schade drum«, sagte Landgraf, »aber wir mussten sie roden. Malchow wollte diese Rampe und die Eibenhecke und zur Gartenseite eine Kaskade. Nichts sollte den Eindruck vom schönen Süden stören.« Er zuckte mit den Schultern. »Der Kunde ist König.«
    Sechs korinthische Säulen trugen einen Portikus, auf dessen Stufen ein Butler wartete. Ein zweiter Angestellter eilte zu unserem Wagen, öffnete Landgraf die Fahrertür. »Darf ich Ihren Mercedes in die Garage hinunterfahren, Herr Landgraf?«
    »Gerne! Kommen Sie, Kati.«
    Wir gingen auf die Villa zu, während Auto und Angestellter in die Tiefe versanken.
    »Soll ich Ihnen etwas gestehen?«, sagte Landgraf leise. »Ich habe den Termin gestern deshalb so schnell festgezurrt, weil ich Angst hatte, Sie
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