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Paul Bremer - 07 - Schrei nach Stille

Paul Bremer - 07 - Schrei nach Stille

Titel: Paul Bremer - 07 - Schrei nach Stille
Autoren: Anne Chaplet
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Bremer. Das berührte ihn.
    Ulla häufte Lilly Nudelsalat auf den Teller. »Du mußt was essen«, sagte sie mütterlich. »Ich bleibe heute nacht bei dir, wenn du willst.«
    Der Vorschlag war nicht gänzlich selbstlos. Ulla Abel war ausgezogen. »Ich konnte ihn schon lange nicht mehr sehen«, hatte sie vorhin verkündet. »Aber daß er pervers ist …«
    Peter blieb allein zurück. In Freiheit. Da Sophie als betroffene Partei keine Klage mehr erheben konnte, gab es auch keine Handhabe gegen ihn. Grober Unfug ist kein Kapitaldelikt.
    »Was hatte eigentlich ausgerechnet Peter gegen Sophie?« Ich kenne welche, die bessere Gründe gehabt hätten, dachte Bremer und blickte hinüber zu Marie, die erstaunlich ruhig wirkte. Weil Sophie tot war? Denkbar ist alles.
    Ulla sah auf. »›Die haben schon damals alles kaputtgemacht‹, hat er mir zum Abschied erzählt. ›Und jetzt auch noch meine Ehe.‹« Sie lachte. Dann wurde sie ernst.
    »Er hat das ja damals alles hautnah mitgekriegt. Erika ging bei den Abels ein und aus und hat sich zu seiner Mutter geflüchtet, als sie irgend etwas bei den Hippies erlebt hat, das sie erschreckt haben muß. Daraufhin hat Peters Onkel bei Gottfried angerufen. Und dann sind die beiden los, um den Hippies die Meinung zu sagen.«
    Ein Dorf vergißt nie. Und ein kleiner Junge manchmal auch nicht.
    »Wußte Peter von Sophie Winters Buch?«
    »Ja. Und das hat ihn in seinem Haß noch bestärkt. Was er in der Nacht vorhatte, als er in das Haus eindrang, will ich gar nicht erst wissen. Aber wenigstens hat er Luca gerettet.«
    Luca. Der Sturm. Die zerbrochene Fensterscheibe. Plötzlich begriff Bremer, warum die Scherben auf der falschen Seite lagen. Der Junge hatte sich damals schon in Sophies Haus verkrochen und von innen die Scheibe eingeschlagen, in der Hoffnung, jemand würde nach Sophie schauen. Ulla Abel hatte das Geräusch gehört, hatte Wilhelm angerufen, der wiederum Bremer zu Sophie geschickt hatte.
    Luca hatte Sophie das Leben gerettet. Der Gedanke immerhin war tröstlich.

17
    Caro und Flo hätten längst aus der Schule zurück sein müssen. Aber niemand ging ans Telefon. DeLange fühlte sich zerrissen zwischen der Angst um die Mädchen und der Angst um Feli. Als Karen den Weg zum Markus-Krankenhaus einschlug, protestierte er nur schwach. Im Grunde war er erleichtert, daß sie ihm die Entscheidung abnahm.
    Er sah sie schon von weitem. Sie saßen auf der Bank im Flur vor Felis Zimmer und hielten einander an den Händen. Caro weinte, und Flo versuchte, die Ältere und Beherrschte zu sein. Warum zum Teufel hatte das alles den Kindern nicht erspart bleiben können?
    »Du mußt Flo sein, und das ist sicher Caro«, sagte Karen und hielt Flo die Hand hin. »Kriminalhauptkommissar DeLange hat mir auf unserer Dienstfahrt von euch erzählt.«
    Sehr diplomatisch. Auch dafür hätte er sie küssen mögen.
    »Wart ihr schon drin?« Was für eine Frage. Natürlich. Sonst würde Caro nicht heulen.
    »Ich soll dir sagen, es ist nicht deine Schuld«, deklamierte Flo und verlor den Kampf um ihre Haltung.
    DeLange sah Karen an. Sah, daß sie es längst begriffen hatte. Nur er wollte nicht begreifen. Er machte einen Schritt auf die Tür zu. Aber Flos Stimme hielt ihn zurück, Flo, die so erwachsen klang und so traurig zugleich. »Sie haben sie schon weggebracht. Es war schön, sie noch zu sehen.«
    In ciel ti attendo, addio.
    DeLange kniete nieder und versuchte, beide Töchter zugleich in den Arm zu nehmen. Er ließ sie eine Weile schluchzen. Dann stand er auf. Karen lehnte an der Wand, er sah ihr an, daß sie am liebsten mitgeheult hätte.
    »Tust du mir einen Gefallen?«
    »Natürlich.«
    »Bring sie nach Hause. Ich komme nach.«
    Er nahm Flo bei den Händen und sah ihr in die Augen. »Sei tapfer, meine Große. Ich muß noch etwas erledigen. Aber ich komme, sobald ich kann.« Sie nickte, unter Tränen.
    DeLange sah den dreien hinterher, dem blonden, dem braunen und dem roten Haarschopf, und schickte ein Gebet nach oben, das er von seiner Großmutter gelernt hatte. Mutter Maria kam darin vor und, sicher ist sicher, der heilige Antonius von Padua.
    Du läßt die Kinder allein?
    Ja, Feli. Ich muß.
    Wie kannst du nur!
    Du wirst es nicht verstehen, Feli. Ich muß etwas zu Ende bringen.
    Der Job kommt zuerst. Wie gehabt.
    Ja, Feli. Nein, Feli. Aber er ist alles, was ich habe.
    DeLange merkte, daß er mitten auf dem Flur stand und, den Kopf zur Seite gelegt, nach oben horchte. Zum Himmel.
    Gute Reise, Feli.
    Durch
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