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Perlen im Sand

Perlen im Sand

Titel: Perlen im Sand
Autoren: Pepper Espinoza
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Menge Schmerz und Verwirrung ersparen sollte. Er musste den Mann nicht einmal treffen. Er müsste keine peinlichen Erklärungen abliefern, warum er ihn nicht heiraten konnte oder warum er sein Leben im Zölibat und stiller Ergebenheit verbringen wollte.
    Er konzentrierte sich stärker auf den Mantel, bürstete ihn beinahe aggressiv. Jag war ein gebildeter Mann. Seinem zukünftigen Ehemann und seinem Haushalt hatte er eine Menge zu bieten. Was er nicht wusste, würde er lernen. Jag war nicht sicher, warum es ihm so viel bedeutete, ein guter Ehemann und Partner zu sein, aber wenn er die Zeremonie vollzog, wollte er nicht, dass Brace es bereuen musste. Er wollte seiner Familie keine Schande machen, indem er zurückgeschickt wurde, eine erneute Belastung für sie, ein weiteres Maul, das gestopft werden musste.
    Man musste nicht jungfräulich sein, um das Gelübde abzulegen. Er konnte seine Hochzeitsnacht haben, dann den Ring zurückgeben und sein Leben wie geplant fortsetzen. Das klang nach einem vernünftigen Plan, aber der Gedanke widerte ihn an. Seine Eingeweide zogen sich zusammen. Es war unehrenhaft und nicht die Art von Verhalten, die für einen Priester der Göttin angemessen war.
    Das Licht fing den Glanz der Perle ein und er unterbrach das Bürsten lange genug, um die Perle erneut zu betrachten. Ihre Schönheit ließ sein Herz verkrampfen. Wie konnte etwas so stark und gleichzeitig so zerbrechlich wirken? Er fragte sich, ob die Perle ein wenig wie Brace war.
    Er konnte den Mann treffen. Er konnte Brace eine Chance geben. Das würde sie beide zu nichts verpflichten. Jag wollte nur das Richtige tun. Für sie alle.
     

 
    Kapitel 2
     
     
    Brace versuchte immer wieder, mit dem Ring herumzuspielen, der nicht mehr an seinem Finger steckte. Es war eine nervöse Angewohnheit, die er entwickelt hatte, kurz nachdem er den Ring geerbt hatte, und jetzt konnte er sich nicht davon abhalten, nach dem nicht mehr vorhandenen Ring zu greifen.
    Wenn sein Vater wüsste, dass er das Familienerbstück als Hochzeitsgeschenk angeboten hatte, hätte sein alter Herr wohl damit gedroht, ihn zu enterben. Oder die Hochzeit womöglich abgesagt. Aber sein Vater war tot, der Ring gehörte Brace und er hatte keinen Grund, nervös zu sein.
    Unglücklicherweise war es egal, wie oft er sich das sagte. Während er darauf wartete, dass sich die Schlafzimmertür öffnete und der Fremde, der sein Ehemann sein würde, eintrat, wurde sein Unbehagen immer stärker. Er lief auf und ab. Er fuhr sich mit den Fingern durch die Haare und fragte sich, ob er noch zum Barbier hätte gehen sollen. Er strich über seinen Bart und fragte sich, ob er sich hätte rasieren sollen. Vielleicht hatte er noch Zeit.
    Aber spielte das überhaupt eine Rolle? Falls Familie Martin gelogen hatte, was eindeutig im Bereich des Möglichen lag, und der junge Jag nicht mit einem Mann verheiratet werden wollte, hätte er vollkommen haarlos sein können und würde trotzdem zurückgewiesen werden. Sein Ring würde trotzdem verkauft werden. Er würde mit leeren Händen nach Hause geschickt werden und wie zuvor allein sein.
    Brace durchschritt die große Zimmerflucht und überprüfte alles zweimal. Es gab einige Dinge, an die er sich halten musste, bestimmte Traditionen, denen er folgen musste. Und die Martins hatten an alles gedacht. Ein Altar für die Göttin mit einer angemessenen Anzahl an Kerzen für den ehelichen Segen nahm eine ganze Wand ein. Die Kerzen verströmten ein leichtes und doch intensives Aroma, das Brace an das Meer erinnerte.
    Die Euclid-Provinz lag tiefer im Inland als alle anderen und Brace bekam das Meer nur zu sehen, wenn er geschäftlich an die Küste reiste. Aber die Küstenmenschen waren dem Meer treu ergeben und es überraschte Brace nicht, dass ihre Andachten den Duft von salziger Luft und Seetang enthielten. Ein Teppich hing an der gegenüberliegenden Wand, bestickt mit der aufgehenden roten Sonne über silbernem Wasser. Die anderen beiden Wände waren kahl und nur im bläulichen Ton eines Vollmondes gestrichen.
    Die Familie mochte am Rande der Armut stehen, doch sie hatte nicht an der Hochzeitsnacht ihres Sohnes gespart. Das Zimmer war mit dem besten Essen und den erlesensten Weinen bestückt, das Bettzeug war aus Seide und die Kissen weich. Das Essen war für Brace von besonderem Interesse, da sich auf dem Tisch Delikatessen befanden, die er seit seiner Jugend nicht mehr gegessen hatte: Die Augen einer Seeschlange, schwarze Haiflossen, süßer, roher
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