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Perlen im Sand

Perlen im Sand

Titel: Perlen im Sand
Autoren: Pepper Espinoza
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Gewicht dieser Erkenntnis lastete schwer auf seinen Schultern, grub sich in seine Haut und brannte sich in sein Fleisch. »Warum sollte er mir so etwas schenken? Er kann unmöglich glauben, dass ich ihn heirate, wenn… Will er nicht, dass ich ihn heirate?«
    Drake zuckte mit den Schultern. »Ich weiß es nicht. Und niemand wird nach dem Geschenk fragen oder versuchen, Eure Entscheidung zu beeinflussen. Es liegt ganz bei Euch.«
    Erneut wollte Jag protestieren, dass das alles nicht fair war. Wie konnten sie ihn zu diesem Entschluss zwingen, wenn die einzige Entscheidung, die er bisher in dieser ganzen Sache hatte treffen dürfen, die Wahl des Geschlechts seines zukünftigen Partners gewesen war?
    Von seinem Vater: Willst du einen Mann oder eine Frau heiraten? Wir haben für beide angemessene Bewerber. Von seiner Mutter: Es tut mir leid, Jag.
     
    Ihm waren keine Namen genannt oder Bilder gezeigt worden, geschweige denn, dass man ihm die Chance gegeben hätte, mit einem potentiellen Verehrer zu sprechen. Er hatte seine Treue an einen Mann verpfändet, den er noch nie gesehen hatte, und nun erwartete man von ihm, dass er sich zwischen seiner Freiheit und dem Ehrenwort seiner Familie entschied?
    Warum sich mit den vorläufigen Maßnahmen der ersten Zeremonie quälen? Was waren die Konsequenzen, wenn er sich dazu entschied, das Geschenk zu verkaufen? Es musste Konsequenzen haben. Zweifellos etwas Schlimmes. Diese Entscheidung hatte einen Haken.
    »Wann werden sie mich holen?«, fragte Jag mit tauben Lippen.
    »Mitternacht. In zwei Stunden. Dann wirst du in die Hochzeitssuite gebracht.« Eigentlich war es die Hauptsuite seiner Eltern, aber sie waren eine Woche vor der Zeremonie ausgezogen und hatten sie umbauen lassen. In was wusste Jag bis jetzt noch nicht. Er hatte den Raum nicht sehen dürfen.
    »Aber wir werden nicht offiziell verheiratet sein, bis… bis ich mich entschieden habe, ob ich das Geschenk behalte, oder nicht?«
    »Genau.«
    Jag wandte sich seinem Zimmer zu, hielt kurz inne und sah noch einmal zu Drake. »Was würdest du tun?«
    »Ich würde die Perle verkaufen.«
    Überrascht von Drakes unverblümter Antwort fragte Jag sich, ob er einem Oger oder einem Troll von einem Mann versprochen worden war. »Hast du Brace getroffen?«
    »Ja, habe ich.«
    »Wie ist er?« Das war nicht wirklich die Frage, die er hatte stellen wollen. Er wollte wissen, ob Brace gut aussehend oder zumindest ansprechend war. Er wollte wissen, ob Brace noch alle Zähne hatte. Ob er jemals lächelte. Er wollte wissen, ob Brace Rivers grausam oder schüchtern oder abgestumpft war. Er wollte fragen, ob Rivers ihn glücklich machen würde.
    »Er ist einsam. Ich glaube, er hat nie erwartet zu heiraten.«
    »Warum?« Jag konnte die Angst in seiner Stimme hören. »Ist er eine Art Monster?«
    Drake schüttelte den Kopf. »Nein, aber er würde keine Frau akzeptieren. Und die meisten Familien würden nicht zustimmen, ihre Söhne an einen anderen Mann zu verheiraten. Sie würden nie Enkelkinder bekommen und der Familienname würde nicht weitergetragen werden. Eure Eltern sind eine Ausnahme, weil es ihnen sehr leid tut, dass sie Euch das überhaupt antun müssen.«
    Euch das antun müssen. Als ob es eine Bestrafung wäre. Oder ein Verbrechen. Seine Eltern begingen an ihm ein Verbrechen. Eine kriminelle Handlung, die seinem passiven Körper angetan wurde; sie hatten ihm die Priesterschaft versprochen und nun nahmen sie sie ihm wieder weg, weil sie das Recht dazu hatten und es tun mussten. Er wusste, dass die Hausgemeinschaft es so betrachtete, aber Jag sah es unter diesen Bedingungen anders. »Danke, Drake.«
    »Ihr wart immer ein guter Junge, Jag.« Jetzt wurden sein grimmiges Gesicht und seine steife Haltung etwas weicher und für einen Moment glaubte Jag, Drake würde ihn umarmen. Aber der Augenblick zog vorbei und Drake trat einen Schritt zurück, hielt wie immer dieselbe professionelle Distanz zwischen ihnen.
    Jag schloss die Tür hinter sich und legte den Ring zurück in das Kästchen. Er hatte gerade nicht die Zeit, um darüber nachzudenken. Er musste sich anziehen. Der Hochzeitsanzug war aufwendig geschneidert und Drake würde ihm beim Anziehen helfen müssen. Brace würde ihm dann beim Ausziehen helfen. Das warf nur weitere Fragen über den Bräutigam auf. Würde er die Geduld haben, die unzähligen goldenen Knöpfe zu öffnen? War er so geschickt? Es war einfach, sich einen Mann mit großen Händen, krummen, dicken Fingern und rauer Haut
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