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Perfect Copy - Die zweite Schöfung

Perfect Copy - Die zweite Schöfung

Titel: Perfect Copy - Die zweite Schöfung
Autoren: Andreas Eschbach
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einer Menge Papier aus ihren schwarzen Aktenkoffern bedeckten.
    »Die Sache ist die…«, begann der Magere.
    »Eine sehr peinliche Sache«, merkte der Dickliche an.
    »Wenn es auch letzten Endes die Schuld des Setzers war«, meinte der Blonde, Breitschultrige.
    »Die Sache ist die, dass eine der Aufgaben, die Sie erhielten, Herr Wedeberg, einen Druckfehler enthielt«, erklärte der Magere und zog zwei Blätter hervor, auf denen auf den ersten Blick dasselbe zu stehen schien: eine Mathematikaufgabe eben.
     
    Der Blonde deutete auf einen Buchstaben. »Dieses b müs s te ein a sein. Das hat niemand bemerkt. Aber dadurch wurde die Aufgabe unlösbar.«
     
    Wolfgang besah sich das Blatt näher. Es war eben jene dritte Aufgabe, an der er fast verzweifelt wäre. »Bisschen unfair, oder?«
    »Zweifellos«, nickte der Magere.
    »Äußerst unfair sogar«, bestätigte der Dickliche.
    »Kein Wunder, dass ich mir buchstäblich die Zähne daran ausgebissen habe«, meinte Wolfgang und legte das Blatt weg. »Wer denkt auch an so was. Dass einem in einem Wettbewerb eine unlösbare Aufgabe vorgesetzt wird.«
    Der Blonde nickte. »Davon konnten Sie wirklich nicht ausgehen.«
     
    »Das heißt«, fuhr der Magere fort, »wir dachten, die Aufg a be sei unlösbar. Aber dann sahen wir Ihre Lösung.«
     
    Wolfgang starrte ihn an und wartete geduldig auf eine Meldung seiner Ohren, dass sie sich gerade verhört hätten und es ihnen schrecklich Leid täte und dass der magere Mann mit den ölig gestriegelten Haaren etwas ganz anderes gesagt hatte. Aber diese Meldung kam nicht. Stattdessen zirpte eine Grille und tschilpte ein Vogel und sog Svenja deutlich hörbar die Luft ein. Und Cem sagte leise: »Oh-oh.«
    »Wie bitte?«, fragte er langsam.
    Der Dickliche zückte ein dickes Notizbuch. »Es war auch für uns sehr verblüffend. Ein äußerst origineller Ansatz. Wirklich, absolut originell.«
    Wolfgang schloss die Augen und öffnete sie wieder und es war immer noch Sommer und die drei merkwürdigen Männer saßen immer noch da. »Sie wollen mir jetzt aber nicht erzählen, ich hätte versehentlich eine unlösbare Aufgabe gelöst?«
    Der Blonde wedelte mit der Hand. »Versehentlich kann man so was sowieso nicht machen.«
     
    »Sie haben auch eigentlich nicht genau die gestellte Au f gabe gelöst«, erklärte der Magere mit dozierend erhobenem Zeigefinger, »sondern sie umdefiniert zu einer Variante der Moore'schen Vermutung, benannt nach dem britischen Math e matiker Sir Irving Moore, der sie vor zwei Jahren veröffen t licht hat. Und für den Beweis dieser Vermutung haben Sie einen brillanten Ansatz geliefert. Wenn Ihnen auch«, fügte er kummervoll hinzu, »kurz vor Schluss ein bedauerlicher Fehler passiert ist, der Sie zu einem falschen Beweisschluss verfüh r te.«
     
    Wolfgang sah Svenja Hilfe suchend an. Was passierte hier? Sie war doch der Mathematik-Star – und jetzt das! Doch sie schien kein bisschen eifersüchtig zu sein. »Ich hab gewusst, dass du irgendwie der Typ dafür bist«, meinte sie stattdessen zufrieden. »Hast du die Notizen noch? Ich glaube, ich sollte sie mir mal genauer anschauen.«
    Der Dickliche zückte eine Mappe, die genauso aussah wie die, die Svenja mit ihrem Förderpreises überreicht bekommen hatte. »Um es kurz zu machen, wir sind gekommen, um Sie zum europäischen Kongress der Nachwuchsmathematiker einzuladen. Sir Moore wird ebenfalls zugegen sein und würde sich sicher freuen, Ihre Gedankengänge bei der Abfassung dieses Beweises mit Ihnen zu diskutieren.«
    »Die teilweise nämlich nicht ganz einfach nachzuvollziehen sind«, gestand der Magere, nahm seinem Kollegen die Mappe mit dem Logo der Deutschen Mathematikstiftung aus der Hand und reichte sie Wolfgang, der sie verdattert entgegennahm.
    »Wir sind darüber hinaus ermächtigt, Ihnen ein Stipendium anzubieten für den Fall, dass Sie beabsichtigen sollten, Mathematik zu studieren«, sagte der Blonde.
    »Wolfgang!«, freute sich seine Mutter. »Das ist ja großartig!«
    »Abgefahren!«, rief Cem begeistert.
    »Toll«, meinte sogar Svenja, an deren Stelle er ausgerastet wäre bei den Lobeshymnen, die die drei Mathematiker da auf ihn sangen: Aber sie schien sich aufrichtig zu freuen.
    Sie machten es einem wirklich verdammt schwer.
    Wolfgang betrachtete die Mappe in seiner Hand, von der er schon wusste, was sie enthielt, wog sie abschätzend – und reichte sie schließlich zurück.
    »Danke«, sagte er. »Aber ich glaube, Sie irren sich. Das war ein
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