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Party Girl - Roman

Party Girl - Roman

Titel: Party Girl - Roman
Autoren: Brigitte Blobel
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Kleider ein Extrazimmer von den Ausmaßen eines Gymnastikraums brauchte. Okay, ihre Mutter war Schauspielerin. Und eine Schauspielerin ist das, was sie darstellt. Klamotten sind da so etwas wie eine zweite Haut oder dritte Haut oder Zwiebelhaut. Etwas, aus dem man sich schälen kann, je nachdem, was im Film gerade ge braucht wird oder was die Öffentlichkeit interessiert. Eine Schauspielerin muss einfach wissen, was IN ist und was OUT. Mona wusste das natürlich auch, sie lebte ja nicht auf dem Mond, aber sie hatte sich eine Null-Bock-auf-Klamot ten-Attitüde angeeignet. Schon um sich zu beweisen, dass sie nicht einfach nur ein Abziehbild ihrer berühmten Mut ter war. Sondern anders.
    Mona war irgendwann klar geworden, dass sie auch in neuen Klamotten immer noch das gleiche Gesicht hatte, mit den gleichen graublauen Augen, den dichten Augen brauen, der leichten Stupsnase und den Grübchen in den Pausbacken, die sie schon als Säugling gehabt hatte. Andere Klamotten würden da auch nicht groß weiterhelfen. Das hatte sie irgendwann so beschlossen und dabei wollte sie nun bleiben. Ein bisschen Konsequenz im Leben konnte nicht schaden, fand sie.
    Ihre Mutter verstand das nicht. Wenn sie einmal einen ganzen Nachmittag Zeit für ihre Tochter hatte, was selten genug der Fall war, schlug sie automatisch einen Shopping-Bummel vor.
    »Wir zwei Hübschen«, sagte sie dann fröhlich, »gehen jetzt shoppen, bis die Kreditkarte glüht.«
    Mona wusste, dass andere Mädchen ihren Müttern für so einen Satz um den Hals gefallen wären, aber sie zuckte nur mit den Achseln und sagte: »Können wir nicht einfach zu Hause bleiben? Und uns einen gemütlichen Nachmittag machen?«
    Miriam Charlotte Preuss lächelte dann irgendwie schief, seufzte, nannte sie »Darling«, fand, dass Mona viel mehr aus sich machen könnte, wenn sie nur ein bisschen Spaß an Klamotten und Frisuren hätte.
    Und startete einen neuen Versuch. Setzte sich neben Mo-na aufs Sofa, strich ihr eine Haarsträhne aus der Stirn (Ich weiß, dachte Mona, du findest meine Frisur todlangweilig) und sagte schmeichelnd: »Komm. Du wünschst dir doch bestimmt irgendetwas. Jedes Mädchen in deinem Alter hat Wünsche.«
    Meistens entstand so eine Situation, wenn Charlotte von einem langen Außendreh zurückkam und ein schlechtes Gewissen hatte, weil ihre Tochter so lange allein gewesen war. Weil ihr die Zeit fehlte, sich um Mona zu kümmern. Aber neue Klamotten, fand Mona, machten das auch nicht wieder wett. Das sollte ihre Mutter irgendwann mal begrei fen.
    Sie waren vor vier Monaten nach München gezogen. Bis zu ihrem Umzug war Mona Mitglied bei den Pfadfindern ge wesen, sie war mit ihnen in Norwegen gewandert und hatte auf einer Nordseeinsel ihre erste Jurte aufgebaut. Sie spielte ziemlich gut Handball und ziemlich schlecht Klavier, sie hatte Schwimmtraining und bekam Latein-Nachhilfe. Sie hatte weder Angst vor Spinnen noch vor irgendeinem ande ren Gewürm oder Getier. Die Motten, die in ihrem Zimmer die Schreibtischlampe umschwirrten, schlug sie nicht tot, sondern lockte sie mit dem Strahl einer Taschenlampe ins Freie. Eine Spinne in der Badewanne spülte sie nicht ein fach durch den Ausguss fort, sie fing sie mit einem Stück Pa pier, über das sie dann einen Becher stülpte, behutsam ein und setzte sie auf der nächsten Grünfläche wieder aus. Es machte ihr nichts aus, abends aus dem Keller eine Flasche Apfelsaft zu holen, auch wenn sie wusste, dass das Decken licht einen Wackelkontakt hatte und dass im Gang eine Mäusefalle stand. Sie schlief bei offenem Fenster und ohne Licht.
    Nur in der Zeit nach dem Tod ihres Vaters hatte Mona immer ein kleines Lämpchen neben ihrem Bett brennen las sen, falls die Seele ihres Vaters sie besuchen wollte oder sein Schutzengel kam, um ihr zu sagen, dass sie sich nicht so vie le Sorgen machen sollte. Das Lämpchen sollte ihnen den Weg zeigen.
    Von Zigarettenrauch wurde Mona übel. Sie schnitt ihre Fingernägel immer sehr kurz, um nicht wieder in Versuchung zu kommen, daran herumzukauen. In der letzten Zeit zog sie sich, wenn sie nervös war, stattdessen eine Haarsträhne vor die Augen und prüfte, ob sie Spliss hatte. Wenn sie ein Haar entdeckte, dessen Enden sich teilten, zog sie es kurzerhand aus.
    Sie konnte, seit sie einmal die Sommerferien bei ihrer Tante Ische im Sauerland verbracht hatte (es war der Som mer, als sie bei ihrem Vater den Krebs entdeckten und die Eltern sie wegschickten, um selber erst einmal mit dem Ge danken
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