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Paul Bremer - 07 - Schrei nach Stille

Paul Bremer - 07 - Schrei nach Stille

Titel: Paul Bremer - 07 - Schrei nach Stille
Autoren: Anne Chaplet
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auf einen Parkplatz.
    »Warum haben Charles und Angel darauf bestanden, daß sie erst danach verschwunden ist? Warum?«
    »Jo, ist doch egal, viel wichtiger ist …« Sie hielt. Sie stellte den Motor aus. Sie zog die Handbremse an.
    »Sie wollten ihr Verschwinden dem Dorf in die Schuhe schieben, verstehst du? Sie wußten also bereits, daß Sascha verschwunden war. Warum? Weil sie selbst sie zum Verschwinden gebracht haben.«
    Karen drehte sich zu ihm um. DeLange versuchte langsamer zu atmen.
    »Die beiden Dorfburschen haben stets nur von einem Mädchen gesprochen. Sascha war also bei dem Überfall gar nicht mehr dabei. Erstens.«
    DeLange wich Karens Blick aus, während er seine Beweise an den Fingern abzählte.
    »Zweitens. Sie haben den Notarzt erst in den frühen Morgenstunden angerufen. Warum? Angeblich haben die Täter sie an die Bäume im Garten gefesselt, und sie konnten sich erst spät befreien. Was, wenn sie die Zeit gebraucht haben, um Sascha zu entsorgen?«
    Sie legte ihm die Hand auf den Arm. »Jo«, sagte sie.
    »Sie haben die Polizei nicht angerufen. Drittens. Warum? Grund: siehe oben.«
    »Man rief damals nicht die Bullen, Jo. Das tat man einfach nicht.«
    DeLange versuchte, ruhig zu bleiben.
    »Du verbeißt dich. Wir haben noch nicht einmal eine Leiche.«
    Ganz ruhig.
    »Du willst dich ablenken. Ich versteh das. Aber wichtiger ist etwas ganz anderes.«
    Nein. Nichts.
    »Feli geht es schlecht. Du mußt zu ihr gehen.«
    Nichts konnte wichtiger sein. Gar nichts.
    »Du mußt es den Kindern sagen. Ich helfe dir, wenn du mich läßt.«
    Er mußte die Wahrheit herausfinden, Charles damit konfrontieren, Sophie rächen … oder Sascha … egal …
    Daß er ausgerechnet in Karens Gegenwart weinte, machte die Sache auch nicht besser.

16
    Marianne hielt süße Torten für den angemessenen Trost, Marie hatte Hühnersuppe mitgebracht, Ulla Nudelsalat, und Bremer stellte Schnaps auf den Tisch. Lilly weinte nicht mehr, sie sah so ratlos aus wie ein Kind, das sich verlaufen hatte. Bremer hatte eine trockene Kehle. Zuviel Kaffee. Und er vermißte den alten Wilhelm. Alle vermißten ihn.
    Moritz kam später. Er hatte nichts Nahrhaftes mitgebracht, nur Nachrichten.
    »Sie haben Walter Manz rehabilitiert. Luca hat ein Mordstheater gemacht, als er von dem Verdacht gegen ihn hörte. ›Der? Wenn der seine schmutzigen Pfoten nach mir ausgestreckt hätte …‹«
    »Und die Fotos?« Fotos von Luca, geschminkt und in Frauenkleidern. So hatte der Knabe auch ausgesehen, als Peter Abel ihn aus dem Haus trug.
    »Luca hat damit überhaupt kein Problem. ›Warum soll der denn nicht knipsen dürfen?‹ Er hat sich schon immer gern verkleidet, hat Nicole gesagt. Der eitle kleine Fatzke fand sich offenbar schön.«
    Lilly holte Besteck aus dem Küchenbüfett. Stellte Teller hin. Stand in der Mitte des Raums, mit hängenden Schultern und leerem Blick. Bremer ging zu ihr und nahm sie in den Arm.
    »Und was war mit der Winter?« Mariannes helle Stimme klang noch heller, wenn sie neugierig war.
    Bei Sophie gab es die richtigen Klamotten, dachte Bremer. Blumenkindergewänder.
    »Dazu sagt der Knabe nichts. Eisern. Außer daß sie ihn Sascha genannt hat.«
    »Und was hat sich die kleine Bestie eigentlich dabei gedacht, so lange zu verschwinden?«
    »Ich habe versucht, Nicole klarzumachen, daß Luca professionelle Hilfe braucht«, sagte Moritz.
    Den Kinderpsychiater. Und wenn man Pech hatte, wurde aus Luca irgendwann ein ganz normaler, furchtbar langweiliger junger Mann, dachte Bremer.
    »Warum hat sich die Winter eigentlich umgebracht?« Wieder Marianne. Bremer führte Lilly zurück an den Tisch und goß ihr einen Schnaps ein. »Doch wohl nicht aus Angst vor Peter, oder?«
    »Und ich hab gedacht, er hätte was mit ihr! Weil er so oft unterwegs war abends. Und nachts. Er hat Glück gehabt, daß der Winter nichts passiert ist.« Ulla Abel hatte das Staunen der Gerechten in der Stimme.
    »Sophie Winter muß geglaubt haben, sie hätte Luca getötet.«
    Moritz war beim zweiten Stück Kuchen. Wie machte der Mann das bloß? Bremer nahm schon beim Anblick zu.
    »Sie war übrigens geschminkt, so ähnlich wie Luca, und trug eine dieser bestickten Lammfelljacken, als man sie fand. Halb verschneit. Und sie hat gelächelt. Als ob sie eine Erscheinung gehabt hätte, hat Karlheinz gesagt. Der war ganz andächtig.«
    Selbst ein Mann fürs Grobe wie Karlheinz, der seit Jahren für die Gemeinde arbeitete, war für tragische Größe empfänglich, dachte
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