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Perdido Street Station 01 - Die Falter

Perdido Street Station 01 - Die Falter

Titel: Perdido Street Station 01 - Die Falter
Autoren: China Miéville
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man sie nun schon gewarnt hatte, wäre es dumm gewesen, sich nicht danach zu richten, auch wenn sie sich die ganze Sache nicht erklären konnten.
    Isaac protestierte schwach und zerrte an dem Konstrukt. Er wünschte David zur Hölle und wunderte sich im selben Atemzug über das Denkvermögen der Maschine, er schäumte vor Wut und warf gleichzeitig ein analytisches Auge auf das verwandelte Faktotum. Er war hin- und hergerissen. Derkhans und Lemuels Drängen, es wäre höchste Zeit zu verschwinden, steckte ihn an.
    »Stimmt, David ist ein verdammtes Arschloch. Und stimmt, das Konstrukt ist ein verdammtes Wunder«, sagte Derkhan beschwörend. »Aber du wirst nie Gelegenheit haben, es zu ergründen, wenn wir nicht prontissimo von hier abhauen!«
    Und als ein irritierendes, herausforderndes Punktum hinter das Gezerre, strich das Konstrukt den Staub glatt und schrieb: Später.
    Lemuel überlegte schnell.
    »Ich weiß einen Platz oben in Gidd, wo wir unterschlüpfen können«, verkündete er. »Wenigstens für heute Nacht, dann sehen wir weiter.«
    Derkhan und er liefen hin und her und packten allerlei, was brauchbar erschien, in Beutel, die sie aus Davids Schränken requirierten. Allen war klar, dass sie nicht würden zurückkehren können.
    Lemuel hielt einen Moment inne und sah Isaac, der wie angewurzelt mitten im Raum stand, vor sich hin starrte und immer wieder entgeistert den Kopf schüttelte.
    »Isaac«, rief er. »Los, such deinen Kram zusammen. Uns bleibt kaum noch Zeit. Wir hauen ab. Beweg deinen Hintern.«
    Isaac gab sich einen Ruck, nickte entschlossen und stapfte die Treppe hinauf – nur um oben wieder stehen zu bleiben und mit einer Miene ungläubiger Bekümmerung ins Leere zu starren.
    Nach ein paar Sekunden kam Yagharek lautlos hinterher. Er trat hinter Isaac und schob die Kapuze zurück.
    »Grimnebulin«, flüsterte er so leise, wie sein für menschliche Laute nicht eingerichteter Stimmapparat es erlaubte. »Du denkst an deinen Freund David.«
    Isaac fuhr heftig zu ihm herum.
    »Ist nicht mein Freund!«, schnappte er.
    »Aber er war dein Freund. Du denkst an den Verrat.«
    Isaac schwieg einige Atemzüge lang, dann nickte er. Wieder trat ein Ausdruck schmerzlicher Verwunderung auf sein Gesicht.
    »Ich kenne Verrat, Grimnebulin«, raunte Yagharek. »Ich kenne ihn gut. Ich – bedaure dich.«
    Isaac wandte sich ab, ging mit stampfenden Schritten zu seinem Arbeitsbereich und fing an, Krims und Krams aus Draht und Keramik und Glas scheinbar wahllos in eine große Gobelintasche zu schieben, die er sich endlich, dick und klappernd, auf den Rücken warf.
    »Wann bist du verraten worden, Yag?«, erkundigte er sich.
    »Nicht ich wurde verraten. Ich habe verraten.«
    Isaac hörte auf zu kramen und drehte sich zu ihm herum.
    »Ich weiß, was David getan hat. Und es tut mir leid.«
    Isaac schaute ihn an, verdutzt, abwehrend, niedergeschlagen.
    Die Miliz griff an. Es war erst zwanzig Minuten nach sieben.
     
    Mit lautem Krach flog die Tür auf, und drei Soldaten stürzten wie von einer Kanone abgeschossen hindurch.
    Die Tür war nach Davids Flucht nicht wieder abgeschlossen worden. Damit hatten die Milizionäre nicht gerechnet und versucht, ein Hindernis niederzurammen, das keins war. Alle drei fielen platt aufs Gesicht, als ihnen der eigene Schwung die Beine unter dem Leib wegzog.
    Der Angriff, kaum begonnen, geriet ins Stocken. Die drei Mann Vorhut rappelten sich vom Boden auf. Ihre Kameraden auf der Straße glotzten dumm von draußen nach drinnen. Derkhan und Lemuel, im Erdgeschoss, starrten zurück. Isaac schaute von oben auf die ungebetenen Gäste hinunter.
    Dann zerfiel das Tableau in Bewegung.
    Die Soldaten draußen schüttelten ihre Verwirrung ab und stürmten. Lemuel kippte Davids Ungetüm von einem Schreibtisch um, ging dahinter in Deckung und lud seine beiden langläufigen Pistolen. Derkhan suchte ebenfalls hinter dem Schreibtisch Schutz. Yagharek wich zischend vom Geländer der Galerie zurück und verschwand aus dem Blickfeld der Soldaten.
    Blitzschnell drehte Isaac sich zu seinem Arbeitstisch herum, griff zwei große Glaskolben mit einer farblosen Flüssigkeit, schwenkte zurück und schleuderte sie wie Bomben auf die Milizzer.
    Die ersten drei Mann, mittlerweile wieder auf den Beinen, wurden Opfer dieser Geschosse. Einer der dickwandigen Behälter zerbarst auf dem Helm des einen und warf ihn gleich wieder zu Boden; Splitter und der flüssige Inhalt spritzten gegen die Schutzpanzer der beiden anderen. Diese
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