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Perry Clifton und die Insel der blauen Kapuzen

Perry Clifton und die Insel der blauen Kapuzen

Titel: Perry Clifton und die Insel der blauen Kapuzen
Autoren: Wolfgang Ecke
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Aber versuchen Sie es mal bei Mary Rodger. Ihre Schenke heißt Bei Mary. Dort gibts ein paar Betten.“
    „Also auch Touristen“, stellt Perry fest, doch die Lippen des Fährmanns zucken nur spöttisch. „Ab und zu verirren sich ein paar Verrückte nach dort. Aber selbst die sind nicht verrückt genug, um es länger als drei Tage auszuhalten.“
    „Danke, Kapitän!“ grinst Perry. „Ich wollte schon immer mal einen Verrückten spielen.“ Der Angesprochene macht eine Handbewegung: „Ich wollte nicht persönlich werden. — Turny ist alles andere als ein Paradies... Wie lange wollen Sie denn bleiben?“
    „Oh, das kommt ganz darauf an.“
    „Auf was kommt es an?“
    „Auf meine Angelergebnisse und...“
    „Und weiter?“
    „Auf mancherlei, Kapitän. Unter anderem auch, wie es mir gefällt und, wie gesagt, auf ein paar hübsche Fische.“
    „An welchen Fischen sind Sie denn in der Hauptsache interessiert? Vielleicht an Makrelen?“
    „Auch, aber ich würde selbst einen Hai nicht verachten. Schließlich bin ich ja ein passionierter Angler!“
    Leise sagt der Fährmann zu Clifton: „Hoffentlich zieht Sie kein Fisch ins Wasser.“

    Es ist bereits dunkel, als die Fähre am Steg der Insel festmacht. Der Kapitän hat Perry Clifton den Weg zu Mary Rodgers Schenke so gut beschrieben, daß er sie auf Anhieb findet: ein alleinstehendes Haus, von dem jetzt allerdings nur die Konturen und die erleuchteten Fenster zu erkennen sind.
    Perry betritt die Gaststube, über der ein blauer Himmel aus Tabakqualm hängt. Wie auf Kommando verstummen die Gespräche der zahlreichen Gäste, die ihn ansehen, als sei er soeben den Tiefen des Ozeans entstiegen.
    Perry hat gleich die Theke und eine junge Frau dahinter entdeckt. Ohne sich um die neugierigen Blicke der Gäste zu kümmern, steuert er auf die Theke zu, setzt dort sein Gepäck ab und wendet sich an die junge Frau.
    „Guten Abend, sind Sie Mrs. Rodger?“
    Die Frau nickt. Perry schätzt sie auf Ende zwanzig und findet sie ausgesprochen sympathisch.
    „Mein Name ist Clifton. Man hat mir gesagt, daß ich bei Ihnen für einige Zeit ein Zimmer bekommen könnte.“ Mary Rodger nickt abermals. „Ja, Mister Clifton, wenn Sie mit dem vorliebnehmen wollen, was ich Ihnen bieten kann. Kommen Sie aus Exeter?“
    „Nein, aus London. Ein Freund hat mir erzählt, daß man hier noch ungestört angeln kann.“
    Mary lächelt ein wenig bitter.
    „Ja, damit hat Ihr Freund sicher recht. Das ungestörte Angeln dürfte einer der wenigen Vorzüge Turnys sein. Sonst ist hier nicht viel los. Darf ich Ihnen das Zimmer einmal zeigen?“
    „Gern, Mrs. Rodger!“ erwidert Perry. „Soll ich mein Gepäck gleich mitnehmen?“
    „Bitte, wenn Sie wollen.“
    Mary Rodger ergreift Perrys Angelruten und fuhrt ihn über eine knarrende Holztreppe mit vielfältig geschnitztem Geländer hinauf in den ersten Stock, wo sie auf einen Raum zur Rechten der Treppe zusteuert. „Von diesem Zimmer haben Sie Aussicht auf’s Meer.“
    „Fein! Das Haus ist wohl schon ziemlich alt?“ erkundigt sich Perry, während er der Wirtin in das Zimmer nachgeht.
    „Über zweihundert Jahre. Riechen Sie die Vergangenheit
    nicht?“
    „Nicht gerade unangenehm, dieser Geruch“, gibt Perry mit Augenzwinkern zurück.
    „Warten Sie nur auf die Nacht, dann werden Sie die Vergangenheit auch noch hören.“
    „Nun sagen Sie nur, daß es hier im Hause spukt.“
    „Nein, Spuk würde ich das nicht nennen. Es sind die Holzwürmer, die mit Vorliebe bei Nacht ihr Tagwerk beginnen.“ Perry Clifton lacht. „Okay, ich nehme das Zimmer auch mit den Holzwürmern. Es gefällt mir ausgezeichnet.“
    Mary Rodger schielt ihren neuen Gast mißtrauisch von der Seite an. Aber der Detektiv ist wirklich zufrieden. Die uralte Einrichtung wirkt anheimelnd und behaglich auf ihn.
    Allein das breite, geschnitzte Holzbett mit einem riesigen Berg Federbetten darauf! Die beiden kleinen Fenster werden von braun-weiß gewürfelten Gardinen eingerahmt, und auf dem Boden liegt ein Teppich aus grobgewebter Schafwolle.
    „Mit Frühstück zwei Pfund die Woche, Mister Clifton.“
    „Selbstverständlich, Mrs. Rodger!“ Lächelnd entfernt sich die Frau.
    Perry aber geht zu den Fenstern, öffnet sie und streckt sich, als habe er soeben zwanzig Stunden geschlafen.
    Wenn sich die anderen Dinge auch so prächtig anlassen, dann werden es wirklich Ferien. Es lebe Sir Arthur White! denkt Perry Clifton und ahnt doch, daß das angenehme Zimmer der einzige Lichtblick
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