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Persephones Erbe (German Edition)

Persephones Erbe (German Edition)

Titel: Persephones Erbe (German Edition)
Autoren: Angelika Monkberg
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ich ein gutes Gefühl. So gut, dass ich mich sogar durch die Unterführung zum Bahnhof gewagt hatte.
    Ich verstaute das Buch über die Reise ins Land der Kimmerer im Rucksack, und zog stattdessen die Kopie der Annonce heraus.
    Armin Landgraf Hoch- und Tiefbau sucht Student/Studentin der Fachrichtung Kunst oder Architektur für circa 20 Stunden pro Woche, befristet. Bitte melden Sie sich persönlich mit Ihren Bewerbungsunterlagen 90459 Nürnberg, Hinterm Bahnhof, Parkplatz vor Restaurant Southside
.
    Rauschen, Finsternis, Tunnel fünf.
    Ich erschrak.
    »Atme bewusst, zähle bis zwanzig.« Die simplen Ratschläge der alten Bäuerin, die mich damals im Urlaub in Kärnten mitten auf der Straße angesprochen hatte, waren bis heute die einzigen, die mir wirklich halfen.
    »Denk an etwas Schönes, mein Kind«, hatte die alte Frau gesagt. »Was du dir vorstellst, geht keinen Menschen etwas an. Oder wen.«
    Aber diesen Teil hatte ich erst später verstanden.
    Ich fragte mich bis heute, wie sie mir angesehen hatte, womit ich mich plagte. Vielleicht war die alte Frau eine Heilerin gewesen, oder einfach weise. Ich war keine Psi. Doch irgendetwas stimmte trotzdem nicht mit mir. Ich erkannte Hexen und Heiler, wann immer ich ihnen begegnete – man konnte sagen, ich roch sie. Obwohl das natürlich kein wirklicher Geruch war, er entstand nur in meinem Kopf. Doch ich täuschte mich darin nie.
    Hexen verbreiteten einen üblen Geruch, Heiler rochen angenehm. Hansen wie frisches Brot. Nur gegen die Stimmen geholfen hatten die Stunden bei ihm leider nicht. Wenigstens nicht langfristig.
    Ich atmete tief durch. Wenn ich angespannt war wie jetzt, wurden der Chor in meinem Kopf besonders schlimm. Ab nächster Woche war ich arbeitslos. Das ging vielen meiner Studienkollegen so, oder zumindest denen aus meiner Fakultät. Alle Geisteswissenschaftler, die ich kannte, schlugen sich mehr oder weniger nur durch.
    Ich verkaufte zur Zeit Blumen, bei Blumen-Gärtner in der Passage am Zentralen Omnibusbahnhof. Doch das Geschäft ging schlecht, die Filiale schloss nächste Woche. So gesehen kam mir Armin Landgraf Hoch- und Tiefbau wie gerufen. Ich ging im Geist noch einmal durch meine Bewerbungsunterlagen. Lebenslauf mit aktuellem Foto, Magisterurkunde Universität Bonn, Zeugnis Technomuseum Mannheim, Zeugnis Magna-Mater Kunstpostkartenverlag, Zeugnis Bundesakademie Wolfenbüttel. Der Beschäftigungsnachweis von Blumen-Gärtner Bayreuth fehlte noch, obwohl ich schon seit einem Monat darauf drang. Zeugnisse für Aushilfskräfte stellte Frau Gärtner senior grundsätzlich nicht aus.
    Ich hoffte, dass ich mir im Herbst endlich wieder Urlaub leisten konnte. Wenigstens einen kurzen, es mussten ja nicht gleich die Norwegischen Fjorde sein. Aber ein Billigflug, drei, vier Tage nach Wien zum Beispiel, das wäre schön.
    Der Regionalzug rauschte aus dem letzten Tunnel. Ich lehnte den Kopf gegen die Fensterscheibe. Draußen weitete sich die Landschaft.

    Armin Landgraf Hoch- und Tiefbau residierte »Hinterm Bahnhof«. Eine sprechende Adresse, die Straße hieß tatsächlich so. Ich entdeckte nach kurzem Suchen auch das Restaurant Southside, es lag ein wenig versteckt zwischen Bäumen. Die drei knallgelb lackierten Baucontainer davor verrieten, dass ich mein Ziel gefunden hatte. Der Weg vom Bahnhof bis hierher war wirklich nicht sehr weit.
    Ich ging quer über den Parkplatz zu dem Container, auf dessen Schmalseite das Schild Büro klebte. Landgraf Hoch- und Tiefbau war mit einem Codeschloss mit Zahlenfeld gesichert, aber sonst war das hier eindeutig ein Provisorium. Ich kam mir in meinem Hosenanzug reichlich overdressed vor. Hoffentlich vermittelten wenigstens meine derbbesohlten Stiefel, dass ich auch für Baustellen taugte. Falls es dazu kam. Ich klopfte an.
    Die Tür wurde aufgerissen, als hätte der Mann, der im Rahmen stand, schon auf mich gewartet.
    »Kommen Sie herein!«
    Er war irgendetwas zwischen Dreißig und Fünfzig, genau sah ich das wegen des wuchernden Bart- und Haupthaars nicht. Straßenköterblond, leicht angegraut, nicht größer als ich. Mein Gegenüber trug eine verwaschene Jeans und trotz der Winterkälte ein kurzärmliges Shirt.
    »Was führt Sie denn zu mir?«
    Er legte beide Hände auf den Werkzeuggürtel, den er um die Hüften trug. Es steckte aber nur ein einsamer Hammer darin.
    »Ich wollte mich bewerben.«
    »Wunderbar! Nehmen Sie doch bitte Platz.«
    Er wies auf den Besuchersessel. Seine nackten Arme waren Gott sei Dank nur wenig
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