Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Perdido Street Station 01 - Die Falter

Perdido Street Station 01 - Die Falter

Titel: Perdido Street Station 01 - Die Falter
Autoren: China Miéville
Vom Netzwerk:
Vermishank stieß ihm die rechte Hand unterhalb des Halses in die unbedeckte Brust.
    Isaac brüllte auf, vor Wut und Schmerz, als sein Fleisch unter Vermishanks geübten Fingern nachgab und formbar wurde wie Lehm.
    Vermishank wühlte sich wie ein Metzger durch das widerstrebende Gewebe, öffnete und schloss die Finger, um eine Rippe zu greifen. Isaac umklammerte Vermishanks Handgelenk und hielt ihn fest. Er war stärker, aber der Schmerz lähmte ihn.
    Vermishank schrie und lamentierte, während sie miteinander rangen. »Lasst mich gehen!«, heulte er. Sein Angriff war in blinder Panik erfolgt, ohne Überlegung, und jetzt fand er sich in einen Kampf auf Leben und Tod verwickelt. Es gab kein Zurück. Ihm blieb nichts anderes übrig, als in Isaacs Brustkorb nach einem Halt zu suchen.
    David, hinter ihnen, kramte fieberhaft nach seinem Schlüssel.
    Isaac konnte Vermishanks Hand nicht aus seiner Brust reißen, und Vermishank konnte sie nicht weiter hineinstoßen. Sie standen sich gegenüber, schwankend, taumelnd, und zerrten sich gegenseitig hin und her.
    Immer noch schrien alle durcheinander. Lemuel war aufgesprungen, hatte seinem Stuhl einen Tritt gegeben und versuchte einmal links, einmal rechts an Isaac vorbei zum Schuss zu kommen. Derkhan kam gelaufen und zerrte mit aller Kraft an Vermishanks Armen, aber der verängstige Mann krallte die Finger um die Knochen in Isaacs Brust, und bei jedem Ruck heulte Isaac vor Schmerz. Blut quoll aus den Löchern, wo Vermishanks Finger sich in sein Fleisch bohrten.
    Vermishank und Isaac und Derkhan kämpften und brüllten, bespritzten sich und den Boden mit Blut, und auch Guteseele, die daraufhin die Flucht ergriff. Lemuel streckte die Hand über Isaacs Schulter, um zu feuern, aber Vermishank schleuderte Isaac herum wie eine groteske Handpuppe und prellte ihm die Waffe aus den Fingern. Sie flog in hohem Bogen durch die Luft, fiel auf den Boden und die Pulverladung stäubte aus der Pfanne. Lemuel fluchte und wühlte hektisch nach seiner Pulverflasche.
    Plötzlich stand, wie aus dem Boden gewachsen, eine vermummte Gestalt neben dem Trio ungeschickter Kämpfer. Yagharek warf seine Kapuze zurück. Vermishank starrte in die harten runden Augen und bestaunte mit offenem Mund das große Raubvogelgesicht des Garuda. Ehe er ein Wort herausbringen konnte, hatte Yagharek ihm den scharfen Krummschnabel in den rechten Arm geschlagen.
    Er hackte eine tiefe Furche durch Muskeln und Sehnen. Vermishank schrie beim Anblick der klaffenden, blutigen Wunde gellend auf. Er riss die Hand zurück; die Löcher in Isaacs Fleisch und Haut schlossen sich feucht schmatzend hinter den herausgezogenen Fingern. Isaac knurrte stöhnend und tastete über seine Brust. Sie war blutverschmiert, übersät von Höckern und Dellen und Rissen, wo Vermishanks Hand Verwüstungen angerichtet hatte, die erst mit der Zeit heilen würden.
    Derkhan hatte Vermishank von hinten die Arme um den Hals geschlungen. Während er seinen zerfetzten Unterarm umklammerte, schleuderte sie ihn von sich weg in die Mitte der Lagerhalle. Das Konstrukt rollte beiseite, als Vermishank stolpernd und fuchtelnd das Gleichgewicht zu bewahren versuchte und schreiend hinfiel.
    Lemuel hatte inzwischen neu geladen und legte auf ihn an. Vermishank riss den Mund auf, um ihn zu beschwören, um Gnade zu bitten. Er hob flehentlich den blutigen Arm.
    Lemuel drückte ab. Es gab einen ohrenbetäubenden Knall, und der beißende Geruch von verbranntem Schwarzpulver breitete sich aus. Vermishanks Schrei verstummte wie abgehackt. Die Kugel traf ihn genau zwischen die Augen; ein Schuss wie aus dem Lehrbuch und mit genügend Wucht, um den Kopf ganz zu durchschlagen und beim Austritt das Hinterhaupt zu zerschmettern. Blut und Gehirnmasse ergossen sich in gemischtem Schwall aus dem riesigen gezackten Loch.
    Vermishank kippte nach hinten, sein geborstener Schädel fiel mit dumpfem Schlag auf die abgetretenen Dielen.
     
    Schmauchfäden schwebten in der Luft. Ein letztes Zittern durchlief Vermishanks Körper.
    Isaac lehnte an der Wand und fluchte in allen Tonarten. Er drückte die flache Hand gegen die Brust, als wollte er sie glatt streichen und den kosmetischen Schaden reparieren, den Vermishanks wühlende Finger angerichtet hatten. »Gottschiet!«, knirschte er und beäugte den toten Mann voller Abscheu.
    Lemuel hielt die Pistole lässig in der herabhängenden Hand. Derkhan zitterte. Yagharek hatte sich in den Hintergrund zurückgezogen und verfolgte die Ereignisse aus
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher