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Perlenregen

Perlenregen

Titel: Perlenregen
Autoren: Kirstie Papers
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Aufgekratzt bespreche ich mit Kathi die Details. So langsam beginne ich, mich ein bisschen für Moritz zu interessieren. Er sieht hübsch und sympathisch aus. Leon ist ein Traummann, Moritz ist real. Es wird Zeit, dass ich in der Wirklichkeit ankomme. Ich muss endlich erwachsen werden.
    ***
    In den nächsten Tagen lenke ich mich mit Arbeit ab. Wenn ich in der Apotheke stehe, vergesse ich alles um mich herum – der Job gibt mir Sicherheit. Meine saubere und gebügelte Arbeitsbekleidung, die ordentlich aufgereihten Medikamente und das genaue Tröpfeln mit der Pipette verschaffen mir eine innere Ruhe, die ich sonst nicht habe. Meine Exfreunde fanden mich meistens penibel und überkorrekt. Aber was kann ich dafür? Ich mag eben eine geordnete Umgebung. Auf den Kundenkontakt könnte ich verzichten;  im Gegensatz zu meinen Kolleginnen, die laut „Hier!“ rufen, wenn es um Beratung und Verkauf geht. Ich stehe lieber im Labor und tauche in die Welt der Medizin ein. Das ist vermutlich auch genau mein Problem mit den Männern. Die meisten sind so unordentlich! Alle Frauen schimpfen über Socken vorm Bett und dreckiges Geschirr, das nicht in die Spülmaschine geräumt wird. Aber für mich ist das nicht nur ärgerlich – mir bereitet das regelrechte Bauchschmerzen! Mit solch einem Menschen könnte ich nicht zusammenleben, niemals. Leon ist bestimmt anders. Ein Juwelier legt sicherlich Wert auf ein ordentliches Umfeld und aufgeräumte Schubladen. Dass ich mich irre, halte ich fast für ausgeschlossen – aber vielleicht ist Moritz auch so. Können Eishockey-Fans überhaupt sauber und gewissenhaft sein? Es wäre zumindest sehr beruhigend.
    Sonntagmittag bin ich perfekt fürs Stadion gekleidet. Dunkle Jeans, champagnerfarbene Loafer, eine himmelblaue Bluse – sportlich-elegant und absolut eishockeytauglich. Der Lidschatten passt zur Bluse, die Tasche zu den Schuhen; ich fühle mich sauwohl, als Moritz pünktlich bei mir klingelt.
    Sein Outfit ist normal. Nicht spektakulär, aber ordentlich und passend. Gott sei Dank baumelt kein hässlicher Vereinsschal um seinen Hals. Die Frisur ist okay, die Schuhe… na ja. Sneaker. Punktabzug, aber wir gehen zu einer Sportveranstaltung. Ich muss unbedingt meinen Perfektionismus in den Griff bekommen.
    „Hallo!“, sage ich, während ich Schlüssel von außen in meine Tür stecke.
    „Na? Hast du es so eilig? Darf ich dein kleines Reich nicht betreten?“, fragt Moritz ein bisschen zynisch. Was soll das denn jetzt? Er wollte mich doch abholen und nicht besuchen.
    „Ich dachte, das Spiel geht gleich los...?“
    „Wir hätten schon noch eine viertel Stunde Zeit. Aber ist ja auch egal. Fahren wir schon mal los und suchen uns einen guten Platz. Wir werden übrigens stehen. Ist klar, ne?“
    „Ach so. Nein, das wusste ich nicht, aber ich war auch erst einmal beim Eishockey. Kein Problem, ich stehe gerne.“
    Im Lügen bin ich wirklich ein ganz großer Meister. So ein Mist. Ich kann mich gut daran erinnern, dass solch ein Spiel noch länger dauert als beim Fußball. Drei statt zwei Halbzeiten sozusagen, dafür aber kürzer. Wieso lass ich mich auch von einem wildfremden Pizzaboten zu solch einem Blödsinn einladen? Kathi kann was erleben! Stundenlang rumstehen und vermummten Typen beim Schlittschuhlaufen zugucken – der perfekte Sonntagnachmittag. Ich würde am liebsten umdrehen und mich auf mein Sofa schmeißen, aber trotte stattdessen neben meiner neuen Bekanntschaft zu dessen Auto.
    Moritz ist irgendwie komisch. Er tut auf der einen Seite so, als würden wir uns schon ewig kennen. Auf der anderen Seite wirkt er wie ein Wildfremder auf mich. Neben ihm im Auto zu sitzen – immerhin ein Audi – fühlt sich nicht richtig an. Wir berühren uns nicht, lächeln uns nur manchmal an. Ich glaube auf einmal überhaupt nicht mehr, dass ich mich in ihn verlieben könnte. Das hier wird eine Pleite. So ein Mist, das wievielte überflüssige Date wird das werden?
    Im Stadion ist bereits eine Menge los. Wir drängeln uns zu einem von Moritz angepeilten Tribünenplatz durch. Aus Musikboxen dröhnt ohrenbetäubender Lärm, auf der Eisfläche ziehen ein paar Kinder ihre Bahnen. Ich fühle mich verloren und fehl am Platz. Moritz scheint sich kaum für mich zu interessieren. Er dreht den Kopf von links nach rechts, hoch und runter, begrüßt lauter Leute mit „Hey, auch hier“ und „Hast du schon getippt“. Für ihn ist das offenbar ein Sonntag wie jeder andere. Vielleicht hat er auch jedes Wochenende
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