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Pelbar 6 Das Lied der Axt

Pelbar 6 Das Lied der Axt

Titel: Pelbar 6 Das Lied der Axt
Autoren: Paul Williams
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auch seine eigene Festigkeit geltend. Er erzählt seine Geschichte und seinen Ursprung. Die Muscheln im Stein der Uferfelsen erzählen uns, daß der Fels einmal etwas anderes war. Damit tun sie sich kund.«
    »Aber das ist doch nichts als Beobachtung. Du machst nur etwas anderes daraus.«
    »Das habe ich lange Zeit auch gedacht. Jetzt bin ich anderer Meinung. Du hast natürlich schon Vögel singen gehört.«
    »Ja.«
    »Vögel singen – das heißt, sie tun sich kund – sogar, wenn sie schweigen.« Tor zeigte zu einem Geier hinauf, der träge kreiste. »Er. Spürst du, daß von ihm etwas ausgeht – über das, was er ist?«
    Tristal blinzelte nach oben, dann legte er die Hand über die Augen. Er schaute scharf hin und dachte an-gestrengt nach. »Nein. Ich glaube nicht.«
    »Sogar ein toter Vogel tut sich kund. Er ist wach, tätig, empfindlich, verwandelt sich mit aller gebote-nen Eile.«
    »Er vermittelt einen wachen Eindruck, Tor. Wir empfinden Mitleid. Wir sind es. Wir denken diese Dinge.«
    »Vielleicht, Tris – aber der Vogel ist tätig. Er verändert sich. Andere Dinge sind in ihn eingedrungen. Er hat die völlige Ruhe des Verzichts, aber das Aufgeben erfordert gewaltige Aktivität. Es ist keine Sache seines eigenen Willens – und andererseits doch.«
    »Tja, das kommt mir alles sehr sonderbar vor, was du da sagst.«
    »Vielleicht. Aber ich versuche festzustellen, wie ich etwas weiß. Es muß einen Grund geben, ein ganzes Bündel von Gründen.«
    »Die Pelbar würden sagen, Aven teilt es dir mit, wenn du etwas wissen mußt.«
    »Aber warum mir? Warum mir mehr als anderen?«
    »Stel sagte einmal, mitgeteilt wird es allen, aber du hörst zu.«
    »Ich weiß, daß ich zuhöre. Das will ich ja gerade sagen. Die Frage ist, wem oder was höre ich zu – und wie kann man das Zuhören entwickeln und schärfen.«
    »Stel sagt, seiner Meinung nach ist es zum Teil eine Sache des Mutes und der Entschlossenheit.«
    »Vielleicht. Ich glaube, es ist eine Sache der Stille.«
    »Der Stille?«
    »Ich habe keine Interessen. Ich lasse mich nicht so sehr von anderen Geräuschen ablenken. Stel denkt an Ahroe, an seine Stellung in Pelbarigan, an sein Kind und an das, das jetzt kommt. Er denkt an das alles in störender Weise. Er schließt es nicht in das allumfas-sende Lied der Dinge ein.«
    Tristal dachte über diese Worte nach. Was Tor gesagt hatte, bereitete ihm ein leichtes Unbehagen.
    »Was ist mit mir? Hörst du auch von mir Gesang?«
    »Einen Gesang, der jetzt sehr deutlich ist, anders als vor dem Fieber. Robust und direkt. Aufrichtig und voller Sehnsucht. Hart wie ein Hickorybaum.«
    »Hart?«
    »Ja.«
    Tristal blinzelte nach hinten zu seinem Onkel, der ohne Unterbrechung immer noch in der starken Frühlingsströmung ruderte. Tors Schläge waren gleichmäßig und drahtig. Und doch war da jene zu-sätzliche Drehung bei jedem Schlag, wegen seines rechten Arms. Tristal empfand es als Schmerz, obwohl deutlich erkennbar war, daß da kein Schmerz empfunden wurde. Es war ein Verrenken. Da war auch Gefaßtheit. War das ein Teil von Tors Gesang?
    Tristal war nicht sicher. Dann drehte er sich fast ohne nachzudenken um, setzte sich auf, nahm sein Ruder und ruderte mit Tor, der seinen Rücken beobachtete.
    Ein leises Lächeln des Stolzes erblühte auf Tors Gesicht.
    »Noch eine Woche, dann lassen wir das Boot liegen und laufen weiter«, sagte er.
    Raran klopfte einmal mit dem Schwanz, dann brachte sie das Boot aus dem Gleichgewicht, als sie aufstand und sich über die Seite beugte, um mit ihrer langen Zunge Wasser zu schlabbern.

VIER
    Endlich erreichten sie das Ende des Flusses, trugen das Pfeilboot mehrmals von einem See zum anderen über Land und beschlossen dann, es zurückzulassen.
    Als sie es kieloben in einem niederen Baum festban-den, bemerkte Tor: »Wenigstens kann es einem Vogel Unterschlupf bieten.«
    »Vielleicht kommt die Sternenbande wieder zur Winterjagd hier herauf.«
    »Vielleicht. Was siehst du da?«
    Tristal hatte sich gebückt und einen seltsamen Stein aufgehoben. Er scharrte den Schmutz mit dem Daumen herunter. »Eine Pfeilspitze. Aber aus Stein.«
    Tor nahm sie ihm weg, schaute sie an und drehte sie hin und her. Dann reichte er sie zurück. Tristal hielt sie in der flachen Hand. Schwach rosa, ein abge-splittertes Stück Quarz, so lag sie vollkommen und symmetrisch da.
    »Ich habe schon zwei oder drei solcher Spitzen gesehen«, sagte Tor. »Wahrscheinlich war es eine Speerspitze.«
    »Aber ... die Alten brauchten
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