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Perfekte Manner gibt es nicht

Perfekte Manner gibt es nicht

Titel: Perfekte Manner gibt es nicht
Autoren: Cabot Meg
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Vielleicht kann er uns erklären, warum sich unser Flug verzögert.«
    Der kompetente Gentleman war tatsächlich ein Mitglied der Crew, überraschenderweise der Pilot. Höflich erläuterte das kräftig gebaute Individuum, das eine Wollmütze trug: »Wir warten nur noch auf Mr. Townsend. Dann starten wir.«
    Lou traute ihren Ohren nicht. »Mr. Townsend?«, wiederholte sie heiser und riss die Augen auf. »Heißt das, wir warten auf Jack Townsend ?«
    Nur mühsam konnte der Pilot seinen Blick von der faszinierenden Vicky abwenden, aber er schaffte es schließlich. »So ist es, Ma’am«, bestätigte er, zu Lou gewandt, bevor er widerstrebend davonstapfte – so wie alle Männer fühlte er sich zu Vicky Lords ätherischer Schönheit hingezogen wie eine Motte zum Licht.
    »O mein Gott!« Mit bebenden Fingern umklammerte Lou die Tischkante und starrte Vicky an, die ihr Handy
hervorkramte. »Hast du …«, begann sie zögernd. »Vick, hast du gehört, was der Mann soeben sagte?«
    »Was er sagte? « Angeekelt verzog Vicky das Gesicht. »Was er anhatte , war viel schlimmer. Hast du jemals an einem Kerl, der kein Statist in Braveheart war, so viel kariertes Zeug gesehen?«
    Ungläubig blinzelte Lou ihre Freundin an. Vicky musste doch mitgekriegt haben, dass sich der Mann, dem sie ein gebrochenes Herz verdankte, auf dem Weg zu diesem Flughafen befand. Trotzdem galt ihre einzige Sorge den Outfits der Einheimischen?
    Aber so war sie nun einmal. Und das gehörte zu den Gründen, warum Lous Freundschaft mit ihr schon so lange hielt. Manchmal konnte Vicky furchtbar oberflächlich sein. Sie war unfähig, an einem Designerschuhladen vorbeizugehen, ohne etwas zu kaufen. Andererseits aber hatte sie eine genauso ausgeprägte Schwäche für Unterprivilegierte. Sobald sie einen Obdachlosen entdeckte, drückte sie ihm hundert Dollar in die Hand.
    »Hör mal, Vicky, Jack wird in unserem Flieger sitzen«, erklärte Lou, weil sie sicher war, dass Vicky das nicht verstanden hatte. » Jack Townsend. «
    »Ja, natürlich«, murmelte Vicky geistesabwesend, »warum sollte ich an diesem Tag auch nur ein kleines bisschen Glück haben? Wahrscheinlich hat er seinen früheren Flug verpasst, wegen dieses Ausrasters im Hotel. Wieso funktioniert sein Handy nicht? Was ist eigentlich los mit diesem gottverlassenen Nest? Erst kein Espresso! Und jetzt das !«
    »Vicky«, zischte Lou.
    Sie musste zischen, weil sie plötzlich glaubte, etwas
würde ihr die Kehle zuschnüren. Etwas – oder jemand. Sie erinnerte sich an Unsichtbare Gefahr mit Kevin Bacon. Sie hatte Teile dieses Films am Abend zuvor im Hotelzimmer gesehen – über einen unsichtbaren Wissenschaftler, der seine Kollegen terrorisierte und …
    »Keine Ahnung, was da vorgeht!«, jammerte Vicky, das Handy am Ohr. »Warum kriege ich kein Netz? Wo zum Teufel sind wir denn? In Sibirien?«
    »Vicky!« Machtvoll kehrte Lous Stimme zurück, voller Staunen – und Bewunderung. »Wie kannst du nur so gelassen sein? Der Mann hat dein Herz entzweigerissen. Nun wirst du mit ihm im selben Flieger sitzen, und du tust, als wäre das nichts Besonderes. Während ich ihn am liebsten ermorden würde – nach allem, was er dir angetan hat! Was ist dein Geheimnis? Da bin ich wirklich neugierig.«
    Ungeduldig klappte Vicky das Handy zu und steckte es in ihre Tasche. »Das nennt man Schauspielkunst. Für meine Leistung als Jack Townsends Exfreundin müsste ich eigentlich einen Oscar bekommen.« Sie schaute auf ihre goldene Armbanduhr und schnitt eine Grimasse. Trotzdem blieben ihre ebenmäßigen Gesichtszüge unglaublich hübsch. »Wenn ich meine Lymphdrainage verschieben muss, sollte ich sofort anrufen.« Entschlossen stand sie auf. »Okay, ich suche eine Telefonzelle.«
    »Vicky …« Glücklicherweise hatte Lou nicht gefrühstückt. Sonst würde jetzt alles hochkommen. »Ich fürchte, mir wird schlecht.«
    »Unsinn. Geh mal für kleine Mädchen und wasch dir das Zeug vom Kopf. Wenn du mit Tim wegen dieser
Umweltfanatiker streitest, darf kein Ketchup in deinem Haar kleben.« Auf bleistiftdünnen Stilettos drehte sich Vicky um, trippelte davon und ließ ihre Freundin allein, die nach Luft rang und immer noch die Tischkante umklammerte.
    »Also gut«, sagte sich Lou. Zum Glück hielt sich au ßer ihr und der Frau hinter der Kaffeetheke niemand in der schäbigen kleinen Wartehalle des Flughafens auf. Deshalb hörte ihr niemand zu. »Das kriege ich hin. Ich kann mit Jack Townsend im selben Flieger sitzen. Wenn Vicky das
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