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Patrimonium

Patrimonium

Titel: Patrimonium
Autoren: Alan Dean Foster
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zu sein, dass Flinx einen Moment lang überlegte, ob er die Frage den Tatsachen entsprechend beantworten sollte. Doch er fing sich rechtzeitig wieder. Das Letzte, was dieser unbekümmerte Spielzeughersteller verdient hatte, war, einen noch größeren Einblick in das Leben und die Natur seiner unglücklichen und unfreiwilligen Testperson zu gewinnen. Eine neue Art der Ruhe senkte sich auf Flinx herab.
    »Nichts«, erwiderte er ruhig. »Ich kann nur die Gefühle anderer wahrnehmen, das ist alles. Außer natürlich Sackgassen wie Sie aufzuspüren.«
    »Absolut nichts? Ich habe bereits aus deinen Worten geschlossen, dass deine Intelligenz nicht besonders hoch sein kann.« Anayabi brachte seine Beobachtung so trocken vor, als würde sich die auf diese Weise beleidigte Person in einem anderen Raum befinden und nicht ihm gegenübersitzen. »Keine ungewöhnlichen Fähigkeiten, keine überragende körperliche Kraft, keine außergewöhnliche Verbesserung der anderen Sinne?«
    »Nein«, entgegnete Flinx rigoros. »Nichts. Abgesehen von dem Fluch, der mich dazu zwingt, die Wahrheit über meine Herkunft herauszufinden, bin ich … ganz gewöhnlich.«
    »Verstehe. Gewöhnlich. Ein gewöhnlicher empathischer Telepath.« Anayabi nickte, als würde ihm etwas durch den Kopf gehen, das er jedoch nicht aussprach. »Es tut mir leid, dir das mitteilen zu müssen, 12-A, aber im Lexikon der Society fällt gewöhnlich , gemessen an den Erwartungen der Society und trotz der Kombination mit der nicht gerade nützlichen Fertigkeit – dem Talent, Emotionen zu lesen –, in dieselbe Kategorie wie ein Fehlschlag. Außerdem weißt du nicht nur, wo ich wohne, sondern auch, wer ich in Wirklichkeit bin.« Der Lauf der Pistole begann sich langsam zu heben. »Das war alles sehr faszinierend und aufschlussreich. Dich zu treffen, in Erinnerungen zu schwelgen – aber alles in allem und trotz des kurzen Vergnügens, das mir die Unterhaltung bereitet hat, habe ich doch das Gefühl, ich hätte dich lieber im Schnee liegen lassen sollen.«
    Übernatürlich empfindsam für derartige Dinge, spürte Pip die deutliche Veränderung im emotionalen Gleichgewicht des anderen Mannes einen Augenblick, bevor es Flinx ebenso ging. Sie faltete ihre Flügel auseinander, während sie Anayabi mit Augen, die niemals blinzelten, erfasste, und erhob sich vom Schoß ihres Herrn.
    Vielleicht wurde sie alt. Trotz seiner seit langer Zeit bestehenden Verbindung zu ihr hatte Flinx keine Ahnung, wie lange sie schon lebte. Aus einleuchtenden Gründen waren die Aufzeichnungen über die mit einem tödlichen Gift gesegneten alaspinischen Minidrachen äußerst spärlich. Möglicherweise hatte Anayabi auch einfach nur Glück. Der Grund war eigentlich auch unerheblich.
    Seine Pistole schoss ein Loch in ihren linken Flügel. Er hätte sich kaum so schnell konzentrieren und auf den pinkblauen Wirbel zielen können. Ein Glücksschuss im Verlauf der lebenslangen engen Beziehung zu Flinx erwischte sie. Sie stürzte in einer seltsam anmutenden Spirale zu Boden, knallte auf den Teppich und blieb dort vor Schmerz zuckend und sich zusammenrollend liegen. Der vor Schreck erstarrte Flinx konnte nur hilflos zusehen.
    »Sie wollte mich angreifen«, behauptete Anayabi überzeugt, um sich zu verteidigen. »Und ich habe das Gefühl, dass sie es noch einmal versuchen wird. Und wie heißt es so schön: Immer eins nach dem anderen …« Er richtete die Pistole auf die hilflose fliegende Schlange und zielte erneut.
    »Nein!« Flinx erhob sich ohne zu zögern von der Couch und warf sich zwischen die Waffe und das Tier, zu dem er seit seiner Kindheit eine untrennbare empathische Verbindung hatte. Es geschah nicht zum ersten Mal, dass er in einer Krisensituation handelte, ohne darüber nachzudenken.
    Und es passierte auch nicht zum ersten Mal in einer derart brenzligen Lage, dass er von etwas Mächtigem und Unerklärlichem übermannt wurde und das Bewusstsein verlor.

14
     
    Als das Licht und sein Bewusstsein gleichermaßen zurückkehrten, stellte Flinx fest, dass er in Bezug auf das eben Geschehene nicht völlig verwirrt war. Schließlich war ihm das Gleiche schon mehrmals zuvor passiert. Das letzte Mal auf Visaria, als ihn ein Alien-Attentäter umbringen wollte, und davor, als ihn eine gegnerische Gruppe aus menschlichen Vollstreckern auszuschalten versuchte. Zwar hatte er gegenüber Anayabi seine Fähigkeiten als empathischer Telepath zugegeben, doch das einzigartige und ihm immer noch relativ unbekannte
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