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Paul Bremer - 07 - Schrei nach Stille

Paul Bremer - 07 - Schrei nach Stille

Titel: Paul Bremer - 07 - Schrei nach Stille
Autoren: Anne Chaplet
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den langen, menschenleeren Flur. Ins Treppenhaus. Die Treppen hinunter, vom 3. Stock ins Erdgeschoß. Hinaus in die Kälte und die Sonne. Und tief durchatmen.
    Dann rief er Karl-Heinz Neumann-v. Braun an.
    »Ich habe dazu nichts mehr zu sagen. Und Sie haben nicht die geringste Befugnis …«
    »Herr Neumann, es geht mir um die Wahrheit, um sonst nichts.«
    »Die Wahrheit?« Neumann schnaubte. »Die Wahrheit ist komplexer, als es ein Polizistenhirn vorsieht.«
    »In einer Stunde im Café Mozart?«
    Neumann zögerte. Endlich sagte er zu. »Damit ich Sie los bin.«
    DeLange nahm sich ein Taxi und wartete auf der gegenüberliegenden Straßenseite, bis er Neumann-v. Braun im Café verschwinden sah. Dann folgte er ihm hinein.
    »Sie sind respektlos, DeLange. Ich schätze das nicht«, sagte der Mann zur Begrüßung.
    DeLange ließ sich in einen der roten Ledersessel fallen und streckte die Beine weit von sich. »Das ist nicht meine Absicht. Ich möchte lediglich eine Akte schließen.«
    »Das wird nicht möglich sein. Solange Sascha nicht gefunden ist, bleibt der Fall offen.«
    »Nun, wir klären heute auch Fälle auf, die weit zurückliegen, Herr Dr. Neumann, das wissen Sie ja mindestens so gut wie ich.«
    »Sicher, aber auch eine retrograde DNA-Analyse hilft nur, wenn es DNA-Spuren gibt, die man vergleichen kann. Schwierig, wenn Sie keine Leiche haben. Also was soll das Herumgestochere in alten Geschichten?«
    »Sind Sie nicht auch an der Wahrheit interessiert, Charles?« DeLange sah Neumann in die Augen, der seinem Blick keine halbe Sekunde standhielt.
    »Natürlich. Was soll die Frage?« DeLange registrierte, wie sich die Schultern des Mannes strafften. »Und was soll die Vertraulichkeit?«
    »Helfen Sie mir auf die Sprünge. Vielleicht mißverstehe ich ja was.«
    Neumann nickte, als ob davon auszugehen sei.
    »Alexandra Raabe ist nicht nach dem Besuch der beiden Männer verschwunden …«
    »Das war ein Überfall!«
    »Also sie ist nicht nach dem Überfall verschwunden, sondern vorher.«
    »Aber warum hätte sie vorher gehen sollen?«
    »Eben. Sie hatte vorher genausoviel Grund dafür wie nachher. Sie ist nämlich nicht gegangen. Sie ist zum Verschwinden gebracht worden. Von Ihnen.«
    Neumann reagierte unerwartet. Er lehnte sich in seinen Sessel zurück und lächelte. »Haben Sie das von Sophie? Dann lassen Sie sich eines sagen: ›Wer auf andere mit dem ausgestreckten Zeigefinger zeigt, der deutet mit drei Fingern seiner Hand auf sich selbst.‹ Gustav Heinemann, falls Ihnen der was sagt.«
    DeLange spürte, wie die gute alte Wut wieder in ihm hochkochte. Neumann wollte sich entlasten, indem er Sophie belastete. Nicht mit mir, dachte er.
    »Nicht immer ist der Mann der Täter und die Frau das Opfer«, sagte Neumann, noch immer lächelnd. »Warum hätte ich Sascha verschwinden lassen sollen, wie Sie es ausdrücken?«
    »Erklären Sie es mir.« Nun lehnte sich DeLange zurück, während Neumann sich vorbeugte.
    »Wissen Sie was? Nein, das können Sie gar nicht wissen. Sie haben ja keine Ahnung.«
    »Weil ich nicht dabei war?«
    »Weil Sie nicht dabei waren. Weil Sie sich nicht vorstellen können, was Menschen einander antun, wenn sie sich überfordern. Glauben Sie an die Liebe?«
    An die Liebe. Ja. Klar. Natürlich.
    »Und warum ist sie selten etwas Ruhiges, Schönes, Friedliches, warum hinterläßt sie ein Schlachtfeld? Love is a battlefield?«
    DeLange rührte in seinem Milchkaffee. Neumann hatte sein Wasser nicht angerührt.
    »Weil wir einander überfordern. Alles soll möglich sein. Und alles scheitert an dem Unvermögen der Menschen.«
    »Ich rede gerne mit Ihnen über die Liebe, aber ich bin wegen etwas anderem hier.«
    »Ja, ich weiß, Sie hätten gern die Fakten.« Neumann winkte nach der Bedienung. »Hier sind sie: Ich habe Angela geliebt. Angela liebte Sascha. Sascha liebte nur sich selbst. Und als Erika ins Spiel kam …«
    »Erika?« War das nicht ein bißchen zuviel für einen einzigen Mann? DeLange lächelte mit zusammengebissenen Zähnen. Neumann ahnte wohl, was er dachte, er lächelte ähnlich verbissen zurück.
    »Erika war ein junges Mädchen aus der Nachbarschaft, bildschön und sehr – sagen wir: interessiert an unserem Leben. Und an der Liebe.«
    Die Liebe, dachte DeLange. Eine Himmelsmacht. Jaja.
    »Sascha hat es Spaß gemacht, die Kleine zu verführen. Aber Erika wollte einen Mann. Also holte Sascha mich dazu.«
    Sie hatte den guten alten Charles sicher nicht lange überreden müssen.
    »Denken
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