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Perfekte Manner gibt es nicht

Perfekte Manner gibt es nicht

Titel: Perfekte Manner gibt es nicht
Autoren: Cabot Meg
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schafft, kann ich es auch. Natürlich … ich rede einfach nicht mit ihm. Nur weil mein Exfreund mit seiner Exfreundin abgehauen ist, müssen wir uns noch lange nicht unterhalten. Früher habe ich auch nie mit ihm gesprochen, wenn sich’s vermeiden ließ. Also werde ich jetzt sicher nicht damit anfangen.«
    Von diesem Entschluss ermutigt stand sie auf, hängte ihre Handtasche und die wesentlich schwerere Laptoptasche über die Schulter und ging zur Damentoilette. Die war gar nicht so schlimm, wie sie erwartet hatte. Das Licht über dem Waschbecken war einigermaßen gnädig. Bei genauerer Betrachtung schien es ihr dann doch ein wenig zu hell. Nur allzu deutlich sah sie die dunklen Ringe unter ihren Augen.
    Mit feuchten Tüchern, die sie auf ihre widerspenstigen kastanienroten Locken presste, löste sie das Ketchup-Problem. Aber die violetten Schatten waren schwieriger zu entfernen. Sie nahm einen Concealer aus ihrer Tasche. Wunderbarerweise erzielte er die gewünschte Wirkung. Schade, dachte sie, dass es keinen Concealer für mein Leben gibt. Dein Exfreund
ist schuld an deinem geringen Selbstwertgefühl? Tupf einfach ein bisschen was von diesem Stift drauf, und voilà – blitzschnell ist er verschwunden, als hätte er niemals existiert.
    Ein Concealer für emotionale Narben. Lächelnd musterte sie ihr Spiegelbild. Gute Idee … Vielleicht sollte sie so was in ihrem Roman verwenden.
    Dann erlosch ihr Lächeln. Lippenstift. Ja, den brauchte sie dringend.
    Ganz unten in ihrer Handtasche fand sie einen und zog sich die Lippen nach. Viel besser. Nun sah sie beinahe wie ein menschliches Wesen aus. Wenn sie die Damentoilette verließ und ihrem Exfreund zufällig über den Weg lief, würde er wohl kaum merken, was für ein emotionales Wrack er aus ihr gemacht hatte. Und ihrem Hometrainer, auf dem sie sich so viele Stunden abgerackert hatte, um Barry aus ihrem System herauszuschwitzen, verdankte sie sogar eine straffere Figur. Außerdem hatte sie abgenommen, nachdem Barry aus ihrem Bungalow ausgezogen war. In jener deprimierenden Lebensphase hatte sie nur Erdnusskrokant bei sich behalten können. Seither wirkte sie fast so ätherisch wie die dritte Mrs. Tim Lord.
    Fast. Nicht ganz. Denn in Lous ehemals vertrauensvollen braunen Augen – die ihre Brüder stets Golden-Retriever-Augen genannt hatten, – lag nun eine gewisse Vorsicht, die sie eher irdisch als himmlisch erscheinen ließ.
    Jetzt im Moment konnte man ihren Blick höchstens mit den Augen eines Golden Retrievers vergleichen, der ein Frostschutzmittel gefressen hatte.

    Barry, dachte sie, und die braunen Augen im Spiegel verengten sich. An allem bist nur du schuld.
    Doch das stimmte nicht. Sie wusste es nur zu gut. Wenn irgendjemand für die Ereignisse verantwortlich war – dann sie . Niemals hätte sie sich in Barry Kimmel verlieben dürfen.
    Erstens war er ein Schauspieler. Und wenn Lou während der Jahre in L.A. irgendwas gelernt hatte, dann dies: Einem Schauspieler sollte man nicht vertrauen – und sich schon gar nicht in so einen Kerl verlieben.
    Aber wie hätte sie das wissen können, damals in der Highschool auf Long Island? Obwohl sie in derselben Straße aufgewachsen waren, hatte Barry niemals von der unbedeutenden Lou Calabrese Notiz genommen – bis zum letzten Schuljahr, wo sie endlich den Babyspeck abgelegt hatte und den Leuten abgewöhnen konnte, sie »Möhre« zu nennen – mithilfe einer Tönung, die ihre kupferroten Locken in mahagonifarbene verwandelte. Und da fragte Barry, ob sie mal mit ihm ausgehen würde. Einfach so. Barry Kimmel, der großartigste Junge in der Theatergruppe der Bay Haven Central Highschool.
    Großartig, ja. Und für eine Weile – für sehr lange Zeit – hatte das genügt. Aber trotz ihrer Begeisterung war Lou schon am Anfang der Beziehung unsicher gewesen. Gewiss, Barry war fabelhaft. Das ließ sich nicht bestreiten.
    Aber – Humor? Besaß er auch nur ein kleines bisschen Humor? Nein. Klar, nur wenige Leute teilten die Vorliebe der temperamentvollen Calabrese-Familie für derbe Scherze. Aber Barry fand sie ganz besonders widerlich. Durfte sie ihm das verübeln, wo er doch die
bevorzugte Zielscheibe ihrer Brüder für alberne Streiche gewesen war?
    Und seine Launen? Immer wenn er glaubte, seine Mitmenschen – sei es der Schauspiellehrer, die anderen Schauspieler oder Lou – würden ihn nicht genug beachten, verkroch er sich in seinem Schmollwinkel.
    Okay, Barry war ein Künstler. Niemand, und am allerwenigsten Lou – das
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