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Perry Clifton und die Insel der blauen Kapuzen

Perry Clifton und die Insel der blauen Kapuzen

Titel: Perry Clifton und die Insel der blauen Kapuzen
Autoren: Wolfgang Ecke
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bleiben wird. Trotzdem beschließt er, für den heutigen Abend das Gefühl totaler Zufriedenheit nicht zu verdrängen; der Detektiv begibt sich in die Gaststube und läßt sich dort ein Steak servieren, „extra groß, bitte“.

Mißbehagen

    Mit schweren, wiegenden Schritten, die Schatten von Häusern und Schuppen ausnutzend, nähert sich zögernd ein großgewachsener Mann der Schenke von Mary Rodger. Er bewegt sich nur widerwillig in diese Richtung. Doch dann gibt er sich einen Ruck, und einige rasche Sprünge bringen ihn dicht an die Hauswand, an der er sich nun vorsichtig auf eines der erleuchteten Fenster zuschiebt. Zentimeter um Zentimeter nähert sich sein Kopf der Scheibe... und für einen Augenblick leuchtet ein weißer Haarkranz unter einer dunklen Mütze auf. Der heimliche Beobachter hat gesehen, was er sehen wollte: den Mann, der friedlich (und zufrieden) an einem Steak kaut.
    Mit schnellen Schritten eilt der Weißhaarige davon. Kurz darauf erreicht er schweratmend den Laden von Joe Porter. Noch keuchend läßt er sich auf einen Hocker fallen und ruft dem Mann im grauen Overall zu: „Abend, Joe!“
    Joe Porter betrachtet seinen späten Besucher ohne Begeisterung, und während er einen Stapel Konservendosen zur Seite schiebt, erwidert er alles andere als freundlich:
    „Abend, Tim! Du kannst dich wohl auch nicht an die Geschäftszeit halten. Es ist fast zehn!“
    „Ich will nichts aus deinem elenden Laden, Joe Porter. Es handelt sich um schwerwiegendere Dinge!“ Der Kaufmann macht eine erschrockene Handbewegung und legt mit beschwörender Geste einen Finger auf die Lippen. Gleichzeitig deutet seine andere Hand auf eine offenstehende Tür. Mit drei, vier Schritten ist er dort und klinkt sie ein. „Verdammt, Tim, mußt du immer so schreien? Du weißt doch genau, daß mir Peggy heute im Lager hilft. Bei diesem Verrückten kann man gar nicht vorsichtig genug sein. Also, was gibt’s?“
    „Heute ist ein Fremder gekommen, Joe!“
    Joe Porter blickt verständnislos auf seinen Besucher. „Na und?“
    „Ich sagte, ein Fremder.“
    „Zum Teufel, Tim, du tust ja gerade, als käme sonst nie ein Fremder auf die Insel.“
    „Mit dem ist es anders, Joe!“ Sein Gesicht ist plötzlich ernst geworden. Aus den unzähligen Falten spricht ehrliche Sorge.
    „Mit dem ist es anders!“ wiederholt er nachdrücklich. „Mit dem kommt Unglück über die Insel. Ich spüre das, Joe. Ich habe dafür eine verdammt gute Nase.“
    Joe Porter versucht der Unruhe auszuweichen, die auf ihn überzugehen droht. Deshalb ruft er ein wenig lauter, als er wollte: „Du siehst Gespenster, Tim. Hast du mit ihm gesprochen?“
    Tim Allen nickt. „Ja, ich habe mit ihm gesprochen. Oder besser, er hat mit mir gesprochen.“
    „Na und? Was hat er gesagt?“
    „Daß er auf Turny angeln wolle!“
    Joe Porter atmet erleichtert auf. „Na also. Du kannst einen wirklich erschrecken. Er wird nicht der letzte Angler auf Turny sein, oder?“
    „Er meinte, daß er auch gern einen Hai fangen würde... und so lange dabliebe, bis ihm ein paar hübsche Fische an die Angel gingen. Was sagst du jetzt, Joe?“
    „Das muß ja nichts bedeuten, Tim. Redereien, nichts als belanglose Redereien.“
    „Trotzdem solltest du dem Chef Bescheid sagen!“
    Joe Porter winkt ab: „Soll ich mich lächerlich machen? Du weißt doch, wie der auf Lappalien reagiert. Setz deinen Sohn auf den Fremden an. Er soll ihn aushorchen, denn er hat schließlich eine Menge wiedergutzumachen!“
    Der Alte hat wütend die Fäuste geballt und schlägt sie jetzt auf die Knie. Dazu ruft er zornig: „Wie lange wollt ihr uns das noch aufs Brot schmieren? Machst du nie Fehler?“
    „Bis jetzt jedenfalls noch nicht“, gibt Porter ironisch zurück. Der Fährmann erhebt sich, spuckt auf den Boden und stampft wütend zur Tür. „Du bist doch ein verdammter Halunke, Joe Porter!“
    Mary Rodger stellt das Geschirr auf Perry Cliftons Tisch zusammen und erkundigt sich dabei: „Hat’s Ihnen geschmeckt, Mister Clifton?“
    Perry nickt voller Anerkennung: „Ehrlich gesagt, es ist lange her, daß ich ein so vorzügliches Steak gegessen habe.“

    „Danke, hier auf der Insel werde ich mit Komplimenten nicht gerade verwöhnt.“
    „Aber Mrs. Rodger, eine so junge, hübsche Frau wie Sie wird sich doch über einen Mangel an Komplimenten nicht beklagen müssen. Und außerdem gibt es ja auch einen Mister Rodger.“
    „Oh, mein Mann kann mir nur recht selten Komplimente machen. Der ist Steward auf
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