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Peacemaker

Peacemaker

Titel: Peacemaker
Autoren: Howard Gordon
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sah Gideon mitfühlend an. »Ich möchte mich nicht drücken, mein Sohn, aber du musst zuerst den Bericht lesen. Vor allem die Abschnitte über Abu Nasir.«
    Gideon spürte, wie sein Körper in den Sitz gepresst wurde, als die Gulfstream auf der Rollbahn beschleunigte. Er sah zum Fenster hinaus, als sie abhoben und rasch an Höhe gewannen, ehe sie von der Skyline Manhattans abdrehten. Dann widmete Gideon seine Aufmerksamkeit dem schweren Buch, das Onkel Earl ihm in die Hand gedrückt hatte.
    Abu Nasir? Gideon erinnerte sich, den Namen in den Mitteilungen des Außenministeriums gelesen zu haben, aber mehr fiel ihm nicht dazu ein. Wer war Abu Nasir?
    DRITTES KAPITEL
    Gideon hatte Bogota mit einem Übernachtflug verlassen und deshalb nur ein paar Stunden geschlafen. Doch Onkel Earls verschlüsselte Worte hielten seine Müdigkeit in Schach, als er den Bericht vor sich auf den Tisch legte und versuchte, so viel wie möglich davon aufzunehmen.
    Mohan war seit fast vierhundert Jahren ein unabhängiger Staat. Das Außenministerium beschrieb den derzeitigen Sultan als anständigen und toleranten Führer, der das Bruttosozialprodukt durch Anzapfen der Erdölreserven in den Küstengewässern von Mohan verzehnfacht hatte. Bei dem neuesten Bohrprojekt handelte es sich um eine hochmoderne, Milliarden Dollar teure Bohrinsel, die Trojan Energy gehörte und auf den Namen »Obelisk« getauft worden war. Falls sich die geologischen Prognosen als richtig erwiesen, würde sie zur produktivsten Bohrinsel aller Zeiten werden. Drei andere große Energiekonzerne hatten ebenfalls Abkommen mit dem Sultan geschlossen und entwarfen bereits Pläne für ein Dutzend weiterer Bohrinseln nach dem Vorbild der Obelisk.
    Doch die Regierung des Sultans litt unter den typischen Problemen, die in den meisten modernen Nationen zu finden sind, in denen eine Königsfamilie alle Zügel in der Hand hat: Vetternwirtschaft, Korruption und das Fehlen einer breiten Machtbasis. Diese Schwächen hatten Bedingungen geschaffen, die jetzt von Dschihadisten ausgenutzt wurden. Da sie sich nicht mehr damit zufriedengaben, sich innerhalb der Grenzen, die ihnen der Sultan zugestand, nach Scharia-Recht selbst zu regieren, bereiteten sie einen weiteren Aufstand vor. Der Sultan hatte von den Vereinigten Staaten militärische Unterstützung bei der Zerschlagung der Aufständischen angefordert, und eine Kongress-Kerngruppe unter der Führung von Senator McClatchy wollte seiner Bitte nachkommen. Doch Präsident Diggs hatte sich geweigert, da er verhindern wollte, dass erneut amerikanische Truppen in einen Bürgerkriegssumpf am anderen Ende der Welt gerieten.
    Eine von mehreren Aufständischengruppierungen in Mohan wurde von dem Mann angeführt, den Parker erwähnt hatte: Abu Nasir. Was Gideon am interessantesten fand, war die Tatsache, dass Nasir kein Mohanese war. Er war ein bislang nicht identifizierter Mann aus dem Westen, der vom Sultan wegen Drogenschmuggel und Waffenhandel gesucht wurde. Außerdem war er ein berüchtigter Pirat und Kidnapper, der bereits Manager westlicher Ölkonzerne als Geiseln genommen und enorme Summen Lösegeld erpresst hatte, um den Aufstand zu finanzieren.
    Gideon brachte noch eine Stunde damit zu, sich durch den Bericht zu arbeiten, bis die Worte schließlich zu verschwimmen begannen. Er las immer wieder ein und denselben Abschnitt, bis er schließlich aufgab, sich in seinen bequemen Ledersessel zurücklehnte und in einen unruhigen Schlaf verfiel.
    Als die G5 viele Stunden später zum Sinkflug durch bauschige Wolken ansetzte, trank Parker Kaffee aus einem Becher mit dem präsidialen Siegel und arbeitete auf seinem Laptop. Er sah Gideon, der sich die Augen rieb, über den Rand seiner Lesebrille an und sagte: »Dornröschen erwacht!«
    Gideon brauchte einen Moment, um sich zu orientieren. Dem Monitor an der Trennwand zufolge würden sie voraussichtlich in zwanzig Minuten landen.
    Parker warf einen Blick auf den Bericht, der aufgeschlagen, mit dem Rücken nach oben, auf Gideons Schoß lag. »Wie ich sehe, bist du nicht sehr weit gekommen«, sagte er und lächelte mit untypischer Zuneigung. »Anscheinend hattest du ein bisschen Schlaf bitter nötig.«
    »Ja, aber da wir bald landen, musst du mir jetzt sagen, was Sache ist.«
    »Wie viel hast du über Abu Nasir gelesen?«
    »Keine Fragen mehr, Onkel Earl. Sag mir einfach, was mit meinem Bruder los ist.«
    »Also gut.« Parker nickte, zögerte jedoch mindestens zehn Sekunden, ehe er fortfuhr: »Wir haben
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